VON OLIVER GRISS UND IMAGO

Wenn man den Körper von Jose Holebas sieht, dann mag man nicht glauben, dass der Ex-Löwe schon 38 Jahre alt ist. Durchtrainiert, kein Gramm Fett. Man sieht jede Faser seines Körpers. “Ich kann ohne Fußball nicht. Ohne Fußball ist es scheiße - das muss ich so deutlich sagen”, sagt der frühere griechische Nationalspieler in seinem unverkennbaren hessischen Dialekt am Donnerstagabend gegenüber db24: “Ich habe zu früh aufgehört. Mich jucken die Füße immer noch.” Was ihm allerdings überhaupt nicht fehlt: “Das Social Media-Gedöns der Spieler, diese ganzen Faxen. Das geht mir auf den Sack. Das gab’s ja früher auch nicht - und wir haben trotzdem überlebt (lacht)…”

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Nach seinem Schlußstrich unter die Profikarriere, die er im September 2021 mit 37 bei Olympiakos Piräus beendete, spielte er danach noch kurz in der hessischen Oberliga für Bayern Alzenau. Nach kurzer Zeit warf er aber wieder hin. Er fühlte sich unterfordert. Wenn nochmal was Interessantes kommt, will er darüber nachdenken: “Ich bin fit. Ohne Sport geht bei mir nichts.” Auf jeden Fall will er den Trainerschein machen. Seine erste Anfrage beim DFB wurde allerdings abgewiesen: “Warum, weiß ich nicht. Vielleicht, weil ich kein Bundesligaspieler war. Der Trainerbereich juckt mich. Ich will unbedingt mein Wissen weitergeben.”

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Holebas hat eine beachtliche internationale Karriere hingelegt, nachdem er 2010 die Löwen verlassen hat und in die große Fußballwelt aufgebrochen ist. Er wurde Nationalspieler seines Landes und nahm 2014 auch an der WM in Brasilien teil. Er gewann fünfmal mit Olympiakos Piräus die Meisterschaft in Griechenland. Er spielte 28mal in der Champions League - und auch in der Premier League für den Klub von Elton John, den FC Watford. Der Linksverteidiger machte 114 Spiele in der stärksten Liga der Welt und erzielte dabei fünf Tore. Er war eigentlich immer Stammkraft. Seine Leidenschaft und sein linker Fuß waren sein großes Markenzeichen.

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Von seiner Zeit in der Premier League schwärmt er noch heute. “Die beste Liga der Welt”, sagt Holebas ohne lange zu überlegen: “Ich will die Bundesliga nicht schlecht reden. Jede Liga hat ihre Stärken. Aber in England ist 95 Minuten Vollgas. Nonstop. Das fand ich geil, als ich in die Premier League gewechselt bin. Da hast du keine Zeit zu verschnaufen, auch wenn’s vielleicht nötig war. Das war Kick & Rush. Und in Deutschland ist viel Taktik, was ich auch gut finde. Aber Premier League ist Premier League - da will ja auch jeder hin. Mir braucht keiner erzählen, dass er da nicht spielen will. Und das Geld ist natürlich auch da. Das ist ein großer Vorteil. Selbst die kleinen Vereine zahlen da richtig gut.”

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Weil in England nicht die viel diskutierte 50+1-Regel existiert. “In der Premier League läuft das gut - auch die Fans arrangieren sich mit den Inhabern. Die sind froh, wenn ihr Verein gerettet wird. Da gibt es keinen Neid”, sagt Holebas, der aber auch die deutsche Bundesliga versteht, dass sie ihre Werte verteidigt. “Aber die Bundesliga braucht sich dann nicht zu beschweren, wenn die Premier League ihr den Rang abläuft. Ein Investor geht in Deutschland eben nicht rein, wenn er nicht die volle Macht hat. In England sind dagegen ohne 50+1 leichter große Transfers zu stemmen.”

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Die Löwen verfolgt Holebas auch heute noch - und natürlich weiß er, dass am Freitag sein Ex-Klub 1860 in Saalfelden auf Newcastle United trifft (14.30 Uhr, db24-Ticker). “Das ist einer der größten Vereine in England, ein absoluter Traditionsverein mit einem unglaublichen Potential. Zu meiner Zeit war Newcastle United immer im Mittelfeld der Tabelle. Für die Löwen ist das ein super Gegner.” Dass Löwen-Präsident Robert Reisinger das Testspiel boykottiert, kann Holebas laut eigenen Aussagen “nicht nachvollziehen. Wo ist das Problem? Es geht um Sport und nicht um Politik!”

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Holebas’ großer Wunsch ist, dass 1860 schnellstmöglich wieder in die Zweite Liga zurückkehrt. “Wir haben damals in der Zweiten Liga gespielt - und haben es nie wirklich geschafft, nach oben zu kommen. Es hat immer was für ganz oben gefehlt”, erinnert sich der Model-Athlet: “Bei mir persönlich hat’s auch länger gedauert, bis ich es begriffen habe, worum es geht. Ich habe das erst in Griechenland unter einem anderen Trainer kapiert. Ewald Lienen war für mich ein Top-Trainer. Der lebt Fußball von vorne bis hinten. Bei manchen Spielern kam das aber nicht wirklich an.”

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Wie bewertet er die Löwen? “Die aktuelle Mannschaft kenne ich nicht”, sagt Holebas, “aber in der letzten Saison habe ich ein paar Spiele in der Dritten Liga gesehen. Dass die Löwen die Spiele dominiert hätten, habe ich nicht gesehen. 1860 gehört nach oben. Von der Struktur, von den Fans her - das ist ja Wahnsinn, dass der Verein in der Dritten Liga spielen muss.” Holebas’ Einschätzung für den vierten Anlauf unter Michael Köllner: “Es wird nicht einfach unter den Bedingungen aufzusteigen, weil 1860 chronisch immer das Geld fehlt und auch kein eigenes Stadion hat…”

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