VON OLIVER GRISS, WEREK, LINDENTHALER UND ORKY HAIST (ALLE IMAGO)

Bei den Löwen sind sie seit einiger Zeit immer wieder kreativ, um neue Geldquellen zu erschließen. Vor dem Drittliga-Hit gegen den VfL Osnabrück (Samstag, 14.03 Uhr, db24-Ticker) bietet der TSV 1860 sogar eine neue prominente Highlight-LED-Eckwerbebande an, also auch vor der legendären Westkurve, Marc-Nicolai Pfeifer, kaufmännischer Geschäftsführer der Löwen, schrieb dazu jüngst auf seinem LinkedIn-Kanal: “Aufgepasst: Der TSV 1860 bietet Ihnen zum nächsten Heimspiel gegen Osnabrück die Möglichkeit, sich hautnah an unserer Löwen-Mannschaft zu präsentieren. Nutzen Sie die TV-relevante LED-Highlight-Eckbande, um Ihre Botschaft im emotionalen Umfeld des TSV 1860 zu kommunizieren. Profitieren Sie hierbei von der reichweitenstarken Live-Übertragung im BR Fernsehen und auf Magenta Sport und seien Sie dabei, wenn mindestens 250.000-300.000 Zuschauer unseren Löwen an den Fernsehgeräten die Daumen drücken.”

Der umtriebige Pfeifer und sein Team versuchen alles, um mehr Erlöse für die Löwen zu generieren. Aber so einfach ist das nicht: Denn das Grünwalder Stadion bietet für die aktuelle reine Miete (rund 500.000 Euro) zwar Heimatgefühle, Fußball im Kneipenbereich und Nostalgie pur, aber eben nicht finanzielle Effizienz, die 1860 eigentlich bräuchte, um in der Dritten Liga den nächsten Schritt zu gehen, anstatt die Mehrerlöse einsetzen zu müssen, um marktunübliche Effekte auszugleichen.

Der Grund: Der TSV 1860 München in einer finanziellen Sackgasse. Die Faktoren: Die fehlende elektronische Anzeigetafel, die Nichterlöse im Cateringbereich (rund 350.000 Euro - die Landeshauptstadt hat die Rechte an die Schörghuber Unternehmensgruppe und diese an Stiftl vergeben), die Mehrkosten für die Werbefreiheit im Stadion und für die mangelnde Stromversorgung (rund 125.000 Euro – Miete für Akkus, Auf- & Abbau sowie Transport der Werbebanden, auch weil keine Lagerflächen) und natürlich die MVG-Mehrkosten im Ligavergleich von rund 250.000 Euro, die seinerzeit von Interims-Geschäftsführer Markus Fauser abgesegnet wurden. Zudem muss 1860 nach db24-Informationen rund 80.000 Euro für die Miete für den VIP-Bereich (SechzgerAlm am Trainingsgelände) zusätzlich leisten, um seine VIP-Gäste verköstigen zu können. Durch diese Faktoren kann der TSV 1860 München im Ligavergleich insgesamt rund 1,5 Millionen Euro weniger einspielen als die anderen Drittliga-Vereine - und in dieser Rechnung ist noch nicht mal die Möglichkeit eingerechnet, dass die Löwen an den Vermarktung der Namensrechte für das Stadion theoretisch partizipieren könnten.

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Die Löwen im klaren Wettbewerbsnachteil. Kurzum: Das altehrwürdige Grünwalder Stadion ist zwar in der Dritten Liga wirtschaftlicher als die Allianz Arena (rund 1,5 Millionen Euro mehr Mietaufwand) und das Olympiastadion (hohe Betriebskosten und Exklusivverträge mit Caterer Do & Co und Security), aber dennoch nimmt der aktuelle Stadion-Mietvertrag den Löwen die Luft zum Atmen. Kann man sich auf eine kurzfristige Mietreduktion einigen, damit 1860 eine Perspektive bekommt? An den Eintrittspreisen können die Löwen eigentlich nicht mehr schrauben. In diesem Bereich ist man auf Bundesliga-Niveau.

Und warum soll in einem umgebauten Grünwalder Stadion plötzlich alles besser werden? Genau deshalb haben die Löwen zuletzt die Planspiele der Stadt München - zur großen Verwunderung der Politiker – mit klarer Haltung relativiert, und erklärt keinen langfristigen Stadion-Vertrag unterschreiben zu können, wenn das Stadion nicht die Lizenzkriterien für alle Ligen erfüllt. Wohlwissend, dass neben der fehlenden Bundesliga-Tauglichkeit in Giesing auch der Mietzins nochmal deutlich angehoben werden würde. Das von Seiten der Stadt angestrebte Marktmiet-Modell erfordert zwar nicht, die veranschlagten Umbaukosten von rund 77 Millionen Euro auf die Miete umzulegen und dennoch ist eine signifikante Mieterhöhung zu erwarten, auch um dieses kostspielige Projekt vor den Steuerzahlern zu verteidigen.

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Die große Frage: Kehren Stadt und 1860 nochmal an den Verhandlungstisch zurück? Es soll zwar Signale aus dem Rathaus für neue Gespräche geben, aber passiert ist nach db24-Informationen bislang noch nichts. Münchens OB Dieter Reiter hat die Stadion-Posse ums Sechzger schon vor langer Zeit an Sport-Bürgermeisterin Verena Dietl abgegeben. Auf der SPD-Politikerin, die einst im Verwaltungsrat des TSV 1860 saß und als absolute Giesing-Liebhaberin bekannt ist, lastet jetzt der ganze Druck, eine gute Lösung für die angebliche Sportstadt München zu finden, mit der beide Seiten leben können. Liebt man die Löwen wirklich oder sind sie im Schatten des FC Bayern nur ein lästiger Stadtteilverein?

In Dietls Bewerbungsbogen 2018 für den 1860-Verwaltungsrat schrieb sie zum Punkt “Interessen”: “Herzensangelegenheit: Erhalt, Ertüchtigung und maximale Zuschauerkapazität des Grünwalder Stadions.” Ihr Versprechen damals: “Beitrag dazu leisten, dass der Verein sich weiterentwickeln kann und sportlich erfolgreich ist.” Jetzt kann Dietl beweisen, dass ihre Worte nicht nur reine Seifenblasen waren.