VON OLIVER GRISS

Einmal im Jahr betritt Robert Reisinger (58) die ganz große Bühne bei 1860, tritt ins Scheinwerferlicht. Alles dreht sich um ihn. Alles ist bis ins letzte Detail abgestimmt, damit seine Show auch ein großer Erfolg wird.

Reisinger lädt zur MV ins Zenith in München-Freimann - und nur ein paar hundert Mitglieder von rund 18.000 Stimmberechtigten werden sich in der großen Zenith-Halle verlaufen. Das liegt zum einen am ungünstigen Termin (die Profi-Mannschaft spielt fast zeitgleich den interessanten Härtetest gegen Borussia Mönchengladbach - und da zieht’s viele fußball-affine Mitglieder hin), zum anderen aber am feingeschliffenen “demokratischen” System der Giesinger. Eine Wahl gibt es laut Satzung nicht. Der Verwaltungsrat hat Reisinger als einzigen Kandidaten vorgeschlagen. Man lobt sich gegenseitig für die fetten Jahre des TSV seit dem Zwangsabstieg 2017 - und der frühere Fußball-Abteilungsleiter wird vermutlich am Tag seiner Bestätigung (wir rechnen mit mindestens 80 Prozent) auch wieder den Mitgliedern verkünden, dass man bei seinem image-trächtigen Herzensprojekt Turnhalle auf einem guten Weg sei, wie seit Jahren. In Wirklichkeit sind die Löwen mit der geplanten Umsetzung auf dem KGaA-Gelände an der Grünwalder Straße 114 keinen Schritt vorangekommen. 50+1 gilt hier nicht!

Fakten sind uns wichtiger als Worte…

Wenn sich Reisinger seine eigene Welt schafft, dann wird er richtig kreativ: Kritiker sind ihm ein Dorn im Auge. Mehrmals hat Reisinger behauptet, dass ich kein Journalist sei und deswegen nicht als Medienvertreter an der Mitgliederversammlung teilnehmen dürfe - dass ihm der Verband Deutscher Sportjournalisten schon im letzten Jahr das Gegenteil bewiesen hat, juckt das Vereins-Oberhaupt des Fußball-Drittligisten nicht. Reisinger kennt meine Vita ganz genau. Nachzulesen im Internet.

Ekkehardt Krebs, der Geschäftsstellenleiter des e.V., schrieb mir zu diesem Fall eine E-Mail: “Sehr geehrter Herr Griss, bei der Mitgliederversammlung handelt es sich um eine geschlossene Veranstaltung, bei der der e.V. frei bestimmen kann, welche Medien er dazu einlädt. Blogger und Influencer, sowie einen Liveticker aus der MV werden vom e. V. nicht genehmigt.” Krebs räumt aber ein, dass mein Mitarbeiter Marco Blanco Ucles und ich die Veranstaltung als Mitglieder besuchen können. Krebs: “Das ist Ihr gutes Recht.” Die e.V.-Löwen suchen sich die Reporter aus. Kritische Mitglieder, die ihren Unmut öffentlich äußern, werden kontaktiert. Wie db24-Leser Eduard Bauer aus Kochel am See (siehe heutiges eigenes Interview) - oder die Ex-Funktionäre Peter Cassalette und Christina Jodlbauer. Das sind keine Einzelfälle.

Dass unter Reisinger andere Gesetze beim TSV gelten, hat der e.V. im vergangenen Jahr eindrucksvoll bewiesen: Als bei der Mitgliederversammlung im vergangenen Jahr der von uns geschätzte ehemalige Sicherheitschef Toni Sontheimer für seine Verdienste bei 1860 geehrt wurde, benutzten die Löwen ohne Genehmigung ein exklusives db24-Bild des in Unterhaching lebenden Sontheimer.

Die e.V.-Löwen werden sich sagen: Was interessiert uns diese Urheberrechtsverletzung? Wir sind Giesinger! Wir regieren die Löwen-Welt nach unserem Gusto! Auf mehrere Emails, warum der Verein ein Bild von db24 klaut, hat der TSV trotz Aufforderung nicht reagiert.

In diesem Sinne: Glückwunsch zu Ihrer Bestätigung, Herr Präsident! Sie können richtig stolz sein! Und wir sind natürlich gespannt, ob sie Ihre Ankündigung nach mehr Demokratie bei 1860 mit einem Gegenkandidaten für die Zukunft wahrmachen…

Oliver Griss