VON DR. TOBIAS KNÖSSL

Alle Jahre wieder: Der Löwen-Blues hat uns wieder. Doch dieses Mal ist alles anders. Nach der Köllner-Beurlaubung ist es noch schlimmer geworden. Viele db24-Leser waren nach dem Gast-Beitrag von Bernd Schlemmer angefixt, selbst in die Tasten zu hauen und ihrer Enttäuschung über 1860 freien Lauf zu lassen. Rund 50 Zuschriften haben wir seit Mittwochmorgen bekommen. Auch Dr. Tobias Knössl aus Ingolstadt hat uns geschrieben:

Ich bin seit Ende der 80er-Jahre leidenschaftlicher Löwen-Fan und durfte in dieser Zeit nicht nur die glorreichen Jahre unter Wildmoser/Lorant erleben, sondern musste auch den stetigen Verfall seit dem Bundesligaabstieg 2004 mit ansehen. Vor dieser Saison hatte man aber den Eindruck, dass sich endlich das Blatt wieder zum Guten wenden könnte. Man hat offensiv das Saisonziel „Aufstieg“ ausgegeben, was aus meiner Sicht auch der Anspruch sein muss bei einem kolportierten Etat von sechs Millionen Euro und dem gewaltigen Fanpotential bei Sechzig. Darüber hinaus hatte man den Eindruck, dass beide Gesellschafter zumindest nach außen an einem Strang zu ziehen schienen - des gemeinsamen Saisonzieles wegen. Auch die Mannschaft schien personell für Drittligaverhältnisse sehr gut aufgestellt zu sein. Günther Gorenzel hat es geschafft, den Kader qualitativ deutlich breiter aufzustellen als noch letzte Saison. Und der furiose Saisonstart ließ vermuten, dass es dem sympathischen Michael Köllner gelang, die vielen neuen Spieler schnell zu einer funktionierenden Einheit zu formen.

Einige Monate später stehen wir mal wieder vor einem Scherbenhaufen. Nur noch Tabellenplatz acht bei mittlerweile fünf Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz. 15 Tage sind seit der Entlassung von Köllner mittlerweile vergangen. Ein Nachfolger? Bisher Fehlanzeige. Mutmaßlich fehlt‘s am Geld, was allerdings die Frage aufwirft, warum man die finanziellen Rahmenbedingungen nicht vor der Trainer-Entlassung geklärt hat. Köllner stand ja schon länger zur Disposition. Absolut unprofessionelles Verhalten - ein Vorwurf, den sich die Geschäftsführung gefallen lassen muss. Das im Winter noch verfügbare Restbudget wurde von der sportlichen Führung stattdessen in die Verpflichtung von Raphael Holzhauser aus der ersten belgischen Liga gesteckt. Bisher blieb der Österreicher mit dem starken linken Fuß den Beweis schuldig, die Löwen im zentralen Mittelfeld entscheidend verstärken zu können. Zu lauf- und zweikampfschwach hat sich Holzhauser bisher präsentiert. Beides Tugenden, die insbesondere in der dritten Liga essentiell sind. Hinzu kommt, dass Sechzig mit Martin Kobylanski bereits einen Spieler besitzt, der über ein sehr ähnliches Spielerprofil besitzt und bisher im System der Löwen nicht überzeugen konnte. Nach der Entlassung von Köllner hat sich Gorenzel selbst als Interimstrainer zur Verfügung gestellt, was als gescheitertes Experiment nach nur einem mageren Punkt gegen zwei Abstiegskandidaten gewertet werden kann. Zudem lässt Gorenzels Körpersprache an der Außenlinie jegliche Leidenschaft und Emotionalität vermissen.

Präsident Robert Reisinger hakt den Aufstieg ab: Richtig?

Umfrage endete am 28.02.2023 09:00 Uhr
Nein, wir haben doch noch 16 Spiele! Das zeigt aber, wie 1860 wirklich tickt!
73% (1393)
Ja, natürlich!
27% (519)

Teilnehmer: 1912

Zu allem Überfluss erklärt Präsident Robert Reisinger den Aufstiegskampf völlig verfrüht für beendet - ein fatales Signal an Mannschaft und Fans. Am Ende muss man festhalten: Weiß-blaue Ambitionen in Richtung zweiter Liga und Handeln auf Amateurniveau. Wie passt das zusammen? Aus meiner Sicht braucht es einen klaren Schnitt auf allen Ebenen, nicht nur auf der Trainer-Position, sondern gleichermaßen bei der Geschäftsführung Sport und im Präsidium. Und jeder weitere Tag ohne Handeln ist ein verlorener Tag bei einem noch möglichen Comeback-Versuch (zumindest) mit Blick auf den Relegationsrang.

Geht es Ihnen ähnlich wie Dr. Tobias Knössl und Bernd Schlemmer? Dann schreiben Sie sich Ihren Frust von der Seele und schicken uns Ihren Text mit Foto an die Mailadresse redaktion@dieblaue24.de. Wichtig: Wir veröffentlichen keine anonymen Texte!