VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)

Normalerweise ist Günther Gorenzel (47) ein auskunftsfreudiger Mensch. Doch das hat sich mittlerweile geändert. “Ich stehe vorübergehend nicht als Gesprächspartner zur Verfügung”, sagte der Österreicher am Dienstagnachmittag kurz und knapp gegenüber den anwesenden Pressevertretern an der Grünwalder Straße: “Bitte wenden Sie sich an den Geschäftsführer.” Danach verschwand der Sportchef, der in dieser Woche sein neues Arbeitspapier unterschreiben soll, in den Kabinentrakt.

Auch Trainer Daniel Bierofka geht den Medien seit kurzem bewusst aus dem Weg. Der 39-Jährige wird der Presse nur noch in Pressekonferenzen zur Verfügung stehen - der Grund: Bierofka wittert offenbar eine Kampagne gegen sich. “So etwas habe ich in 30 Jahren Profi-Geschäft noch nie erlebt”, erklärte Gorenzel in der vergangenen Woche und erzählte, dass ein Reporter zuletzt bei den Spielerberatern und Eltern angerufen hat, ob sie mit der Arbeit von Bierofka schon noch zufrieden seien.

Dieselbe Zeitung hatte nach der 1:3-Niederlage gegen Jena geschrieben, dass Bierofka die eigenen Fans mit einer obzönen Geste beleidigt haben soll, um dann hinterher den DFB zu kontaktieren, ob der Löwen-Trainer für seinen Jubel nach dem zwischenzeitlichen 1:1 bestraft werden würde. “Für Daniel ist nicht nachvollziehbar, dass bei ihm alles in Frage gestellt wird. Alles was er macht, wird negativ bewertet”, erklärte Gorenzel vergangene Woche: “Daniel wird nur noch bei offiziellen Anlässen reden und sich voll auf seine Aufgabe konzentrieren. Diese Entscheidung ist aufgrund der Berichterstattung in den letzten Wochen gereift. Für niemanden ist es angenehm, wenn er in der Öffentlichkeit in Frage gestellt wird.” Auch die aktive Fanszene wollte Bierofka zuletzt im Kurvenmagazin “Da Brunnenmiller” maßregeln, wie er sich in der Öffentlichkeit zu verkaufen habe.

Wohlgemerkt: 1860 steht trotz Bierofkas Doppelbelastung als Aufsteiger auf Platz 9, gewann vor dem Jahreswechsel mit 2:1 gegen Zweitliga-Absteiger Kaiserslautern. Aufstiegsheld Bierofka ist das Gesicht der Löwen - aber ob der Status des Trainers allen im Verein gefällt?

Zuletzt äußerte sich Präsident Robert Reisinger im “Wochenanzeiger” ziemlich merkwürdig über den Trainer, als er seine Annahme von Genussscheinen von Hasan Ismaik verteidigte: “Bierofka galt in den Medien beinahe als Heiliger und hat offen mit seinem Abschied kokettiert, wenn die Mittel nicht angenommen worden wären.” Aussagen, die aber zu widerlegen sind: Bierofka hat NIE mit dem Abschied gedroht. Das Verhältnis zwischen Bierofka und Reisinger dürfte durch dieses Interview in der Hauspostille des Präsidenten nicht besser geworden sein.

Zudem warf der Ober-Löwe der sportlichen Kommandobrücke um Bierofka und Gorenzel Naivität im Umgang mit dem Investor vor: “Ich glaube nicht, dass die beiden in jedem Moment verstanden haben, was da gerade passiert. Sie wollten das Beste für sich und den Klub und dachten, sie könnten den Tiger reiten. Aber auch sie haben ihre Lektion gelernt.”

Es rumort wieder einmal beim TSV 1860. Und diejenigen, die nahe am Verein dran sind, fühlen sich an die Wochen erinnert, als im Mai 2017 merkwürdige Dinge an der Grünwalder Straße passierten…