VON OLIVER GRISS UND CATRIN MÜLLER (FOTO)

Das 1:5 in Magdeburg schmerzt. Der Auftritt der Löwen war desolat und besorgniserregend. Wir haben mit Trainer Daniel Bierofka über die Hinrichtung im Osten gesprochen - das db24-Klartext-Interview:

db24: Der TSV 1860 geht mit 1:5 in Magdeburg unter. Noch nie hat die Mannschaft in der Dritten Liga höher verloren. Daniel Bierofka, wie kam es dazu?

DANIEL BIEROFKA: Das Ergebnis ist schwer zu verkraften, vor allem die Art und Weise, wie wir aufgetreten sind. Ich habe mich nicht oft geschämt als Trainer von 1860 München, aber in Magdeburg habe ich mich für das Auftreten meiner Mannschaft geschämt. Das kann ich mir alles nicht erklären. Es gilt jetzt alles zu hinterfragen: Aufstellung usw. Ich bin sehr enttäuscht und muss mich auch selber hinterfragen - und dann werden wir sehen, wie wir am Freitag auflaufen…

In der Anfangsphase war dieses Waterloo nicht abzusehen: Ihre Mannschaft hat bis zum Eigentor von Aaron Berzel das Spiel ausgeglichen halten können…

Selbst wenn man mit 0:1 in Rückstand gerät, darf man sich nicht so aufgeben: Von der Körpersprache, von der Gegenwehr her. Es kann ein Eigentor mal passieren, aber dann muss ich mich kurz schütteln und weiterspielen. Wir haben uns danach innerlich aufgegeben. Man kann verlieren, ich kann auch Niederlagen verkraften. Aber wenn sich meine Mannschaft aufgibt, dann ist das schwer zu verdauen.

Hand aufs Herz: Fehlt die Drittliga-Reife?

Wir waren heute in keinem Bereich drittliga-tauglich. Weder läuferisch, zweikampftechnisch, spielerisch - noch vom Mut und der Körpersprache her. Alles was zum Drittliga-Fußball gehört, haben wir nicht auf den Platz gebracht.

Was für die Zukunft Angst macht, ist das Kollektivversagen.

Ich kann nur die Spieler ausnehmen, die reingekommen sind - und auch Benny Kindsvater, der bis zu seiner Auswechslung ordentlich gespielt hat. Und vielleicht noch Daniel Wein, der sich komplett verausgabt hat. Er musste viel laufen für andere, die es nicht getan haben. So geht es einfach nicht weiter.

Alle fünf Tore der Magdeburger sind mit einem Schema erzielt worden - über die linke Abwehrseite des TSV 1860…

Jetzt alles über die linke Abwehrseite festzumachen, ist mir zu einfach. Man kann auch im Zentrum im Luftduell mitmachen. Das ist nicht verboten.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer ist das erste Drittliga-Tor von Markus Ziereis. Im 49. Anlauf hat er sein erstes Tor in dieser Liga erzielt…

Mich freut es für den Markus. Er hat sich das einfach verdient. Er gibt immer Gas im Training oder in den Testspielen. Er versucht immer in den torgefährlichen Bereich zu kommen. Für ihn ist das eine Befreiung. Von ihm können sich ein paar andere Spieler eine Scheibe abschneiden.

Eine Woche bleibt noch Zeit, um nachzurüsten: Wie wichtig sind jetzt weitere Verstärkungen?

Ich habe keine Lust mehr, darüber zu reden. Ich habe desöfteren gesagt: Ich muss schauen, dass ich die Mannschaft trotzdem hinbekomme. Und wenn ich am Ende mit lauter Jungen spiele, ist es mir auch egal. Ich brauche jetzt 11 Spieler, die sich auf dem Platz zerreißen und laufen. Das Entscheidende ist Laufen und dann Fußball spielen.

Werden Sie Ihre Mannschaft jetzt anders anpacken?

Das Reden ist jetzt vorbei. Ich habe oft genug mit der Mannschaft geredet. Ich habe ihr oft genug gesagt, wie man in der Dritten Liga erfolgreich Fußball spielt - und vor allem was es heißt für 1860 München das Trikot tragen zu dürfen. Wir sind ein Arbeiterverein. Da heißt es erst einmal zu arbeiten und schauen, dass man seine Qualität auf den Platz bekommt. Man kann auch verlieren, aber nicht, wenn man die Tugenden, die zum Fußball gehören, nicht abruft. Jeder sollte sich schämen, der in Magdeburg das Trikot von 1860 getragen hat.