VON MARCO BLANCO UCLES UND IMAGO (FOTOS)

Schwächste Defensive der Liga gegen den zweitbesten Angriff, Schlusslicht gegen heißen Aufstiegsfavoriten, Bayreuth gegen 1860…

Die Ausgangslage vor dem Bayern-Derby in Oberfranken (Samstag, 14.03 Uhr, db24-Ticker) ist klar. Der Löwe reist als Favorit in die “Oldschdod”. 1860 ist durch die beiden wichtigen Erfolge in Osnabrück (2:0) und gegen Wiesbaden (3:1) wieder in die Erfolgsspur zurückkehrt, Bayreuth benötigt nach den jüngsten Pleiten gegen Verl (1:3) und Halle (0:3) dringender denn je Erfolgserlebnisse.

Denn eines ist klar: Auch im beschaulichen Bayreuth werden bei anhaltendem Misserfolg die kritischen Stimmen gegen den Trainer lauter. Thomas Kleine übernahm beim Aufsteiger im Sommer das Amt von Timo Rost, der zur Ligakonkurrent Aue ging und dort bereits wieder entlassen wurde. Für den 44-jährigen Kleine ist es der erste Job als Chefcoach im Profifußball. Im Vorfeld des Prestige-Duells gegen die Löwen hat sich db24 mit dem Trainer der SpVgg unter anderem über die Bedeutung dieses Highlightspiels, die Sicherheit seines Jobs sowie Löwen-Coach Michael Köllner unterhalten.

db24: Das bayerische Derby Bayreuth gegen 1860 steht vor der Tür: Beinahe jeder rechnet mit einem Löwensieg. Die Chance für Bayreuth?

THOMAS KLEINE: Ja, mit Sicherheit. Wir gehen optimistisch in die Partie und haben das klare Ziel zu punkten. Gegen Dresden (1:1) und Ingolstadt (0:1) haben wir gegen zwei Spitzenteams gute Spiele gemacht und uns viele Chancen erarbeitet.

db24: Wie wollen Sie mit Ihrem Team die Löwen knacken?

Sechzig hat mit Sicherheit eine sehr gute Mannschaft, die eine exzellente Saison spielt. Wir werden die Löwen genau analysieren und unsere Chancen suchen. Wir benötigen am Samstag eine gute Defensive, das ist klar. Aber auch im Spiel mit dem Ball wollen wir einen klaren Plan haben, uns Torchancen erarbeiten. Auch zuletzt in Halle (0:3) hatten wir Chancen, haben sie aber leider liegen gelassen.

db24: Die Stadionkapazität wurde ausnahmsweise von 10.000 auf 12.000 Plätze angehoben. Es ist kein normales Spiel, wenn der Löwe kommt. Was kriegen Sie und die Mannschaft von der erhöhten Aufmerksamkeit mit?

Es ist ganz klar, dass man etwas merkt. Nicht einmal gegen Dresden wurde die Stadionkapazität erhöht, das ist das erste Mal in dieser Saison der Fall. Uns ist natürlich klar, dass viele Löwenfans den Weg nach Bayreuth finden werden, die Strecke ist ja nicht so weit. Wir freuen uns davor, vor einer solch tollen Kulisse zu spielen.

db24: In Ihrem Kader stehen zahlreiche Ex-Löwen - unter anderem Felix Weber und Markus Ziereis. Zusätzliche Motivation benötigen diese Jungs sicherlich nicht, oder?

Natürlich ist es für die Jungs mit Sechzger-Vergangenheit etwas Besonderes. Aber das trifft nicht nur auf sie zu. Eines ist klar: Unsere Mannschaft geht in jedem Spiel ans Limit, gibt immer einhundert Prozent. Das ist ein Spiel, auf das alle heiß sind. Wir wollen punkten, das ist unser Ziel.

db24: Nach 13 Spielen stehen Sie mit der SpVgg auf dem 20. Platz, haben vier Zähler Rückstand auf das rettende Ufer. Angst um Ihren Job?

Ich spüre die volle Rückendeckung des Vereins. Als Trainer darfst du niemals Angst ausstrahlen, denn das sind Dinge, die du in diesem Moment nicht beeinflussen kannst. Für uns als Trainerteam ist es wichtig, dass wir die Mannschaft optimal auf die Spiele vorbereiten. Es war von Beginn an klar, dass es eine schwierige Saison werden wird. Das wir dringend Punkte benötigen, um da unten rauszukommen, wissen wir. Klammert man das Halle-Spiel aus, haben wir die Partien davor gut gespielt und auch gepunktet. Wir können hier in Ruhe und konzentriert mit der Mannschaft arbeiten. Über das, was möglicherweise im Hintergrund läuft, mache ich mir nicht so viele Gedanken.

db24: Sie haben in Bayreuth mit den kleinsten Etat der Liga zur Verfügung. Welche Rahmenbedingungen haben Sie bei der SpVgg vorgefunden?

Man muss schon ehrlich sagen, dass hier noch viel Luft nach oben ist - dadurch, dass der Verein sehr lange Zeit nicht mehr im Profifußball war. Seien es die Trainingsbedingungen, der Platz oder die Gebäude für die Spieler - wir sind in vielen Dingen noch nicht professionell aufgestellt. Unser Trainerteam ist sehr klein: Neben mir habe ich noch Co-Trainer Julian Kolbeck, einen Torwarttrainer, der noch nebenbei arbeitet, sowie einen Athletikcoach, der zweimal in der Woche kommt. Das gibt es sicherlich nicht häufig in der Dritten Liga. Der Verein versucht aber, die Professionalisierung voranzuschieben, beispielsweise haben wir mittlerweile Flutlicht im Stadion.

db24: Sie haben vor Ihrer Anstellung in Bayreuth immer wieder das Löwentraining besucht. Was hatten Sie für einen Eindruck gewonnen?

Nach meiner Freistellung in Düsseldorf (Anfang Januar 2022; d. Red.) habe ich die Einheiten mehrerer Vereine angeschaut, unter anderem war ich auch bei 1860. Ich wollte mir anschauen, wie andere Klubs, andere Trainer trainieren, das finde ich unheimlich interessant, kann da viel mitnehmen. Von der Infrastruktur ist das bei 1860 - verglichen mit uns - natürlich eine andere Welt. Die Sechzger sind mit ihrem Trainingszentrum sehr gut aufgestellt. Auch dass immer mehrere Fans beim Training sind, ist unüblich für einen Drittligisten. 1860 ist ein Schwergewicht in der Dritten Liga - mit dem berechtigten Ziel, aufzusteigen.

db24: Bei Ihren Besuchen an der Grünwalder Straße 114 haben Sie auch Löwen-Coach Michael Köllner wieder getroffen, Sie kannten ihn bereits aus Ihrer Zeit der SpVgg Greuther Fürth. Was macht ihn aus als Trainer?

Wir hatten in Fürth (Köllner trainierte die U17, Kleine die U21; d. Red.) immer einen guten Austausch untereinander. Er ist ein sehr erfahrener Trainer, der in den höchsten drei Spielklassen in Deutschland bereits vieles erlebt hat. Michael ist fachlich sehr gut aufgestellt und zusätzlich ein Typ, der eine Mannschaft sehr gut erreicht. Man sieht, dass es bei 1860 passt und sein Team schönen und erfolgreichen Fußball spielt.

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db24: Beneiden Sie Köllner um seinen Job bei 1860 oder sind Sie eher froh, in Bayreuth in Ruhe und ohne den großen Medienrummel arbeiten zu können?

Es sind beides reizvolle Aufgaben. Mich hat es hier gereizt, die Dinge voranzutreiben und entwickeln zu können. Sechzig ist natürlich ebenfalls sehr interessant. Ein großer Traditionsverein, bei dem aber natürlich auch immer etwas los ist (lacht).

db24: In Düsseldorf haben Sie mit dem ehemaligen 1860-Coach Friedhelm Funkel zusammengearbeitet. Hat er Ihnen über seine Zeit in München-Giesing erzählt?

Ja, häufiger sogar. Friedhelm hat nur Positives über die Löwen erzählt. Er hat auch heute, wie bei allen seiner Stationen, noch ein gutes Verhältnis zum Klub.