VON OLIVER GRISS UND FOTO (PRIVAT)

Noch heute ist Djordje Rakic (37) vielen Löwen-Fans ein Begriff: Der Serbe gehörte zu den besseren Stürmern des TSV 1860 in der Zweitklassigkeit. Unvergessen eine Fan-Aktion - mit dem Banner: “Rakic muss bleiben.” Vergangenheit. Vor einigen Wochen ist Rakic zu einem neuen Abenteuer aufgebrochen. Von seinem Heimatörtchen Schwabmünchen, 86 Kilometer von München entfernt, ins Urlauber-Paradies Dubai mit weit über drei Millionen Einwohner. Dubai? Rakic ist seit einigen Wochen Co-Trainer beim Al Nasr SC, dem Ex-Klub des früheren Bayern-Profis Thorsten Fink. Rakic ist Assistent von Goran Tomic (zuletzt HNK Rijeka). Das Ziel bis Sommer, solange läuft zunächst der Vertrag, ist der Klassenerhalt. Das db24-Kurzinterview mit Rakic:

db24: Herr Rakic, wie kam’s zum Wechsel nach Dubai?

DJORDJE RAKIC: Ich habe mit Goran Tomic schon bei Lokomotive Zagreb zusammen gearbeitet - erst als Spieler und später als Co-Trainer. Er hat mich vor einigen Wochen angerufen und gefragt, ob ich mir vorstellen könne, ihn als Co-Trainer nach Dubai zu begleiten. Da musste ich nicht zweimal überlegen: Das ist eine große Chance. Mich freut es sehr, dass er mir diese Möglichkeit gibt. Ich will mich im Trainergeschäft etablieren. Wir wissen beide: Dieser Job ist eine große Herausforderung. Wir müssen den Klub in der höchsten Liga halten.

db24: Wie bewerten Sie die teilweise scharfe Kritik an der WM in Katar, in dem Land, in dem Sie für Al-Gharafa SC selbst gespielt haben?

Die Menschen in Europa machen einen großen Fehler. Sie haben ein komplett falsches Bild von der arabischen Welt. Sie dürfen sich nicht von der vorgefertigten Meinung der Medien beeinflussen lassen, sondern sollten sich selbst ein Bild machen. Erst dann können sie über andere Nationen urteilen. Ich habe großen Respekt vor den Menschen hier, aber auch vor der Kultur. Die WM in Katar ist perfekt organisiert, äußerst friedlich - und wenn ich die Qualität der Spiele sehe, muss ich sagen: Das ist ganz großer Sport. Aus meiner Sicht hat Katar diese WM genutzt, um sich und der Welt zu beweisen: Wir können große Turniere ausrichten. Diese WM sollte auch andere kleinere Länder anspornen, sich für die WM-Ausrichtung zu bewerben. Warum soll die WM immer nur in den großen Fußball-Nationen stattfinden?

db24: Löwen-Trainer Michael Köllner hat Sie bei seinem Dubai-Urlaub auf dem Klub-Gelände von Al Nasr besucht. Wie sehen Sie ihn?

Zunächst fand ich es super, dass er sich dafür interessiert, wie Fußballvereine in Dubai arbeiten. Er war also nicht nur im Urlaub hier (lacht). Und zu ihm selbst: Es sagt eigentlich alles, dass Michael Köllner schon drei Jahre bei 1860 arbeitet. Bei den Löwen waren schon weitaus größere Namen, die nach kürzester Zeit gescheitert sind. Und Köllner ist nach Werner Lorant der Trainer, der am längsten in diesem Verein ist. Das spricht für sich. Er hat nicht nur tolle Qualitäten als Trainer, sondern auch als Mensch. Davon konnte ich mir selbst ein Bild machen. Es macht Spaß, sich mit ihm zu unterhalten.

db24: Aber jetzt muss der nächste Schritt folgen - die Rückkehr in die Zweite Liga.

Ich denke, das weiß Köllner selbst. Er macht einen zuversichtlichen Eindruck. Wenn ich in Deutschland bin, verfolge ich fast jedes Spiel von 1860 - mit meinem Schwiegervater, der Bayern-Fan ist. Ich hoffe wirklich von ganzem Herzen, dass dieser tolle Verein endlich wieder in die Zweite Liga zurückkehrt. Denn das ist das Mindeste, was dieser Klub verdient hat. Die Löwen-Fans sollten aber auch verinnerlichen, dass Profifußball ohne Geld nicht funktioniert und Investoren wie Hasan Ismaik zum Fußball dazu gehören. Manchmal denke ich mir: Schade, dass reiche sportbegeisterte Menschen nicht in Serbien investieren, um Vereinen wieder zu altem Ruhm im Europapokal verhelfen.