VON MARCO BLANCO UND IMAGO (FOTO)

Die goldenen 90er-Jahre der Löwen mit packenden Stadtderbys gegen die Bayern - lang ist´s her…

Einer, der die hart umkämpften Münchner Stadtduelle hautnah miterlebt hat, ist Markus Höhner. Der 57-Jährige ist seit über 30 Jahren für verschiedene TV-Sender als Kommentator und Moderator in der Fußballbranche dabei, hat auch bereits von mehreren Weltmeisterschaften berichtet.

Momentan verfolgt Höhner die Löwen als Kommentator bei MagentaSport, begleitete Sechzig unter anderem beim jüngsten 2:0-Erfolg an der Bremer Brücke in Osnabrück. Am heutigen Sonntag kommentiert der gebürtige Ulmer auf Sport 1 das Legenden-Derby zwichen 1860 und dem FC Bayern (14.30 Uhr, db24-Ticker). Im Vorfeld des Klassikers sprach Höhner im db24-Interview unter anderem über die Emotionen des ewigen Duells Blau gegen Rot, seine kurioseste Derby-Anekdote und wie er den engen Aufstiegskampf in der Dritten Liga einschätzt

db24: Heute steht für Sie als Sport1-Kommentator ein etwas anderer Einsatz auf dem Programm - Legendenderby 1860 gegen FC Bayern. Wie sehr freuen Sie sich auf dieses Schmankerl?

MARKUS HÖHNER: Es ist reizvoll, keine Frage. Ich habe vor kurzer Zeit die Spielerlisten bekommen. Und ich finde es immer schön, wenn bei solchen Terminen dann auch wirklich die ganz großen Namen dabei sind. Das ist am Sonntag der Fall und weckt in mir sehr viele Erinnerungen und Emotionen.

db24: Welche Spieler lösen diese Emotionen bei Ihnen aus?

Als neutraler Zuschauer fällt mir zuerst Giovanne Elber auf, ein unglaublich sympathischer Typ den man über Jahre erlebt hat. Hansi Pflügler, Klaus Augenthaler, Paulo Sergio oder Christian Nerlinger stechen bei den Bayern noch hervor. Bei den Löwen ist Sascha Mölders ja noch einer, dem man vor kurzer Zeit noch begegnet ist. Bernhard Winkler, Miki Stevic und Benny Lauth sind natürlich große Namen, das macht schon Spaß!

db24: Also auch für Sie eine Rückkehr in alte Zeiten, wenn Sie diese Spieler am Sonntag wieder treffen?

Ja, klar. Ich bin den Bayern auch häufiger als Field-Reporter begegnet. Ich muss sagen: Klaus Augenthaler war immer ein top Gesprächspartner. Er hatte auf mich immer eine super Ausstrahlung gehabt, legte ein tolles Benehmen an den Tag. Bei 1860 mache ich keinen Hehl daraus, dass ich immer ein Fan von Benny Lauth war. Wie ich finde, ein super sympathischer Typ, den ich heute auch sehr gerne als Experte bei den Kollegen höre. Auch Stefan Reisinger ist ein ganz feiner Kerl.

db24: Kann man bei so einem Legendenspiel, in dem der gute Zweck im Vordergrund steht, überhaupt davon sprechen, dass die Bayern wie gewohnt als Favorit ins Spiel gehen?

Ich weiß nicht, ob man das sagen kann. Da ist spannend zu beobachten, wie fit die Spieler noch sind. Von den Namen her sind die Bayern vermutlich favorisiert, aber ob es sich auf dem Platz dann so zeigen wird, wird man sehen. Aber vielleicht ist es tatsächlich so, dass den Bayern auch auf ihre alten Tage ihre Siegermentalität geblieben ist. Wie auch immer: Das Wichtigste ist, dass es beide Seiten nicht zu ernst nehmen, es um eine gute Sache geht und es allen Spaß macht.

db24: Macht es die Vorbereitung für einen Kommentator auf so ein Spiel schwieriger, weil man zuerst einmal Infos einholen muss, was die ganzen Akteure denn beruflich so treiben?

Naja, zunächst einmal kennt man die meisten Spieler, das macht´s prinzipiell leicht. Manchmal gibt es auch Legendenspiele, da bist du froh, wenn du die Rückennummern zuordnen kannst. Hier wird das in den allermeisten Fällen kein Problem sein. Aber es ist spannend zu recherchieren, wer wann genau gespielt hat und welchen Bezug er zu den Derbys früher hatte. Beispielsweise Thomas Riedls legendäres Siegtor im November 1999 gegen die Bayern, das den ersten Derbysieg nach 22 Jahren gebracht hat. Da geht´s eben darum, sich an solche besonderen Momente zurückzuerinnern.

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db24: Sie haben die großen Derbys um die Jahrtausendwende hautnah miterlebt. Welche Erinnerungen schießen Ihnen den sofort in den Kopf, wenn Sie an diese Duelle Blau gegen Rot denken?

Das Eigentor von Jens Jeremies, dem Ex-Löwen, gegen Oliver Kahn. Sicherlich auch der Ballklau von Carsten Jancker gegen Löwen-Keeper Bernd Meier 1998. Wenn man sich dann wieder daran erinnert, dass so eine große Torhüter-Persönlichkeit wie Meier viel zu früh mit 40 Jahren verstorben ist, macht einen das sehr traurig.

db24: Sie kommen aus Ulm, haben eine neutrale Sicht auf die Münchner Stadtderbys gehabt. Wie haben Sie diese Duelle erlebt als Außenstehender?

Ich habe noch die Erinnerung, dass ich tendenziell immer eher zum Außenseiter, also zu den Löwen, gehalten habe. Und: Ich hatte oft das Gefühl, dass die Schiedsrichter zu feige waren, gegen die Bayern zu pfeifen.

db24: Was machen denn diese Duelle innerhalb der Stadt so besonders?

Derbys sind generell das Schönste, was es gibt im Fußball. Es gibt beispielsweise Schalke gegen Dortmund und Gladbach gegen Köln. Aber Stadtderbys haben natürlich immer etwas ganz Besonderes, wenn wirklich eine Stadt gespalten ist. Das haben wir in Hamburg, Berlin und München. Das sind die drei großen Stadtderbys in Deutschland, auf die man immer geguckt hat. Es sind so viele Emotionen drinnen. Da fällt mir die Szene zwischen Mario Basler und Werner Lorant am 1. November 1997 ein, als die beiden aneinandergeraten sind. Es geht einfach oft hitzig zu - das ist Teil der Show.

db24: Im Kader der Bayern für den Sonntag fehlen Leute wie Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić, die beim FCB in wichtigen Funktionen angestellt sind. Bei den Löwen wurde es in der Vergangenheit hingegen verpasst, ehemalige Größen mit einzubinden. Wie ist Ihr Eindruck?

Da muss ich natürlch vorsichtig sein, das aus der Distanz zu beurteilen. Aber ich finde es schon immer gut, wenn man Leute, die große Persönlichkeiten als Spieler waren, mit dem Verein verbindet. Das ist auf jeden Fall ein positiver Impuls. Die Löwen scheinen diese Chance verpasst zu haben. Natürlich hängt das auch immer von den einzelnen Personen ab, ganz pauschal kann man das nicht sagen.

db24: Sie verfolgen die Löwen der Neuzeit als Drittliga-Kommentator bei MagentaSport, begleiteten 1860 zuletzt beim 2:0-Auswärtssieg in Osnabrück. Was für ein Eindruck macht das Team von Trainer Michael Köllner auf Sie in dieser Saison?

Man merkt, dass Michael Köllner eine sehr positive Eigendynamik reingebracht hat. Die Mannschaft wurde - gerade in der Offensive - neu zusammengestellt - da scheint vieles sehr gut zu funktionieren. Zugegebenermaßen hatten sie in Osnabrück viel Glück, die eigentlich bessere Mannschaft hat dort das Spiel verloren. Aber Effektivität ist eben auch ein ganz großer Faktor im Fußball. Sechzig war gnadenlos, hat seine Chancen genutzt und dann so ein Spiel eben auch verdient gewonnen. Man sagt ja: Wer solche Spiele gewinnt, schafft es dann auch am Ende aufzusteigen.

db24: Wie sehen Sie denn die Konkurrenz der Löwen im Aufstiegskampf?

Ich habe in den letzten Jahren auf jeden Fall gelernt, dass man sich nicht zu früh festlegen sollte (lacht). Im Moment macht es den Eindruck, dass Sechzig mitmischen kann. Aber wir haben erst ein Drittel der Saison absolviert. Ob sich ein Aufsteiger wie Elversberg dauerhaft da oben festbeißen kann, bleibt abzuwarten - im Moment glaube ich aber schon. Man hat bei 1860 aber definitiv das Gefühl, dass Köllner bei den Löwen im Moment etwas Gutes entwickelt.