VON MARCO BLANCO UCLES UND ULI WAGNER (FOTO)

Stärke zeigen, die junge Mannschaft anführen - Attribute, die Trainer Michael Köllner (52) in diesem Löwen-Sommer mehr denn je vorlebt. Als ihm gestern beim Training auf dem Fünferplatz ein Ball mit voller Wucht ins Gesicht flog, verzog der Oberpfälzer keine Miene. Erst in der Trinkpause wenig später ließ sich der Coach von Physiotherapeut Nick Wurian behandeln.

Köllners Signal an die Mannschaft ist unmissverständlich: Nichts soll den Fokus auf den Ligastart stören - auch nicht die blutige Nase des Trainers. Lautstark begleitete Köllner die Spielformen seiner Mannschaft - und scheute auch nicht vor Kritik zurück: “Boyamba (Joseph Boyamba; d. Red.) steht falsch und keiner sieht es”, “Verlaat (Jesper Verlaat; d. Red.), Scheiß-Ball!”. Fehlende Konzentration treibt den Löwen-Dompteur zur Weißglut. Nach dem 0:6 gegen Gladbach ist klar: Köllner will für die letzte Phase der Vorbereitung auf den Kracher-Start bei Zweitliga-Absteiger Dynamo Dresden am 23. Juli (14 Uhr, db24-Liveticker) die Sinne seiner Schützlinge schärfen.

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Wer beim Training am Dienstag zugesehen hat, dem war schnell klar: Die Spieler haben verstanden, dass es ernst wird. Die Intensität der Einheit, die über zwei Stunden dauerte, war hoch. Marcel Bär und Co. gaben ordentlich Gas. Die Stammplätze für die Saison sind hart umkämpft, beinahe niemand kann sich sicher sein, dass er in Dresden von Beginn an auf dem Platz stehen darf. Anders als in den vergangenen Jahren, stellt sich die Mannschaft nicht beinahe von alleine auf - Stichwort Kaderbreite. Wer hat momentan in den einzelnen Mannschaftsteilen die Nase vorne? Die db24-Übersicht:

Tor: Marco Hiller wird zwischen den Pfosten stehen - insofern keine Verletzung dazwischenkommt. Der 25-Jährige gilt als einer der besten Keeper der Liga - Köllner fordert von ihm, dass er künftig noch mehr Verantwortung trägt. Dahinter sorgt Tom Kretzschmar (23) als starke Nummer zwei dafür, dass die Löwen definitiv kein Torwartproblem haben. Ob ihm Neuzugang Julius Schmid (21) künftig den Rang als Ersatzkeeper ablaufen kann, bleibt abzuwarten.

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Abwehr: Königstransfer Jesper Verlaat (26) hat noch leichte Anlaufschwierigkeiten, dürfte aber im Normalfall gesetzt sein. Bleibt Köllner bei seiner Wahl zur Viererkette, hat Semi Belkahia (23) momentan die besten Chancen, neben Verlaat aufzulaufen. Youngster Leandro Morgalla (17) sitzt dem Ex-Garchinger allerdings im Nacken, zeigte - bis auf das Gladbach-Spiel - die etwas bessere Vorbereitung im Vergleich zu Belkahia. Auch Niklas Lang (20) wusste im Abwehrzentrum durchaus zu gefallen, steht im Innenverteidiger-Ranking jedoch aktuell nur auf Rang vier. Der junge Michael Glück (19) wird es trotz einer passablen Vorbereitung schwer haben, in der Dritten Liga zum Einsatz zu kommen. Er wird in der U21 Spielpraxis sammeln dürfen. Die rechte Abwehrseite dürfte Köllner am meisten Sorgen bereiten. Sowohl Marius Willsch (31/Verletzung) als auch Christopher Lannert (24/schwere Covid-19-Erkrankung) haben noch Trainingsrückstand. Fraglich, ob sie bis zum Dresden-Spiel fit für einen Startelfeinsatz werden. Bei den Auftritten von Niklas Lang auf der rechten Seite wurde deutlich, dass die Stärken des Starnbergers eher im Zentrum liegen. Nathan Wicht (18) und Marius Wörl (18) dürften zum Ligastart keine Rolle spielen. Gut möglich, dass Yannick Deichmann (27) wieder eine Option wird, sollte Lannert es nicht mehr schaffen. Allrounder Deichmann überzeugte in der vergangenen Saison über weite Strecken auf der Rechtsverteidiger-Position. Hinten links hat Phillipp Steinhart (30) die Nase vorne im Zweikampf mit Fabian Greilinger (21). Gerade in den Duellen mit Dresden und Dortmund wird Köllner eher auf die Dienste des routinierten Steinhart setzen.

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Mittelfeld: Auf der Sechserposition hat Köllner derzeit die Qual der Wahl. Vor dem Start der Vorbereitung schien Rückkehrer Tim Rieder (28) fest eingeplant zu sein für den Platz vor der Abwehrkette. Allerdings befindet sich Quirin Moll (31) seit Wochen in Topform, drängt vehement in die erste Elf. Spannend zu beobachten, wie sich Köllner entscheiden wird. Jedoch dürfte es auch ein Fingerzeug sein, dass Köllner neben Stefan Lex und Marco Hiller Neuzugang Rieder zu den Media Days der Dritten Liga geschickt hat. Kehrt Daniel Wein (28) in wenigen Wochen in den Spielbetrieb zurück, wird der Konkurrenzkampf noch größer. Auf den Achterpositionen setzte Köllner in den letzten Testspielen auf Yannick Deichmann und Joseph Boyamba (25). Während Deichmann aus der Startelf - rechts hinten oder auf der Acht - nicht mehr wegzudenken ist, hat Boyamba in seinem Spiel noch viel Luft nach oben. Der Ex-Mannheimer könnte jedoch auch noch eine Option für die Außenbahn werden. Dort kristallisieren sich Erik Tallig (22) und Albion Vrenezi (28) als Favoriten auf einen Stammplatz heraus. Während sich Tallig in einem Formhoch befindet, muss Vrenezi sich steigern. Der Neuzugang zeigt sein Potenzial im Tempodribbling noch zu selten - er kann sich keineswegs sicher sein, in Dresden starten zu dürfen.

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Welche Rolle Stefan Lex (32) spielen wird, ist unklar. Zum einen, weil sich Köllner immer noch nicht festgelegt hat, wer die Löwen als Kapitän aufs Spielfeld führen wird. Zum anderen muss der Routinier um seinen Stammplatz kämpfen, die Konkurrenz im Mittelfeld ist größer geworden. Das liegt auch an Martin Kobylanski (28), der in der Vorbereitung deutlich an Gewicht verloren hat, spritziger als noch vor wenigen Wochen wirkt. Der Ex-Braunschweiger muss sich jedoch steigern, will er von Beginn an für seinen neuen Arbeitgeber auflaufen. Devin Sür (18) zeigte mehrfach, wie viel Potenzial in ihm steckt. Zu mehr als vereinzelten Joker-Einsätzen wird es jedoch (noch) nicht reichen. Für Alexander Freitag (23) gilt es, in der U21 Minuten auf dem Platz zu sammeln.

Angriff: Fynn Lakenmacher (22) oder Marcel Bär (30)? Das wird die Frage zu Beginn der Saison sein. Der junge Lakenmacher spielt eine starke Vorbereitung, wirkt bereits sehr gut integriert in das Spiel der Löwen. Bär verpasste wegen eines Infekts die ersten zwei Wochen des Trainings, steigert sich seitdem jedoch kontinuierlich. Gegen Gladbach zeigte er seine ganze Klasse. Ist er fit, wird kein Weg am Drittliga-Torschützenkönig der vergangenen Saison vorbeiführen. Hinter Lakenmacher und Bär lauert Neuzugang Meris Skenderovic (24) auf seine Chance. Der Ex-Schweinfurter muss um Einsatzminuten kämpfen - leicht wird es nicht. Lorenz Knöferl (19) wurde zuletzt immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen. Er wird sich über die U21 für die Profis empfehlen müssen.

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