VON OLIVER GRISS

Wenn man sich am 1860-Trainingsgelände an der Grünwalder Straße ein wenig umschaut, schleicht sich schnell das Gefühl ein, dass die Zeit stehengeblieben ist: Auf dem Pressecontainer klebt ein vergilbtes DSF-Schild, dabei heißt der Sender längst Sport 1. Und auch die Christl, die Wirtin, ist mit ihrem Löwen-Stüberl und ihren mittlerweile 70 Lenzen in die Jahre gekommen: Estermanns flotte Sprüche werden in letzter Zeit weniger und der Seelenzustand problematischer - und das liegt einzig und allein daran, dass sie den Verein noch aus einer Zeit kennt, als er noch richtig attraktiv und stark war:  Zehn Jahre Bundesliga am Stück, Derby-Siege gegen den FC Bayern, Typen wie Wildmoser & Lorant, Champions League-Qualifikation gegen Leeds United und unzählige Stars zum Anfassen: Thomas Häßler, Pele, Peter Nowak, Manni Schwabl, Martin Max, Gerald Vanenburg, Davor Suker oder auch Paul Agostino, der Fußball-Gott. Sechzig war eine Nummer in der Bundesliga - bis zum 22. Mai 2004, dem Tag des Abstiegs am Gladbacher Bökelberg. 1860 verlor 1:3, verabschiedete sich aus der Beletage des deutschen Fußballs.

Seitdem ist ein Jahrzehnt vergangen (kann das sein?) - und der Verein weiß immer noch nicht, wie ihm geschehen ist: Inzwischen darf man sich als Dino der Zweiten Liga feiern lassen, und das ist wahrlich kein Kompliment für Münchens große Liebe. Jetzt allerdings ist ein Zeitpunkt erreicht, in der die Löwen-Familie mit Kampfeswille gegen das Burn Out ankämpfen muss. Heute beim Saison-Start in St. Pauli kann ein echter Neuanfang geschaffen werden. Löwen, raus aus der Depression mit Euch!

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