VON OLIVER GRISS UND STEFAN KUTTNER (IMAGO)

Ob jemals die Bagger am Grünwalder Stadion anrollen, ist weiter Zukunftsmusik. Was neu ist: Der Sportausschuss der Stadt München hat am Mittwoch beschlossen, die Planungen zum Ausbau des Grünwalder Stadions weiter voranzutreiben. Das Projekt soll über 77 Millionen Euro verschlingen - bundesliga-tauglich wird die Kultstätte trotz der geplanten hohen Investitionen nicht. Die Presseerkärung der Stadt München im Wortlaut:

Der Sportausschuss des Stadtrats hat in seiner heutigen Sitzung beschlossen, die Planungen zum Ausbau des Städtischen Stadions an der Grünwalder Straße weiter voranzutreiben. Der angestrebte Planungsansatz ist der sogenannte „Erweiterungsansatz mit geschlossenen Ecken“. Dieser zielt neben der qualitativen Verbesserung der baulichen Situation für einen wirtschaftlichen und nachhaltig sinnvollen Spiel- und Veranstaltungsbetrieb auf eine maximale Kapazitätserweiterung auf 18.105 Zuschauerplätze ab und soll die Stadionvorgaben für eine Lizenzierung bis zur 2. Bundesliga erfüllen. Zudem soll das Stadion eine umschließende Überdachung aller Zuschauerbereiche erhalten und so für einen verbesserten Anwohnerschutz sorgen.

Der Erweiterungsansatz beinhaltet den Neubau einer erweiterten Haupttribüne auf der südlichen Stadionseite, der sich bis in den Bereich der Westkurve erstreckt. Diese wird anteilig zurückgebaut. Für die Westkurve wird eine Überdachung vorgesehen und die Nordtribüne um zwei Hospitality-Ebenen erweitert. Die Osttribüne wird auch mit einem neuen Oberrang erweitert und erhält genauso eine Überdachung. Im Bereich Block Q erfolgt ein Teilrückbau, der durch einen tieferen Tribünenneubau unter Einbindung des bestehenden VIP-Raumes kompensiert wird. Außerdem wird das Spielfeld Richtung Norden verschoben. Um den Anforderungen zur Verbesserung der Fanströme außerhalb des Stadions zu entsprechen, werden die Eingänge im Süden und Osten neu organisiert und in der Folge auch der Behördenhof mit Erweiterung der Polizeiwache und neuer Anbindung der Leitstelle.

Nie wieder Bundesliga im Grünwalder Stadion: Soll sich 1860 bei einem Umbau verpflichten, für Jahre dort zu spielen?

Umfrage endete am 13.04.2022 09:00 Uhr
Nein!
78% (3554)
Ja!
22% (1021)

Teilnehmer: 4575

Ein wichtiger Aspekt ist die Verbesserung des Anwohnerschutzes am Städtischen Stadion an der Grünwalder Straße. Zur weiteren Reduzierung der Lärmemissionen für die Nachbarschaft wurde der Planungsansatz einer kompletten Überdachung mit geschlossenen Ecken untersucht. Dadurch könnten Emissionen deutlich gemindert werden, insbesondere an der südlich und östlich gelegenen Bebauung. Zudem sollen auch die Lichtemissionen für die Anwohnerinnen und die Umwelt reduziert werden. Bereits 2021 wurde mit einer neuen Flutlichtanlage mit LED-Technik eine deutliche Verbesserung hinsichtlich des Immissionsschutzes erzielt. Nach derzeitiger Erkenntnis ist bei der geplanten Ertüchtigung die Flutlichtanlage grundlegend umzugestalten. Um eine gleichmäßige Ausleuchtung zu erhalten und die Lichtimmissionen für die Anwohnerinnen zu reduzieren, wird entweder eine Reduzierung der Masthöhen oder eine vollständige Neukonzeption mit einer integrierten Lösung an den Dachrändern erforderlich werden. Dazu soll die Lichtenergie verringert, die Blendung durch optimierte Einstrahlwinkel reduziert und die Beleuchtungsqualität im Gesamten verbessert werden.

Weil das Olympiastadion während einer möglichen Ertüchtigung des Städtischen Stadions an der Grünwalder Straße das einzige städtische Ausweichstadion bleibt, das die Voraussetzungen für den Spielbetrieb in höheren Fußball-Ligen ermöglicht, muss eine Synchronisierung der Baumaßnahmen mit dem Umbau des Olympiastadions erfolgen. Die Sanierung des Olympiastadions ist ab Oktober 2022 bis Juni 2026 vorgesehen. Hierbei kommt es voraussichtlich zu einer Komplettschließung des Olympiastadions von Oktober 2024 bis Juni 2026. Daher wäre die Ertüchtigung des Städtischen Stadions an der Grünwalder Straße zeitlich nachgelagert durchzuführen und könnte erst mit Fertigstellung der Baumaßnahmen im Olympiastadion erfolgen.

Für die oben beschriebene Ertüchtigung des Städtischen Stadions an der Grünwalder Straße wird nach aktuellem Planungsstand mit Kosten von 77 Millionen Euro gerechnet. Das entspricht umgerechnet ca. 5.720 Euro je Sitzplatz. Als Referenzobjekte können zwölf deutsche Fußballstadien herangezogen werden, Neubauten wie auch Sanierungen, die in den letzten Jahren realisiert wurden. Die Kostenkennwerte dafür lagen im Bereich von 3.360 bis 6.490 Euro je Sitzplatz. Damit liegt die Ertüchtigung im vergleichbaren Rahmen dieser Projekte. In Wahrnehmung ihrer Vorbildfunktion strebt die Landeshauptstadt München an, den stadteigenen Gebäudebestand auf Grundlage eines für die Landeshauptstadt München definierten Niedrigenergiestandards (Berücksichtigung der Klimarelevanz der Baustoffe, Einsatz von erneuerbaren Energieträgern und Fernwärme, mehr Grün- und Biodiversität) möglichst klimaneutral zu gestalten und zu betreiben.

Grundlage für eine Investition in das Städtische Stadion an der Grünwalder Straße ist ein klares Bekenntnis der das Stadion nutzenden Vereine (derzeit TSV München von 1860, FC Bayern München II und Türkgücü München) zum langfristigen Spielbetrieb im Stadion, verbunden mit der verbindlichen Zusage, für Nutzungen des Profisports marktübliche Entgelte (einschließlich der Betriebs- und Nebenkosten) zu bezahlen. Zusätzlich sind die gastronomischen Einrichtungen und Werbeeinnahmen der Landeshauptstadt München zu berücksichtigen.

Die Kosten- bzw. Amortisationsmiete verfolgt den Ansatz, dass neben den laufenden Neben- und Betriebskosten alle Kosten, die im Rahmen der durchzuführenden Stadionertüchtigung anfallen würden, anschließend auf die Vereine umgelegt werden. Dabei würde sich nach heutigem Sachstand wohl eine Miete errechnen, die deutlich oberhalb einer Marktmiete im Sinne einer Verkehrswertmiete liegen würde.

Die Verkehrswert- bzw. Marktmietenermittlung folgt dem Ansatz, das Stadion in seinem nach der Ertüchtigung befindlichen Zustand zu betrachten, losgelöst von der Frage, wie viele Kosten aufgewendet wurden. Dazu werden die Nachfragesituation und wirtschaftliche Angemessenheit betrachtet. Nach exakter Abklärung der Rahmenbedingungen (Einnahmemöglichkeiten aus Werbungen, Ausgestaltung der Gastronomieverträge) kann auf dieser Basis eine marktübliche Miete errechnet werden. Dabei werden Vergleiche mit anderen Stadien auch eine Rolle spielen, wie die Sondersituation, dass sich drei Vereine ein Stadion teilen müssen.

Bürgermeisterin Verena Dietl: „Es freut mich, dass der Stadtrat die weiteren Planungen zur Ertüchtigung befürwortet und wir somit einen großen Schritt vorankommen. Unser Ziel ist es, das ehrwürdige Stadion in Giesing zu einem modernen und zeitgemäßen Spielort zu ertüchtigen, der für unsere Vereine nicht nur Basis für fußballerischen Erfolg, sondern auch sportliche Heimat ist. Das anvisierte Konzept sorgt für eine wichtige Verbesserung zum Schutz der Anwohner/innen und bietet eine gute Basis für die Abstimmung mit den Vereinen hinsichtlich einer langfristigen Spielperspektive in Giesing. Hierfür ist neben dem vorgesehenen VIP- und Hospitality-Bereich vor allem die Kapazitätserweiterung auf die maximal möglichen 18.105 Zuschauerplätze essenziell.“

Sportreferent Florian Kraus: „Mich freut es besonders, dass die Anliegen der Anwohnerinnen und Anwohner in den Planungen berücksichtigt wurden. Der Erweiterungsansatz mit der umschließenden Überdachung aller Zuschauerbereiche ist zeitgemäß und wird auch den Lärmschutz rund um das Stadion deutlich verbessern. Auch die Lichtemissionen werden durch die Neugestaltung der Flutlichtanlage weniger werden.“