VON ALEX AUGUSTIN

Heute Abend heißt es im ungeliebten Stadion in Fröttmaning: Letzter gegen Erster. Freilich, die Punktetabelle sagt da etwas anderes. Offiziell spielen die Löwen als Rang-14. gegen den Zwölften Kaiserslautern – fast unmittelbare Tabellennachbarn also. In einer Statistik, die gerade in der kampfbetonten Zweiten Liga gar nicht so unerheblich ist, klafft allerdings die größtmögliche Lücke zwischen den beiden Mannschaften. Während Kaiserslautern laut Zahlen die lauffreudigste Mannschaft im Unterhaus ist, sind die Löwen offiziell die Faultiere der Liga. Sie laufen im Schnitt 6,4 Kilometer weniger als ihr heutiger Gegner. Eine verheerende Zahl angesichts der Tatsache, dass in der Zweiten Liga Einsatz und Laufbereitschaft mehr zählen als alles andere.

Weiterer, etwas verstörender Fakt: Den Lauf-Schnitt der Löwen hebt mit Ivica Olic ausgerechnet der mit Abstand älteste im Rudel (vereinsinterner Rang zwei hinter Daylon Claasen mit 11,1 Kilometer pro Spiel). Die sportliche Misere nur auf den Umstand der Lauffaulheit zu schieben, wäre zu kurz gegriffen. Schließlich stehen die Lauterer Marathonläufer auch nur zwei Plätze und vier Punkte vor Sechzig. Die richtigen Laufwege sind eben entscheidend. Wer diese aber erst gar nicht sucht, wird sie auch nicht finden. In einer Liga, in der die fußballerische Klasse über weite Teile eher limitiert ist, spielen Einsatz und Kampfbereitschaft – und dazu gehört auch der Wille sich die Lunge aus dem Leib zu Laufen – eine übergeordnete Rolle.

Mannschaften wie Heidenheim, Dresden oder Würzburg stehen nicht deutlich weiter oben in der Tabelle, weil sie besser Fußball spielen als Sechzig. Sie legen den unbedingten Willen an den Tag, ein Spiel gewinnen zu wollen. Diese Einstellung sollte im Sport generell eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Bei Sechzig ist sie mit Sicherheit auch vorhanden, nur hat man sie in letzter Zeit viel zu selten gesehen. Nach Führungen – aktuellstes Beispiel: das Spiel in Sandhausen – scheinen manche Spieler aus schierer Angst vor dem Gewinnen Blei in den Füßen zu haben. Das muss sich schleunigst ändern, will der TSV nicht erneut eine Zitter-Saison erleben. Ein Anlass gibt einen ernsthaften Grund zur Hoffnung gibt es heute Abend: Ur-Sechzger Stefan Aigner kehrt aufs Feld zurück. Vielleicht kann er mit seiner Leidenschaft und einem knackigen „Reißt’s eich zam!“ den lauffaulen Löwen Beine machen. Es wäre dringend nötig, sonst müsste möglicherweise Präsident Peter Cassalette seine Champions League-Reise nach Lissabon absagen und doch bei der von ihm selbst angekündigten Krisensitzung dabei sein.

Alex Augustin ist Gast-Kommentator bei dieblaue24. Der 22-Jährige volontiert zurzeit bei der Passauer Neuen Presse. Der Niederbayer aus Viechtach ist Löwe seit frühester Kindheit, hat die Leidenschaft von seinem Vater geerbt.