VON OLIVER GRISS

Der Ex-Nationalspieler, der auch die Schattenseiten des Lebens gesehen hat, wird bei Fußball-Drittligist SpVgg Unterhaching Präsident: "Mein Vorbild ist Uli Hoeneß" 

Freilich, der schattige Biergarten vor der Geschäftsstelle der SpVgg Unterhaching ist ein wenig in die Jahre gekommen. Doch für Ex-Löwen-Kapitän Manfred Schwabl (46) ist er der ideale Rückzugspunkt: "In diesen Biergarten habe ich mich sofort verliebt", sagt er verschmitzt und ergänzt: "Für mich ist das hier ein Paradies." Dabei sind die glorreichen Zeiten bei den Münchner Vorstädtern, als dort noch Bundesliga-Fußball geboten wurde, längst vorbei: Inzwischen ist im Sportpark Drittliga-Tristesse angesagt, gepaart mit fehlenden Sponsorengeldern, ständigen Lizenzsorgen und chronischem Zuschauer-Mangel. Existenzkampf pur. Diese Leiden zu besiegen, das ist Schwalbs große Herausforderung. Aus diesem Grund kandidiert der Sportdirektor am Donnerstag bei der Mitgliederversammlung als neuer Präsident der SpVgg Unterhaching. Für Schwabl macht Langzeit-Boss Engelbert Kupka (73) nach 39 Jahren (!) Platz. Und den Segen seines Vorgängers hat Schwabl: "Ich habe immer gesagt, wenn sich ein passender Nachfolger findet, dann trete ich zurück."

Der Weg ist also frei für Schwabl - doch der stört sich (noch) ein wenig an seinem neuen Titel: "Präsident? Das hört sich irgendwie so alt und nach schwarzem Anzug und Krawatte an", sagt der ehemalige Nationalspieler: "Ich bin eher der lockere Typ - so wie Uli Hoeneß. Für mich ist Hoeneß sowieso ein Vorbild. Er verbindet das Sportliche, das Soziale und das Wirtschaftliche am besten - und das Wichtigste: Er kann Schafkopfen. Zwar nicht so gut wie ich, aber das ist auch gut so…"

Was Schwabl am Biotop Unterhaching reizt, ist inzwischen eine Rarität im deutschen Fußball: Er darf den Verein nach seinen Vorstellungen frei gestalten. Mit einem konsequenten Nachwuchskonzept und der Ausgliederung der Profimannschaft aus dem Gesamtverein, will Schwabl gemeinsam mit einem Kompetenzteam (u.a. Motivator Erich J. Lejeune) die Rot-Blauen zurück in die Erfolgsspur führen. "Ich werde jetzt nicht sagen, wir steigen in drei Jahren in die Zweite Liga auf", so Schwabl vor dem Testderby am Freitag gegen den TSV 1860 (19 Uhr, dieblaue24-Liveticker), "das wäre der falsche Weg. Mein Vorbild ist Greuther Fürth. Die haben erst den Nachwuchs gestärkt, Infrastruktur geschaffen und dann eine Mannschaft aufgebaut. Wir brauchen vor allem ein gutes Fundament."

Schwabl ist es durchaus zuzutrauen, dass er den klein wenig verstaubten Klub wieder nach oben führt, denn er hat in seinem Leben vor allem eines gelernt: Zu kämpfen. Erst als Profi (303 Bundesligaspiele/14 Tore) im zentralen Mittelfeld und dann nach der aktiven Zeit. Nachdem der ehemalige Mittelfeldspieler mit 31 Jahren seine Karriere beim TSV 1860 München im Zuge der Fetenaffäre beendet hatte, fiel Schwabl in ein Loch. Auslöser: Falsche Geldanlage. Im Jahr 2008 stand der viermalige Nationalspieler vor Gericht, der Vorwurf: Insolvenzverschleppung. Schwabl, der zwei Jahre auf Bewährung bekam, gibt heute zu: "Das war keine leichte Zeit. Wenn ich durch meinen Heimatort Holzkirchen spaziert bin, haben Leute wegen mir die Straßenseite gewechselt. Und das nur, damit sie mich nicht grüßen müssen." Umso schöner ist es jetzt für Schwabl, dass er mit 46 vor einem Neuanfang in seinem bewegten Leben steht: "Ich habe jetzt zehn Jahre Krisenmanagement hinter mir. Die vielen negativen Erfahrungen kommen mir und auch dem Verein jetzt zu gute."

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