VON MARCO BLANCO UCLES UND IMAGO (FOTOS)

1860 Prozent Leidenschaft und Willen für die Mannschaft. Holger Greilich war zu Bundesliga-Zeiten der Löwen einer, der da hinging, wo es wehtat. Zwischen 1995 und 2002 lief der gebürtige Mainzer in 114 Spielen für den TSV 1860 auf, erzielte dabei zwei Treffer. Eigentlich wollte der 51-Jährige im Legenden-Derby der Löwen gegen den FC Bayern (Sonntag, 14.30 Uhr, db24-Ticker) wieder mal die Schuhe für die Sechzger schnüren, muss jedoch verletzungsbedingt passen. “Muskelfaserriss”, erklärt Greilich zähneknirschend im Gespräch mit db24.

Nur zu gerne wäre er mit seinen ehemaligen Löwen-Kollegen im Derby für den guten Zweck dabei gewesen. “Sehr schade. Aber gut, als Zuschauer bin ich dennoch dabei. Ich freue mich, die Jungs wiederzusehen. Bin gespannt, ob ich alle noch erkenne (lacht).” Am Samstag besucht er mit einigen anderen 1860-Größen das Löwen-Heimspiel gegen Wehen Wiesbaden, am Abend steht die “Players Night” auf dem Programm. “Alle von damals mal wieder zu treffen, ist das Wichtigste. Auch wenn es auf dem Platz natürlich Rot gegen Blau ist und jeder Gas geben wird.” Gespannt ist Greilich auch auf den körperlichen Zustand seiner Mitspieler von damals, betont aber: “Manche sind fitter als damals, wie beispielsweise Michael Hofmann oder Harald Cerny (lacht). Wie ein guter Wein…”

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Derby-Streicheleinheit der besonderen Art von Löwen-Knipser Olaf Bodden an Bayerns Christian Ziege.

Im Sommer noch lief er dreimal für die Traditionsmannschaft der Löwen auf. Sein Fazit? Zweigeteilt. “Hat großen Spaß gemacht. Aber nach den Spielen hatte ich Schmerzen, die Knochen sind eingerostet.” Die Legenden-Elf der Giesinger ist ein bunter Mix aus verschiedensten Epochen der Klubgeschichte. Der Kontakt zu seinen Kollegen aus Bundesligazeiten ist mittlerweile fast eingeschlafen. Regelmäßig hat Greilich nur noch zu “Icke” Häßler Kontakt. “Es verläuft sich mit der Zeit. Jeder hat seine Familie und genug zu tun.” So auch Greilich selbst, der mit seiner Frau und seinen beiden Kindern (15 und 19 Jahre alt) in Ottobrunn vor den Toren Münchens wohnt und eine kleine Kaffeebar betreibt. Dennoch hatte er sich sehr auf das Wiedersehen mit Häßler gefreut. Betonung auf hatte. Der Weltmeister von 1990 hat bereits vor längerer Zeit aufgrund gesundheitlicher Probleme - auch wenn es zuletzt wieder bergauf ging - abgesagt. “Wir haben die Tage noch gesprochen. Sehr schade, ich hätte mich sehr auf Icke gefreut.”

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An seine Zeit bei den Löwen denkt der ehemalige Innenverteidiger gerne zurück - war sie doch von Erfolg geprägt. Das Highlight? “Die Derbysiege in der Saison 1999/2000, als wir beide Spiele gegen die Kollegen von der Säbener Straße gewonnen haben. Wir hatten so lange drauf gewartet und haben die Bayern dann gleich zweimal in einer Saison geschlagen, das war unglaublich.” In der Champions-League-Qualifikation gegen Leeds United fehlte Greilich verletzt. An diese erfolgreichen Zeit der Löwen denkt der 51-Jährige auch heute noch gerne zurück: “Die Löwen sind damals mehr und mehr gewachsen. In den Schulklassen hat man nach den Siegen 1999/2000 genauso viele Kinder in Sechzig- wie in Bayerntrikots gesehen. Das gab es vorher eher nicht. Du hast damals viele junge Fans gewonnen.”

Seine erfolgreichste Zeit im blauen Dress erlebte der Abwehrrecke unter Trainer Werner Lorant (73). Einzig beim Thema Frisuren schwammen sie nicht auf einer Wellenlänge. Angesprochen auf Greilichs blond gefärbte Haare sagte Lorant einst: “Der Greilich hat seinen Kopf auch nur zum Haareschneiden.” Greilich kann über den Spruch herzhaft lachen. “Heute wäre das nicht mehr möglich, da würde der Spieler vermutlich einen Anwalt einschalten.” Das letzte Mal gesehen hat Greilich seinen ehemaligen Coach 2013 beim Benefizspiel für den am chronischen Erschöpfungssyndrom erkrankten Olaf Bodden. “Werner ist in einem guten Alter, in dem er das sehr genießen wird. Ich bin gespannt, was für Sprüche er wieder raushauen wird. Als ich gehört habe, dass der Werner kommt, habe ich eine Verletzung vorgetäuscht. Nein, Spaß beiseite - ich freue mich!”

Eine Aktion Lorants sorgte bei Greilich vor vielen Jahren jedoch für weniger Begeisterung. In einem Bundesliga-Heimspiel saß er überraschend auf der Bank. Am Abend nach der Partie klärte ihn Präsidentensohn Karl-Heinz Wildmoser junior auf: “Der Bundestrainer (Erich Ribbeck; d. Red.) war im Stadion, um dich zu beobachten. Deswegen hast du nicht gespielt.” Was die Intension Lorants hinter der Aktion gewesen ist, weiß Greilich bis heute nicht. “Keine Ahnung, ich habe ihn auch nie gefragt.”

Immerhin: Zu einem Einsatz für Deutschland reichte es dann doch noch - wenn auch nur für die Deutsche A2-Nationalmannschaft. Mit großen Namen wie Bernd Schneider und Ingo Hertzsch erkämpfte sich Deutschland am 28. März 2000 gegen die russische A-Auswahl ein respektables 4:4-Unentschieden. “Es war schon geil, den Adler auf der Brust zu tragen.”

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Nach dem Aus von Lorant kam Greilich, der von zahlreichen Verletzungen gebeutelt wurde, unter Neu-Coach Peter Pacult nicht mehr regelmäßig zum Einsatz. 2002 verließ er nach sieben Jahren schließlich die Löwen und wagte bei Omonia Nikosia ein Abenteuer auf Zypern. “Eine gute Erfahrung, wir sind Meister geworden.” Dennoch zog es in nach einem Jahr wieder nach Deutschland zurück, Greilich schloß sich dem Regionalligisten 1. FC Saarbrücken an. Für die Saarländer bestritt er allerdings nur drei Partien - das Knie spielte nicht mehr mit. Neben Saarbrücken, Sechzig und Nikosia lief Greilich zudem noch fünf Jahre für den 1. FSV Mainz 05 auf, ehe es ihn zu den Löwen zog. In Mainz traf er auch auf Jürgen Klopp, mit dem er bis heute ab und zu Kontakt hat. “Ein geiler Typ. Jürgen ist ein feiner Mensch. Einer der wenigen Leute, die sich nicht haben verbiegen lassen. Jürgen wäre in der Regionalliga genauso drauf wie bei Liverpool.”

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20 Jahre sind mittlerweile ins Land gezogen, seit Greilich die Löwen verließ. Die Entwicklung seines Ex-Vereins bereitet ihm Kummer. “Vierte oder Dritte Liga - das tut einfach weh. Es schmerzt, weil sich der Verein zu unserer Zeit in ganz anderen Gefilden bewegt hat.” Auch zur Stadion-Debatte hat der 51-Jährige eine klare Meinung: “Das Grünwalder Stadion kann auf lange Sicht nicht die Lösung sein - eine Sackgasse.”

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Nur zu sehr würde Greilich sich wünschen, dass das fünfte Drittligajahr der Löwen das letzte sein wird. Was es braucht, um aufzusteigen? “Die Mannschaft muss zeigen, dass sie sich weiterentwickelt hat. Mir fehlt manchmal diese Dreckssau-Mentalität im Team.” Trainer Michael Köllner müsse das Optimum aus seinen Spielern herauskitzeln, der Rest liege an Marcel Bär, Jesper Verlaat und Co. selber. “Das Team muss den Geist entwickeln, den es zum Aufstieg braucht.” Greilich hofft darauf, dass Köllner im dritten Anlauf der Sprung in Liga zwei gelingt. Es wäre der erste Schritt zurück in Sphären, in die der Löwe mit seiner Strahlkraft gehört.