VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Der TSV 1860 tritt weiter auf der Stelle: Wenige Tage vor dem Trainingsstart hat der abstiegsbedrohte Drittligist aus München-Giesing weder einen Sportlichen Leiter noch einen Übungsleiter unter Vertrag. Am Donnerstagabend veröffentlichte Präsident Robert Reisinger folgende Stellungnahme mit Fragen und Antworten zur sportlichen Leitung Profifußball. Der 59-Jährige schrieb: “Verehrte Mitglieder, liebe Löwinnen und Löwen, die Vereinsvertreter erreichen derzeit über verschiedene Kanäle immer wieder ähnlich lautende Fragen von Mitgliedern und Fans zur sportlichen Leitung in der Profifußball-Tochter. Wir wollen die Vereinsmitglieder an unseren Gedanken als Gesellschaftervertreter des TSV München von 1860 e.V. im Hinblick auf die Personalie des Sport-Geschäftsführers in der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA teilhaben lassen und beantworten sieben am häufigsten gestellte Fragen deshalb öffentlich.” Der Reisinger-Katalog:

Warum hat die TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA fast ein halbes Jahr nach dem Vertragsende des Vorgängers noch immer keinen Nachfolger als sportlichen Leiter im Amt?

Die Kaderplanung für die Saison 2023/2024 sowie die damit in Zusammenhang stehenden Personal- und Transferfragen übernahmen im Sommer der mittlerweile bereits wieder frei gestellte Trainer zusammen mit dem amtierenden Geschäftsführer und zwei Repräsentanten von HAM International. Ein sportfachliches Korrektiv erschien ihnen unnötig. Die eigenen Planungen waren den Handelnden bereits zu weit gediehen. Erst zu einem späteren Zeitpunkt sollte ein Sachverständiger in der Rangordnung unterhalb des Geschäftsführers eingestellt werden. Als Vereinsvertreter haben wir diese Konstellation kritisch gesehen und deshalb auf einem mit Entscheidungskompetenz ausgestatteten Sport-Geschäftsführer beharrt.

Was halten Sie von der Stellungnahme von Präsident Robert Reisinger?

Umfrage endete am 11.01.2024 23:00 Uhr
Gar nix! Er will sich nur frei von Schuld sprechen!
78% (5169)
Das ist ein sehr gutes Signal des Ober-Löwen!
16% (1065)
Es sind viele Widersprüche enthalten!
5% (361)

Teilnehmer: 6595

Stimmt es, dass die Vereinsvertreter im Aufsichtsrat der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA im Sommer gegen eine Etaterhöhung gestimmt haben?

Repräsentanten der HAM International haben diese Information gegenüber Medien öffentlich gemacht. Wir können deshalb dazu Stellung nehmen. Es ist zutreffend, die Vereinsvertreter haben im Sommer in zwei Fällen im Aufsichtsrat gegen eine Freigabe weiterer Mittel oberhalb des Basisetats gestimmt. Wir wollten vermeiden, dass der finanzielle Rahmen bis zur Neige ausgeschöpft wird, weil wir überzeugt davon waren, der Klub würde im Winter Handlungsbedarf haben, im Aufsichtsrat der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA verfügen die Vertreter unseres Mitgesellschafters über die Stimmenmehrheit und konnten die gewünschte Erhöhung durchsetzen.”

Welche Kriterien sind für den Gesellschafter TSV München von 1860 e.V. bei der Auswahl der sportlichen Leitung entscheidend?

Als Vereinsvertreter betrachten wir die Position der sportlichen Leitung als wichtige strategische Komponente der Unternehmensentwicklung. Um die sportlichen Ziele des TSV 1860 im Profifußball zu realisieren, erwarten wir eine konzeptionell durchdachte und perspektivisch angelegte Personalpolitik, die unsere erfolgreiche Nachwuchsarbeit als festen Bestandteil davon versteht. Bewerber benötigen dafür sport- und organisationsspezifische Kenntnisse und Fähigkeiten, die deutlich über die fachliche Bewertung von Spielerbeinen hinausreichen. Im Regelfall wird dieses Wissen im Rahmen eines Studiums erworben, dem eine entsprechende Berufspraxis folgt. In der Vergangenheit reichte der Blick beim TSV 1860 München kaum über eine Saison hinaus. Zwischen 2011 (dem Jahr des Einstiegs unseres Mitgesellschafters) und dem sportlichen und wirtschaftlichen Absturz 2017 war kein einziger Trainer auch nur ein Jahr lang im Amt. Geschäftsführer und Sportdirektoren wechselten dazu wie die Jahreszeiten. Diese Hire-and-Fire-Politik wurde mit der Amtsübernahme des Präsidiums Reisinger/Schmidt/Sitzberger beendet. Daniel Bierofka war danach fast zweieinhalb Jahre und Michael Köllner über drei Jahre an der Grünwalder Straße tätig. Beide gehören damit bereits zu den Langzeittrainern. Günther Gorenzel war als sportlicher Leiter fünfeinhalb Jahre hier. Bei Marc-Nicolai Pfeifer sind es Ende der aktuellen Spielzeit vier Jahre.

Die organisatorischen und fachlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Ausbildung junger Talente sind im Nachwuchsleistungszentrum des TSV 1860 München gegeben. Von der Geschäftsführung im Profifußball erwarten wir, die Vertragsverhältnisse mit unseren Talenten so zu gestalten, dass der Klub sportlich und wirtschaftlich von seiner Ausbildungsqualitiät profitiert. Diese Aufgabe ist in unseren Augen wettbewerbsentscheidend. Sie erfordert Kreativität, strategisches Geschick und einen scharfen Blick für Entwicklungspotential. Wir fordern von der sportlichen Leitung der Profifußball-Tochter eine kooperative Zusammenarbeit und Kommunikation auf Augenhöhe mit den leitenden Mitarbeitern des NLZ.

Es bedarf für die Position des Sport-Chefs eines funktionierenden Netzwerks im Profifußball - mindestens im deutschsprachigen Raum. Zudem sehr gute Kenntnisse der Dritten Liga und der Regionalligen. Nach außen repräsentiert die sportliche Leitung den TSV 1860 München gegenüber Sponsoren, Partnern, Verbänden, Spielern und ihren Beratern, aber auch gegenüber Medien und Fans. Erfahrung in verbands- und transferrechtlichen Fragen, ein eloquentes Auftreten und sichere Korrespondenz sind dafür erforderlich.

Wir erwarten als Vereinsvertreter von einer Führungspersönlichkeit ein sehr gutes Selbstmanagement, die Organisation der Geschäftsstelle und das Ablehnen oder Befürworten von Dingen aus der Natur ihrer Sache heraus, unabhängig davon, ob X oder Y sie vorgeschlagen haben.

Wesentlich erscheint es uns auch, Problemstellungen und Beziehungen gegenwarts- und zukunftsbezogen zu behandeln - die Vergangenheit hilft uns dabei nicht weiter. Eine Verschiebung operativer Verantwortung in Aufsicht führende Organe sehen wir nicht als zielführend an.

Ein Geschäftsführer muss die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle hinter sich versammeln. Die Aufgabe der Personalführung erfordert es, gemeinsam realistische Perspektiven zu erarbeiten und Werte nicht nur vorzugeben, sondern sie auch vorzuleben. Die Werte sind durch Verhaltens-/Spielregeln zu präzisieren und zu veranschaulichen. Speziell im Fußball spielen dabei auch Emotionen und Leidenschaft eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Wer ist das Löwen-Gesicht 2023?

Umfrage endete am 05.01.2024 14:20 Uhr
Marc Pfeifer
26% (1399)
Leandro Morgalla
10% (536)
Jesper Verlaat
9% (512)
David Richter
7% (408)
Robert Reisinger
7% (387)
Maurizio Jacobacci
6% (352)
Hans Sitzberger
5% (300)
Stefan Lex
5% (288)
Michael Köllner
5% (270)
Hasan Ismaik
4% (244)
Marco Hiller
3% (151)
Anthony Power
2% (128)
Morris Schröter
2% (103)
Frank Schmöller
2% (99)
Yannick Deichmann
2% (85)
Günther Gorenzel
1% (36)
Thomas Bohlender
1% (31)
Saki Stimoniaris
1% (28)
Felix Hirschnagl
0% (24)
Nicolai Walch
0% (20)
Jonas Schittenhelm
0% (18)
Manfred Paula
0% (17)
Sebastian Schäch
0% (16)
Heinz Schmidt
0% (13)

Teilnehmer: 5465

Warum bestehen die Vereinsvertreter auf einer Berufung zum Geschäftsführer und lassen einen Kandidaten nicht erst probeweise als angestellten Sportdirektor arbeiten, ehe er - bei entsprechender Bewährung - befördert wird?

Wir sind aufgrund vielfältiger Erfahrungen der vergangenen Jahre und der speziellen Gesellschafterkonstellation in der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA zur festen Überzeugung gelangt, dass nur ein sportlicher Leiter im Rang eines Geschäftsführers über die erforderliche Handlungsautonomie verfügt.

Haben die Vereinsvertreter einen bestimmten Kandidaten für den Posten als Sportdirektor mehrfach abgelehnt und wollen nun den gleichen Bewerber eine Stufe höher als Sport-Geschäftsführer einsetzen?

Wir haben als Vereinsvertreter zunächst einen erfahrenen Kandidaten mit 1860-Vergangenheit und beruflicher Expertise aus der Bundesliga als verantwortlichen Manager priorisiert. Unter seiner Anleitung hätte eine Management-Nachwuchskraft, die nach ihrem Karriereende aus dem Lizenzspielerkader zu uns gestoßen ist, künftige Aufgaben herangeführt werden können. So zumindest war unsere ursprüngliche Idee. Dieser Wunsch ließ sich jedoch klubpolitisch nicht umsetzen. Unser Mitgesellschafter und der verbliebene Geschäftsführer, der aktuell in Personalunion die Bereiche Sport und Finanzen verantwortet, verwehrten sich dagegen. Nach ihrer Vorstellung sollte zu einem späteren Zeitpunkt ein hierarchisch unterhalb der Geschäftsführung angesiedelter Sportdirektor als Zuarbeiter eingestellt werden.

Einer der Bewerber, der über den amtierenden Geschäftsführer kam, weckte durch eine klug gemachte Präsentation unser Interesse. Wir haben seine Einstellung dennoch zunächst formal abgelehnt. Was aber nicht an seiner Person lag, sondern an der Funktion, die er bekleiden sollte. Wir suchten als Vereinsvertreter ganz bewusst einen Geschäftsführer. Von der amtierenden Geschäftsführung wurde uns vermittelt, der Bewerber stünde ausschließlich für die Position des untergeordneten Sportdirektors zur Verfügung.

In späteren persönlichen Gesprächen mit dem Bewerber haben wir einen anderen Eindruck gewonnen. Die Ansicht im Präsidium über die fachliche Eignung hat sich verändert. Eine beeindruckend intensive und detaillierte Analyse der sportlichen Situation durch den Kandidaten ließ uns zur Auffassung kommen, dass die Qualifikation gegeben ist. Wir bewerten als Vereinsvertreter Vorschläge grundsätzlich unabhängig davon, wer sie gemacht hat.

Woran hakt es noch und wie ist die weitere Prozedur der Besetzung?

Wir waren davon ausgegangen, dass dieser Kandidat zwischen den Gesellschaftern konsensfähig sein würde. Einer raschen Einsetzung sollte daher nichts im Wege stehen. Zumal die Trainerfrage dringend nach einer tragfähigeren Lösung verlangt und weitere sportliche Personalentscheidungen anstehen. Doch leider wurden wir enttäuscht. Mittlerweile drängt sich der Eindruck auf, der Klub soll aus poliitischem Kalkül bewusst in einem künstlichen Zustand der Agonie gehalten werden. Das können wir nicht hinnehmen. Nachdem unser Mitgesellschafter eine zur Berufung des Sport-Geschäftsführers erforderliche Sitzung des Beirats platzen ließ, zudem einem alternativ möglichen Umlaufbeschluss nicht zugestimmt hat und erneut auf einer formalen Ladungsfrist besteht, müssen wir geduldig bleiben. Wir tun als Vereinsvertreter alles, um Schaden von der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA abzuwenden.

Wie soll es in der Rückrunde nach der Winterpause weitergehen?

Mit Mut, Energie und der nötigen Gelassenheit. Die Mannschaft hat in der Hinrunde einige Partien sehr unglücklich verloren. Charakter, Einstellung und Mentalität haben nach unserer Beobachtung fast immer gestimmt. Das darf man bei aller kritischen sportlichen Bewertung der Vorrunde nicht außer Acht lassen. Es muss aber auch nüchtern konstatiert werden, der TSV 1860 hinkt seinem sportlichen Ziel trotz eines gehobenen Budgets leider sehr weit hinterher. Wir müssen uns dem Abstiegskampf stellen. Es gilt durch einen neuen Sport-Geschäftsführer und neuen Trainer die nötigen Impulse zu setzen und verschüttetes Potential innerhalb der Mannschaft freizulegen.

Den Vereinsvertretern wurde aus dem Team zugetragen, dass ein Verantwortlicher der KGaA im Mannschaftskreis kolportiert hätte, es gäbe innerhalb des Vereins angeblich Menschen, die den Spielern ihren sportlichen Erfolg nicht gönnen würden. Wer diese falsche Behauptung aufstellt, hat den Bezug zur Realität verloren, schadet dem Klub und denkt nur noch in Feindbildern. Wir fordern dagegen alle Sechzger auf, sich lautstark hinter die Mannschaft zu stellen, die in der Rückrunde - und davon sind wir überzeugt - erfolgreicher spielen wird. Jede Löwin und jeder Löwe will Sechzig siegen sehen!