VON OLIVER GRISS

Es war kurz vor dem Ende des 1860-Trainingslagers in Windischgarsten, als sich eine interessante Szene auf der kleinen engen Tribüne des österreichischen Amateurklubs abspielte. Über dem Fußballplatz kreiste beim Löwen-Test gegen die Juniors aus Linz ein Flieger mit einem Banner “Danke, Hasan! You’ll never walk alone”. Einer auf der Tribüne, der kurz zuvor noch Gesprächspartner von einem 1860-Funktionär war, sah sich davon offenbar provoziert und antwortete lauthals mit dem sogenannten Scheichlied. Dem besagten 1860-Funktionär war diese niveaulose Aktion sichtlich peinlich. Er runzelte die Stirn und wandte sich ab. Plötzlich stand der Schreihals, der in den 90er Jahren auch zur kleinen Oppositionsgruppe gegen Kult-Präsident Karl-Heinz Wildmoser gehörte, ganz alleine da…

Es ist mit Freude zu beobachten, dass es bei 1860 endlich Klick gemacht hat. Die groteske Nadelstich-Politik und die Reaktionen aus Abu Dhabi, die dem Verein in den letzten drei Jahren schwer zu schaffen machten, sind Geschichte. Der Sport soll wieder ganz gezielt in den Mittelpunkt rücken. Vize Hans Sitzberger sagte in Windischgarsten in einem vertrauten Gespräch zu Michael Köllner: “Es geht nur gemeinsam.” Keine Floskel nach drei Jahren Stillstand und einem irrsinnigen, sinnlosen (und gegenseitigen) Abnutzungskampf.

Sollen wir auch in der kommenden Saison das Drittliga-Tippspiel wieder auflegen?

Umfrage endete am 21.09.2020 18:00 Uhr
Ja!
49% (1524)
Mir egal!
38% (1186)
Nein!
13% (411)

Teilnehmer: 3121

Was war der Auslöser für den plötzlichen Sinneswandel? Höchstwahrscheinlich die Corona-Krise, die beide Gesellschafter-Seiten die Augen öffnete - so nach dem Motto: Jetzt, oder nie mehr! Das ständige Gegeneinander brachte keiner Seite etwas, sondern schadete nur einem: Dem TSV 1860. Die erste gemeinsame Entscheidung war die Geschäftsführer-Wahl Marc-Nicolai Pfeifer.

Auch wenn noch alles ganz frisch ist: Seit Wochen ist eine erfreuliche Entwicklung an der Grünwalder Straße 114 zu beobachten. Zuletzt hat Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik 1860-Vize Heinz Schmidt via Facebook sogar zum 60. Geburtstag gratuliert. Vor einigen Wochen noch ein unvorstellbarer Vorgang. Der neue gemeinschaftliche Kurs macht’s möglich. Man muss sich nicht lieben, aber der Respekt und der Anstand sollte immer an erster Stelle stehen. Diesen Weg scheinen jetzt beide Seiten endlich zu beherzigen.

Die Löwen reiten auf einer neuen Harmonie-Welle, die sich auch immer mehr in den Köpfen der Fans festsetzt. Das Gezanke in den Kommentarspalten, egal ob in diversen Facebook-Gruppen oder auf db24, wird glücklicherweise weniger. Der Löschzug muss kaum noch aktiviert werden, weil immer mehr Fans schön und vor allem mit Anstand schreiben. Das ist Balsam für die geschundene Löwen-Seele - was sogar so weit geht, dass über Jahre abgetauchte User plötzlich wieder ihre Gedanken schriftlich hinterlassen. Zum Beispiel der “Abedi60”. Er (2551 db24-Kommentare) erklärte am Montag anlässlich seines Comebacks: “Seit 2016 habe ich pausiert und habe auch keinen Gastnamen oder sonst geschrieben. Mir ging das sich gegenseitige Watschn geben hier auf die Nerven, nichts gegen Sticheleien, andere Sichtweisen, aber wenn es zu plump wird…”

Jetzt ist “Abedi60” zurück. Es liegt jetzt an allen, dass Löwen wie dieser treue db24-User nicht wieder enttäuscht im Nirwana abtauchen.