VON ALEX AUGUSTIN

Uli Hoeneß ist ein toller Mensch. Er ist der barmherzige Samariter, wenn klamme Vereine in finanzielle Schieflage geraten. Er war der Ziehvater für viele junge Spieler und der Hauptgrund für einige Weltkarrieren. Mit seiner Art, immer frei von der Leber zu reden, eckt er zwar oft an, aber das ist ja egal – einer muss die Wahrheit ja mal aussprechen. So viel zum Selbstbild des Würstl-Uli.

Die objektive Realität sieht freilich anders aus: Hoeneß ist ein verurteilter Steuerhinterzieher, der zwar seine Strafe (über Angemessenheit des Urteils lässt sich trefflich streiten) abgesessen hat, aber nicht daran denkt, angesichts seiner jüngeren Lebensgeschichte mit Sticheleien gegen andere zu sparen. Spätestens seit der Re-Inthronisierung als Bayern-Präsident fühlt sich Hoeneß wieder als oberste moralische Instanz, die gegen alles und jeden austeilt – die Wahrheit darf man ja sagen, denkt sich der weise Uli.

Ein Mann, der glaubt, die Wahrheit für sich gepachtet zu haben, merkt aber eben auch nicht, wenn er – auf gut bairisch – Schmarrn redet. So geschehen vergangene Woche, als er Sechzig empfahl, sich wegen des geplanten Stadionbaus an Donald Trump zu wenden. Humor-Experten sind noch heute auf der Suche nach der Pointe in dieser Aussage. Was dem allmächtigen Uli an Witz fehlt, macht er mit Überheblichkeit wieder wett. Das zeigt auch dieser Ausspruch. Dass Bayern seit Jahren konstant erfolgreich ist und Hoeneß daran einen Anteil hat, lässt sich auch als Blauer nicht leugnen. Wahre Größe haben Sieger aber nur, wenn sie demütig mit ihrem Erfolg umgehen – und das tun die Bayern, allen voran Hoeneß mitnichten.

Im Gegenteil: Es ist an Arroganz nicht zu überbieten, bei jeder sich bietenden Gelegenheit andere, in diesem Fall am Boden Liegende, zu diffamieren. Dass viele Münchner Medien Hoeneß bereitwillig die Plattform bieten für seine teils kruden Ergüsse, ist auch ein Grund dafür, wieso Sechzig die örtliche Journaille mittlerweile mit Argwohn betrachtet.

Übrigens: An der Säbener Straße braucht es keinen Medienboykott, um vom Verein als Journalist schlecht behandelt zu werden. So würde 1860 nie mit einem Reporter umgehen, der sich nichts zu schulden kommen hat lassen: Als ich bei einem Praktikum bei einer Münchner Sportredaktion eine Bayern-Pressekonferenz besuchte, wollte ich mich bei Wind und Wetter am Eingang zur Geschäftsstelle unterstellen (die Bayern-Stars ließen die Medienvertreter bei starkem Wind und Nieselregen eine Stunde warten). Nach wenigen Minuten kam ein Ordner und schickte mich weg – betreten des Trainingsgeländes verboten. Bei den Bayern ist “Hausverbot” für Journalisten der Normalzustand - oder gibt´s bei den Roten nur handverlesene Reporter, die das Negative ganz zufällig übersehen, um dem großen FC Bayern huldigen? Schon klar: Hauptsache auf Sechzig draufhauen! Ist ja irgendwie cool!

Alex Augustin ist Gast-Kommentator bei dieblaue24. Der 22-Jährige volontiert zurzeit bei der Passauer Neuen Presse. Der Niederbayer aus Viechtach ist Löwe seit frühester Kindheit, hat die Leidenschaft von seinem Vater geerbt.