VON OLIVER GRISS

Prinzipiell ist es richtig, dass man bei einer weitreichenden Personalentscheidung nichts übers Knie brechen sollte. Dennoch steht der TSV 1860 in seiner Trainerfindung gehörig unter Druck. Mittlerweile sind seit der Beurlaubung von Michael Köllner neun Tage vergangen und noch immer konnte der Klub keinen Nachfolger präsentieren. Auch beim Auswärtsspiel in Meppen wird kein neuer Übungsleiter an der Seitenlinie stehen. Das spricht nicht gerade für große Professionalität und Weitsichtigkeit, zumal man ja schon seit vergangenem Herbst über mögliche Köllner-Nachfolger in Giesing spricht. Mal über Friedhelm Funkel, mal über Bernhard Trares oder Marco Kurz. Das war zumindest in Sponsorenkreisen ein offenes Geheimnis, so dass Köllner auch selbst immer wieder mit diesen Namen konfrontiert worden ist. Das zeigt auch ein klein wenig, wie die Löwen wirklich ticken…

Und das Procedere der Giesinger Trainerfindung könnte sich noch weiter in die Länge ziehen, denn nach db24-Informationen ist es nicht so, dass heute eine Aufsichtsratssitzung steigt und man an der Grünwalder Straße 114 unmittelbar vor einem Vertragsabschluss steht - und das liegt auch mal wieder am lieben Geld. Doch genau über dieses Handicap war sich Gorenzel bewusst, als er nach dem 1:2 gegen Dynamo Dresden den Daumen senkte und sich gemeinsam mit seinem Geschäftsführer-Kollegen Marc Pfeifer gegen eine Weiterbeschäftigung von Köllner entschieden hat. In der Presseerklärung der Trainer-Beurlaubung wies der Klub explizit auf die Wirtschaftlichkeit in der Trainersuche hin.

Um Zeit zu gewinnen, stellte der Österreicher mit dem 1,0-Trainerdiplom seine Arbeitskraft als Übungsleiter zur Verfügung. Das ist keine Ideallösung, auch nicht länger übergangsweise. Gorenzel gilt zwar als guter Analyst und Theoretiker, aber nicht unbedingt als großer Motivator. Doch genau das bräuchten die verunsicherten Löwen jetzt, um wieder auf Kurs gebracht zu werden. Auch die biedere Leistung beim 2:2 in Oldenburg war kein Beweis, dass die Blauen plötzlich von Vorgänger Köllner befreit wären. Verliert 1860 weiter Zeit, setzt der Klub seine weiter bestehende Aufstiegschance - zwei Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz - und sein Sechs-Millionen-Invest leichtfertig aufs Spiel.

Die Profis brauchen einen neuen Input von außen - die Löwen sollten jetzt nicht auf die bequemste Lösung setzen, sondern auch den Lebenslauf der Kandidaten gewissenhaft analysieren, wer wirklich Aufstieg kann und vor allem in einem schwierigen Giesinger Umfeld auch bestehen kann.