VON MARCO BLANCO UCLES UND STEFAN MATZKE (FOTO)

Die Löwen sind zurück aus Windischgarsten. Gegen 16 Uhr dockte die Köllner-Elf an der Grünwalder Straße 114 an…

Einer wird das sechstägige Trainingslager in Oberösterreich bestimmt in besonderer Erinnerung behalten: Neuzugang Martin Kobylanski.

Lange bevor Michael Köllner die Mannschaft zum täglichen Vormittagstraining bat, schuftete der 28-Jährige fast jeden Tag um 7 Uhr morgens mit Athletiktrainer Jörg Mikoleit an seiner Fitness. Um den Rückstand aufzuholen, den er als Dauer-Joker bei Zweitliga-Aufsteiger Eintracht Braunschweig (nur 704 Minuten in 28 Partien - zwei Tore, sieben Vorlagen) in der letzten Saison angesammelt hat.

In der vergangenen Spielzeit kam Kobylanski kaum zum Einsatz, verlor an Substanz. Für die Mission Zweite Liga benötigen die Löwen den Polen jedoch in Topform - das sieht er selbst genauso. Der Zehner hat sich die Zusatzschichten nämlich selbst verschrieben. Und wer Kobylanski in den letzten Wochen beobachtet hat, merkt: Das Training hat sich gelohnt. Kobylanski wirkt schmaler im Gesicht, fitter und spritziger auf dem Platz. Nach db24-Informationen hat er bereits drei bis vier Kilo abgenommen.

Die Marschroute der Sechzger in der kommenden Saison ist klar: Das fünfte Jahr in Liga 3 soll das letzte sein - der Löwe will endlich hoch. Kobylanski ist einer, der weiß, wie es geht. 2020 und 2022 stieg er mit Braunschweig jeweils in die Zweite Liga auf.

Seiner neuen Mannschaft traut er diesen Sprung ebenfalls zu. “Wir haben eine richtig, richtig gute Mannschaft”, sagte er im Trainingslager: “Jetzt liegt es an uns, was wir daraus machen. Ein guter Start in die Saison kann entscheidend sein. Wenn wir ins Rollen kommen, ist vieles möglich. Man merkt, dass sich der ganze Verein danach sehnt.” Zu Beginn wartet mit Dynamo Dresden (23. Juli) direkt ein echter Prüfstein auf Kobylanski und Co.: “Ein absoluter Kracher. Wir müssen es schaffen, bei der lauten Atmosphäre dort zu bestehen.”

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Apropos laute Atmosphäre. Ein gewichtiger Grund für seinen Wechsel war die Anhängerschaft der Münchner Löwen: “Es gibt in der Dritten Liga kaum einen Verein mit einer solch großen Strahlkraft wie Sechzig. Die Fanbase hier war ein entscheidender Faktor für meinen Wechsel.” Kobylanski ist froh darüber, künftig mit einem besseren Gefühl das Grünwalder Stadion zu betreten: “Es war immer unangenehm hier zu spielen. Ich bin froh, dass mich die Fans in Zukunft nicht auspfeifen, sondern meinen Namen schreien werden.”

Auch sein Kumpel Marcel Bär, mit dem er einst in Braunschweig spielte, erzählte Kobylanski begeistert von der Stimmung auf Giesings Höhen. Dass sich Kobylanski vor seiner Zusage eine Meinung seines alten Weggefährten einholte, sei sogar explizit der Wunsch von Köllner gewesen. “Cello (Bär, d. Red.) hat mir mein gutes Gefühl nochmal bestätigt. Außerdem meinte er, dass wir mit mir einen Spieler bekommen würden, der weiß, wie man aufsteigt.” Nicht nur in sportlicher Hinsicht stehen sich die beiden Offensivspezialisten nahe. “Unsere Frauen verstehen sich richtig gut, haben viel zusammen unternommen in Braunschweig. Meine Frau freut sich sehr auf die Zeit in München.” Kobylanskis Frau Patricia wird mitsamt der gemeinsamen Tochter - eineinhalb Jahre alt - bereits ab kommender Woche in der frisch bezogenen Wohnung in Taufkirchen leben.

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Eingerichtet wurde die Wohnung von Kobylanskis Eltern - während der Sohn mit den Löwen in Windischgarsten schuftete. Papa Andrzej Kobylanski (51) war früher ebenfalls Fußballprofi. Er lief in Deutschland unter anderem für den 1. FC Köln, Hannover 96 sowie Energie Cottbus auf und brachte es dabei auf 88 Bundesligaspiele (acht Tore). Klar, dass der Vater für den Neu-Münchner ein wichtiger Ansprechpartner in seiner Karriere ist: “Am Ende ist das Wort meines Vaters für mich wichtiger als das meines Beraters. Er hat mir zu Sechzig geraten - gesagt, dass es ein super Verein ist.” Auch wenn Kobylanski an die Bundesliga-Einsätze seines Vaters nicht rankommt, durfte auch er bereits Erfahrungen im Fußball-Oberhaus sammeln. In der Saison 2013/2014 kam er achtmal für Werder Bremen in der Bundesliga zum Einsatz.

Achtmal im Oberhaus, 47 Einsätze in der Zweiten Liga sowie 165 Spiele in der Dritten Liga. Kobylanski hat in seiner Karriere bereits vieles erlebt und möchte deshalb Verantwortung bei den Löwen übernehmen. “Ich bin jemand, der auch laut werden kann auf dem Platz und in der Kabine. Genauso lasse ich mir auch gerne Dinge sagen - eine gesunde Mischung ist wichtig.”

Wer Kobylanski in Windischgarsten beobachtete, bekam genau das zu sehen: Der Mittelfeldmann gab Kommandos im Training, zeigte Präsenz auf dem Platz. Eigenschaften, die in der Dritten Liga wichtig sind - gerade in Stadien wie Dresden oder Aue. “Ich mag das, wenn Druck da ist. Es gefällt mir, die Mannschaft wieder in die Spur zu bringen, wenn es mal nicht so läuft.” Worte, die Köllner - “Kobylanski besitzt außergewöhnliche Fähigkeiten am Ball” - von seiner neuen Nummer Zehn gerne hören wird. Neben seinen spielerischen Qualitäten baut der Oberpfälzer besonders auf die gefährlichen Standards seines Neuzugangs. Auch seine berühmt-berüchtigten ruhenden Bälle trainierte Kobylanski in Österreich fleißig. Man darf gespannt sein, was die Sonderschichten - mit und ohne Ball - in Windischgarsten gebracht haben.

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