VON MARCO BLANCO UCLES UND IMAGO (FOTO)

Ein ganz großer - wenn nicht der größte - Fußballer aller Zeiten hat die Bühne für immer verlassen: Pelé ist am Donnerstag im Alter von 82 Jahren nach langer Krankheit verstorben.

Einer, der die Fußballkünste Pelés aus nächster Nähe bestaunen durfte, ist Meister-Löwe Fredi Heiß (82). Viermal kreuzten sich ihre Wege - zweimal mit 1860 gegen Santos, zweimal mit Deutschland gegen Brasilien. Im db24-Interview spricht Heiß - rund sechs Wochen jünger als Pelé - über die Duelle gegen die Fußball-Ikone, eine Lehrstunde für die Löwen gegen Santos sowie ein ganz besonderes Lob von einem der größten Sportler aller Zeiten.

db24: Herr Heiß, die Fußball-Welt trägt Trauer: Der große Pelé ist tot…

ALFRED HEISS: Ja, leider. Es hat sich ja bereits seit Tagen angedeutet, dass es ihm schlecht geht. Wir befinden uns momentan auf Teneriffa, haben die Berichte gestern Abend im Fernsehen verfolgt, in denen auch Franz Beckenbauer und Uwe Seeler über ihn gesprochen haben.

db24: Ist mit Pelé der größte Fußballer aller Zeiten gestorben?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass er der kompletteste Spieler aller Zeiten ist. Er konnte alles, hatte einfach keine Schwächen. Er konnte mit links, mit rechts und mit dem Kopf Tore erzielen. Technisch war er hochbegabt, hatte ein Spielverständnis auf europäischem Niveau, hat zudem auch viele Fallrückzieher gemacht. Er war so perfekt, das war nicht zu fassen. Der Mann war ein Weltwunder! Natürlich sind auch Messi und Maradona unbegreiflich gute Fußballer, aber Pelé war der kompletteste.

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Meister-Löwe Fredi Heiß erinnert sich gerne an die Fußball-Legende Pelé zurück.

db24: 1960 trafen Sie erstmals auf ihn. Es setzte im Grünwalder Stadion für 1860 gegen Santos vor über 40.000 Zuschauern eine üble 1:9-Niederlage…

Wir sind die Wochen zuvor durch Amerika getingelt, hatten unter anderem in New York gegen Manchester United gespielt. Nach der Rückkehr waren wir komplett kaputt. Ich habe wenige Tage nach dem Spiel die Gelbsucht bekommen. Aber nicht nur ich, die ganze Mannschaft war platt. Wir haben vor dem Spiel gehofft, das wir irgendiwe halbwegs über die Runden gekommen - das hat nicht geklappt, es war blamabel (lacht). Wenn du den Spielern von Santos beim Spielen zugeschaut hast, hattest du selber gar keine Lust mehr. Sie hatten eine solch unglaublich große Spielfreude. Die Zuschauer waren trotz des hohen Ergebnisses überhaupt nicht unzufrieden, hatten große Freude daran, den Brasilianern zuzuschauen.

db24: Drei Jahre später unterlagen Sie mit der deutschen Nationalmannschaft in Hamburg mit 1:2 gegen Brasilien - Siegtorschütze war Pelé. Nach dem Spiel sagte er über Sie: “Ein toller Rechtsaußen, den die Deutschen da hatten. Er war ihr bester Spieler.”

Ja, das stimmt. Stand damals natürlich auch in der Zeitung. Das war sehr nett und hat mich natürlich unglaublich gefreut. Es war tatsächlich ein gutes Länderspiel von mir. Aber er ist nicht nur aus diesem Grund der beste Fußballer des 20. Jahrhunderts (lacht). Sondern aufgrund seiner unglaublichen Fähigkeiten. Zudem war er ein toller Mensch, immer kameradschaftlich - mit ihm gab es nie Probleme. Die Brasilianer waren sowieso etwas Besonderes, ich erinnere mich da an einen speziellen Flug.

db24: Erzählen Sie!

1965 spielten wir vor 140.000 Zuschauern im Maracana das Abschiedsspiel von Garrincha gegen Brasilien (0:2), ein einmaliges Erlebnis. Die Brasilianer flogen mit uns zusammen danach nach Frankfurt, da sie in Europa noch Freundschaftsspiele hatten. Sie haben im Flieger stundenlang gesungen und getrommelt. Wir haben natürlich kein Wort Portugiesisch verstanden, aber es war ein einzigartiges Erlebnis, an das ich mich immer gerne zurückerinnere.