VON OLIVER GRISS

Michael Köllner hatte am Dienstagmorgen am Flughafen in Antalya nach einem durchaus geglückten Trainingslager in Belek noch etwas loszuwerden: Er sprach unverblümt und durchaus mit einer Prise Verärgerung darüber, dass seiner Mannschaft ein Qualitätsspieler fehle, einer, der den Unterschied ausmache - und zu diesem Anlass erzählte der Trainer in seinen Ausführungen in einer spontanen Presserunde auch, dass man Mister X für die Achter-Position eigentlich schon im Sommer verpflichten wollte, dann aber gemeinsam entschieden hatte, die Transferaktivitäten auf die Winterpause zu verlegen.
Geschehen ist bisher: Nichts! Das Versprechen einer Verstärkung wurde bislang nicht eingelöst. Und das liegt nicht am oberpfälzischen Übungsleiter, sondern an der Geschäftsführung: Der eine (Marc Pfeifer) ist für die Finanzen verantwortlich und könnte im Optimalfall fehlende Gelder über Sponsorenerlöse akquirieren, der andere - nämlich der Österreicher Günther Gorenzel - hat das Zepter im sportlichen Bereich in der Hand.

Seine Aufgabe: Er muss den richtigen Spieler finden, der ins sportliche Konzept, aber vor allem auch ins Gehaltsgefüge passt. Das ist prinzipiell gar nicht so schwer, wenn man über ein gewisses Netzwerk verfügt, das besser ist als das der Konkurrenz. Wofür 1860 nichts kann, was aber durchaus ein Vorteil ist: Mit dem Standort München lässt sich die ein oder andere Verhandlung mit Sicherheit leichter positiv abschließen.

Entlarvend beim nüchternen Blick von außen auf die Arbeit an der Grünwalder Straße: Das Vakuum im Löwen-Mittelfeld ist nicht erst seit einigen Wochen bekannt, sondern bereits seit der Sommervorbereitung. Also seit rund sechs (!) Monaten. Diese Position, die Triebfeder im modernen Fußball, ist bei den Sechzigern nicht besetzt. Zum Vergleich: Ein alter VW Käfer läuft prinzipiell auf vier Zylindern - wenn ein Zylinder ausfällt, bringt er nicht mehr die selbe Leistung wie vorher. Klingt logisch, oder?

Umso enttäuschender ist, dass sich 1860 vier Tage vor dem Liga-Start in Mannheim (Samstag) eingestehen muss: Wir überlassen die Mannschaft - wie im Vorjahr - ihrem Schicksal. Zu sagen, dass der eine Top-Kandidat (Lukas Rupp, 31, vereinslos) als ehemaliger Premier League-Profi - welch Wunder - nicht ins Gehaltsgefüge passt; und der andere (Raphael Holzhauser, 29, OH Leuven) offenbar doch nicht verfügbar ist, ist wahrlich kein Ruhmesblatt für die Giesinger Kommandobrücke. Das elementar wichtige Trainingslager in Belek hat Holzhauser auf jeden Fall verpasst.

Gorenzel war es selbst, der zugegeben hat, dass der erste Kontakt zu Holzhauser beim Wörthersee-Cup im November gewesen ist. Sich aber ausschließlich auf Rupp/Holzhauser zu verlassen, ist leider naiv und zeigt auch, dass nicht alle ihre Hausaufgaben erledigt haben. Wenn am Ende wieder ein paar Pünktchen fehlen, braucht keiner zu sagen: Wir haben alles für den maximalen Erfolg bei 1860 getan.