VON MICHAEL SAILER

Am Montagmittag gab es Weißwürste in der 1860-Kabine. Ex-Spieler Andreas Neumeyer (Hungriges Herz) lieferte die Köstlichkeiten frisch aus seinem Lokal, dem Münchner In-Treff “Hungriges Herz”. Ob die Löwen um Kapitän Christopher Schindler diese Momente zum Anlass genommen haben, um Tacheles im Mannschaftkreis zu reden? Es wäre erforderlich, schließlich torkelt der TSV 1860 nach dem 0:3 bei Union Berlin Richtung Dritte Liga. Die blaue Notenparade aus Berlin in der Zusammenfassung:

Stefan Ortega (Note 3): Beim ersten und dritten Gegentreffer komplett machtlos, hätte bei Woods Treffer zum 0:2 die kurze Ecke besser schließen können. Dafür parierte er in der Anfangsphase famos gegen Wood und entschärfte in der zweiten Halbzeit einen gefährlichen Schuss von Brandy, womit er seine Mannschaft im Spiel hielt. Insgesamt aber eine ordentliche Leistung der neuen Nummer 1, an ihm ist die desaströse Niederlage definitiv nicht festzumachen.
Gary Kagelmacher (Note 4): Stand defensiv relativ sicher und harmonierte vor allem in der ersten Hälfte gut mit Vordermann Aycicek. War in der vogelwilden Abwehr der Löwen noch der Beste, der Deutsch-Uruguayer leistete sich aber auch vereinzelte Wackler. Immerhin: Sein Zusammenspiel mit Aycicek auf der rechten Seite klappt wesentlich besser als das zwischen Adlung und Wittek auf links.

Jan Mauersberger (Note 5): Ausgerechnet der in der Vorbereitung so starke Neuzugang aus Karlsruhe ist dieses Mal der Hauptverantwortliche für den Offenbarungseid in der Löwen-Defensive: Ließ sich von Berlins Felix Kroos viel zu einfach mit einem Tunnel düpieren, was zum 0:1 führte. In Halbzeit zwei führte sein Querschläger im eigenen Strafraum fast zum zweiten Gegentreffer, in der 88. Minute sah er wie alle Löwen nur zu, wie Kreilach mühelos per Hacke zum 0:3 traf.

Christopher Schindler (Note 5): Beim 0:1 nach dem Sonntagsspaziergang von Felix Kroos trifft ihn keine unmittelbare Schuld, nichtsdestotrotz stand er zu weit weg und ließ die Mitte nach Mauersbergers Herausrücken komplett offen. Diverse Sololäufe von Unions Offensivabteilung konnte er nicht unterbinden, bei Woods Sololauf zum 0:2 kam er nicht ansatzweise hinterher. Beim letzten Gegentreffer zu passiv. Schade, dass der Kapitän nicht an seine solide Leistung gegen Nürnberg anknüpfen konnte.

Maxi Wittek (Note 6): Einmal mehr eine indisponierte Leistung des U20-Nationalspielers: kaum Impulse nach vorne, er ließ seine Gegenspieler auf der linken Abwehrseite reihenweise durchmarschieren. Immerhin gelang ihm in der 55. Minute ein guter Vorstoß, als Liendl seine Flanke nicht verwerten konnte. Bekam in der 70. Minute seine fünfte gelbe Karte und ist somit im nächsten Heimspiel gegen den VfL Bochum gesperrt. Eine Pause, die er zum Nachdenken nutzen sollte.

Kai Bülow (Note 4): Wie im Derby gegen Nürnberg eine unauffällige Leistung des 29-Jährigen. Ein paar gute Pässe nach vorne wurden durch Unaufmerksamkeiten im Aufbauspiel wieder relativiert. Wurde in der 76. Minute ausgewechselt, er wurde von Dominik Stahl ersetzt.

Michael Liendl (Note 4): Licht und Schatten beim Österreicher: zwei starke Distanzschüsse und ein Pass in die Schnittstelle auf Aycicek, andererseits vertändelte er aber eine gute Konterchance mit einem missglückten Zuspiel und seine Standards brachten zum wiederholten Male nichts ein. Sein präziser Seitenwechsel auf Aycicek führte wiederum fast zum Ausgleich durch Okotie, der Ex-Düsseldorfer muss mehr Aktionen wie diese zeigen.

Levent Aycicek (Note 3): Die Leihgabe aus Bremen war, wie auch schon gegen Nürnberg, der beste Feldspieler bei Sechzig. War das ganze Spiele über ein Unruheherd, bot sich viel an, zeigte dynamische Antritte und hatte Pech, als sein Schuss nach einer unglücklichen Abwehraktion von Union-Torwart Busk nur am Pfosten landete. Sah in der 76. Minute nach einem taktischen Foul die gelbe Karte, drei Minuten später hätte sein Zuckerpass auf Okotie zum Ausgleich führen müssen. Ein Hoffnungsträger für die verbleibenden 13 Spiele.

Daniel Adlung (Note 5): Der Vize-Kapitän baute im Vergleich zum Nürnberg-Spiel deutlich ab. Hatte zu Beginn des Spiels nach einem Missverständnis in der Union-Abwehr eine gute Möglichkeit, sein Schuss aufs kurze Eck landete allerdings nur am Außennetz. Prüfte in der 30. Minute Berlins Torwart Busk mit einem fulminanten Fernschuss, danach tauchte er ab und wurde in der 60. Minute zu Recht gegen Maxi Beister ausgewechselt.

Stefan Mugosa (Note 5): War in der ersten Halbzeit überhaupt nicht zu sehen, der Trainingsweltmeister schafft es einfach nicht, sein Können auf dem Platz zu zeigen. Als sich ihm in der 52. Minute nach einem Patzer von Union-Verteidiger Leistner eine aussichtsreiche Chance bot, vergeigte er seinen versuchten Heber komplett. Dass Benno Möhlmann in der 60. Minute Sascha Mölders auswechselte anstatt des Montenegriners, war durchaus überraschend. Auch in der Schlussphase kam nichts von ihm.

Sascha Mölders (Note 5): Die Leihgabe aus Augsburg wurde geholt, um den Löwen mehr Bissigkeit und Präsenz im Strafraum zu verleihen. Gegen die Eisernen trat er nur dreimal in Erscheinung: mit einem missglückten Schuss in Rücklage aus 20 Metern, einem ansehnlichen Hackentrick und einem Abseitstor. Auch wenn er umtriebiger war als sein Sturmpartner Mugosa – das war zu wenig vom 30-Jährigen. In der 60. Minute musste er angeschlagen vom Feld, für ihn kam Rubin Okotie in die Partie.

Rubin Okotie (Note 5): Nach seiner Einwechslung brauchte er eine Weile, um ins Spiel zu kommen. Dann kam die 79. Minute: Aycicek schickt Okotie in den Strafraum, der unbedrängt an Unions Torwart Busk scheitert. Das hätte der Ausgleich sein müssen. Dem österreichischen Nationalspieler scheint der Torriecher gänzlich verloren gegangen zu sein. Ob ihn seine Zukunftspläne mehr beschäftigen als 1860?

Maxi Beister (Note 5): Kam in der 60. Minute für Daniel Adlung, konnte dem Offensivspiel von 1860 aber keinen frischen Wind verleihen. Ein geblockter Fernschuss, ein missglückter Seitenwechsel, das war’s von der Leihgabe aus Mainz. So kann der 25-Jährige  Benno Möhlmann nicht davon überzeugen, ihm eine Chance in der Startelf zu geben.

Domi Stahl (keine Bewertung): Ersetzte in der 76. Minute Kai Bülow, kurz darauf fielen der zweite und der dritte Gegentreffer, an denen den 27-Jährigen allerdings keine Schuld traf.

Benno Möhlmann (Note 5): Seine Entscheidung, Stefan Mugosa anstatt Rubin Okotie im Sturmzentrum aufzubieten, ging nach hinten los: Mugosa war das komplette Spiel über unsichtbar. Die Personalpolitik des Löwen-Trainers war zum wiederholten Male erfolglos. Möhlmann ist jetzt gefragt, die richtigen Schlüsse aus diesem Rückschlag zu ziehen - vielleicht muss er seine bislang zurückhaltende Art aufgeben, um 1860 noch zu retten.

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