VON MARCO BLANCO UCLES UND IMAGO (FOTOS)

Löwen-Trainer Michael Köllner (53) steht unter Druck. Gelingt seiner Mannschaft gegen Zwickau (Samstag, 14 Uhr, db24-Ticker) kein Sieg, muss der Oberpfälzer um seinen Job bangen.

Einer seiner Vorgänger an der Seitenlinie der Sechzger ist Reiner Maurer. Zweimal bereits - Dezember 2004 bis Januar 2006 sowie Juli 2010 bis November 2012 - war der 62-Jährige Coach des TSV 1860. Bei seinen beiden Entlassungen war der Löwe noch dort unterwegs, wo Köllner mit Sechzig in diesem Sommer hin will: In der Zweiten Bundesliga.

Bei Maurers Entlassung 2006 war 1860 Tabellenvierter (!), 2012 immerhin Achter. Positionen, von denen die Löwen heute träumen. Im db24-Interview spricht Maurer unter anderem über die aktuelle sportliche Talfahrt der Löwen, die Gründe für seine Entlassungen bei 1860 sowie die Aussage von Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik, dass Kurzschlussreaktionen in der 1860-Historie immer kein guter Ratgeber waren.

db24: Herr Maurer, seit Juli vergangenen Jahres sind Sie ohne Verein. Im Sommer meinten Sie, dass Sie sich auf dem Markt umschauen. War bislang noch nichts Interessantes dabei?
 
REINER MAURER: Ich bin ja schon einige Zeit im Profifußball dabei, diese Phasen sind normal - ich gehe das ganz entspannt an. 
 
db24: Bei Ihrem Ex-Verein 1860 läuft es nach dem exzellenten Saisonstart so gar nicht mehr, der Löwe ist auf Rang sechs der Dritten Liga abgestürzt, holte zuletzt in fünf Partien nur einen Punkt. Wie haben Sie diesen unerfreulichen Saisonverlauf von außen wahrgenommen?
 
Nach sieben Spielen hatte Sechzig ausgezeichnete 19 Punkte auf dem Konto, in den elf Partien danach hat man allerdings nur elf Zähler geholt, die Tendenz ist leider negativ. Die Leistung im letzten Spiel in Mannheim (1:3) war enttäuschend, auch wenn der Gegner zweifelsfrei sehr stark aufspielte. Sechzig ist sowohl in der Defensive als auch der Offensive sehr vieles schuldig geblieben. Auch das frühe Kopfballtor von Phillipp Steinhart hat nicht dazu geführt, dass 1860 Kontrolle über das Spiel bekommen hat. Unterm Strich haben sich alle mehr erwartet. 
 
db24: In einem Statement des Vereins hieß es, dass Köllner das Vertrauen gegen Zwickau genießt, von den Spielen danach war nicht die Rede. Rechnen Sie fest mit einem Endspiel für den Löwen-Coach?
 
Das kann und möchte ich nicht beurteilen. Die Leistungskurve ging nach dem äußerst erfolgreichen Start leider stark nach unten. Angesichts des guten Kaders und des starken Saisonstarts ist die Enttäuschung jetzt umso größer, da es schon länger nicht mehr richtig läuft. Bis auf das Spiel gegen Wehen Wiesbaden (3:1) und die erste Halbzeit gegen Saarbrücken (0:1) waren die Leistungen durchschnittlich. Wenn man sieht, dass von den letzten elf Spielen nur drei gewonnen wurden und Sechzig im Pokal gegen Illertissen (0:1) ausgeschieden ist, dann wächst verständlicherweise die Unzufriedenheit. Jetzt kommen zwei Heimspiele gegen Zwickau und Dresden. Die Zwickauer sind nach der 0:1-Heimniederlage gegen Oldenburg mit einem verschossenen Elfmeter kurz vor Schluss auch mächtig unter Druck. Die Dresdner sind mit hohen Erwartungen in die Saison gegangen. Inzwischen ist Dresden näher am Abstiegs- als am Aufstiegsplatz. Mit den beiden Heimspielen können die Löwen einen Befreiungsschlag schaffen und sich wieder oben festsetzen.
 
db24: Was für Möglichkeiten bleiben Köllner jetzt noch, um das Team wieder in die Spur zu bringen?
 
Was Michael Köllner gut macht: Er stellt sich nach außen hin vor seine Mannschaft, verteidigt sie. Genauso wichtig ist aber auch, dass er intern die Fehler klar anspricht und Lösungen aufzeigt. Mit Sicherheit wird Köllner die Mannschaftsaufstellung, das System und die Einstellung der Spieler zum letzten Spiel überdenken. Aus meiner Sicht haben da alle keinen guten Job gemacht. Schuldzuweisungen an Einzelne sind auch nicht förderlich. Ein Beispiel: Der Pass von Marco Hiller vor dem Mannheimer Ausgleichstreffer war misslungen. Aber es waren noch genügend Spieler da, um den Fehler wieder auszubügeln. Da hat die Defensive diesen Angriff nicht angenommen und abgeblockt.
 
db24: Köllner wünschte sich seit dem Sommer einen Achter, bekam ihn wenige Tage vor dem Mannheim-Spiel mit Raphael Holzhauser. Eine gute Verpflichtung für die Löwen?
 
Er ist mit Sicherheit ein guter Spieler, wird den Löwen weiterhelfen. In Belgien habe ich ihn nicht verfolgt, er hatte dort aber bis zuletzt Spielpraxis. Er verfügt über technisch hervorragende Fähigkeiten, hat einen starken linken Fuß. In Mannheim war er zu Beginn sehr engagiert, im Laufe des Spiels konnte er kaum noch Akzente setzen. Das lag meiner Meinung nach an mehreren Ursachen. Nach ein paar Tagen mit der neuen Mannschaft gleich in der Mittelfeldzentrale sowohl offensiv als auch defensiv die richtigen Wege zu finden, ist nicht einfach. Er hatte keine besondere Unterstützung in den eigenen Reihen und traf auf zudem auf einen starken Gegner.
 
db24: Der Löwe befindet sich - auch dank der Patzer der Konkurrenz - weiterhin mitten im Aufstiegskampf. Sie wurden 2006 auf Platz vier in der Zweiten Liga liegend als Trainer entlassen. Gibt´s Parallelen zur aktuellen Situation?
 
Nicht wirklich. Im Januar 2006 waren wir Vierter in der Zweiten Liga und außerdem, was man nicht vergessen sollte, war meine Beurlaubung unmittelbar vor dem Pokal-Viertelfinale gegen Eintracht Frankfurt. Zudem war Nemanja Vucicevic Ende November wegen eines leichten Dopingvergehens (Haarwuchsmittel) langfristig gesperrt worden. Als ich dann 2012 nach fast zweieinhalb Jahren Tätigkeit das zweite Mal entlassen wurde, standen wir nach einem riesigen Umbruch auf Platz acht der Zweiten Liga. Wir mussten zuvor wichtige Spieler wie Kevin Volland und Antonio Rukavina abgeben. Zur Wiesn-Zeit lief es dann kurzzeitig nicht rund und dann war das alles schnell erledigt. 

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db24: Investor Hasan Ismaik hat vor wenigen Tagen in einem Social-Media-Beitrag davor gewarnt, dass Kurzschlussreaktionen in der 1860-Historie immer ein schlechter Ratgeber waren. Ist es der richtige Weg von Sechzig, auf mehr Kontinuität auf der Trainerbank zu setzen?
 
Mit der Aussage hat er grundsätzlich recht. Entscheidungen wie Trainerwechsel sind immer schwierig und häufig nicht vom Erfolg gekrönt. Die Erwartungshaltung ist dieses Jahr verständlicherweise groß. Nachdem die Löwen schon letzte Saison den möglichen Aufstieg verpasst haben, wurde die Mannschaft diese Saison sehr gut verstärkt. Dadurch wäre alles andere als der Aufstieg eine Enttäuschung. Jetzt spielt man erstmal gegen Zwickau, geht als Favorit in die Partie rein und kann auf die Unterstützung der Fans im Grünwalder Stadion setzen. Diese Stimmung dort habe ich sowohl als Spieler und auch als Trainer immer genossen. 
 
db24: Der Druck auf der Mannschaft und ihrem Trainer ist groß. Worauf wird es gegen Zwickau besonders ankommen?
 
Wichtig wird sein, die Fans von Anfang an hinter sich zu bringen. Spielerisch ist 1860 klar besser als Zwickau. Wenn die Spieler läuferisch und kämpferisch an ihre Grenzen gehen, werden die Löwen gewinnen.