VON OLIVER GRISS UND HORSTMÜLLER (IMAGO)

Nach dem Konkurs von Türkgücü im laufenden Spielbetrieb der Dritten Liga bläst dem DFB seit der Entscheidung ein starker Wind ins Gesicht. Kritik gibt’s von vielen Seiten. Auch der fußball-affine Insolvenzverwalter Dr. Gregor Reiter aus der Oberhausener Kanzlei Dr. Reiter & Dr. Kemmeries spart gegenüber dem “kicker” nicht mit deutlichen Worten und richtet nach der jüngsten Insolvenz der Münchner einen klaren Vorwurf an den Verband: “Im Kern muss man festhalten, dass der DFB bei der Lizenzerteilung stets und mit wachsender Sicherheit versagt. Die Lizenzverhandlungen, die ich selbst erlebt habe, dienten aus meiner Sicht nicht der ernsthaften Prüfung von wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Allein die Tatsache, dass der DFB ‘versprochene Liquidität’ akzeptiert, ohne die Hintergründe des Versprechenden zu prüfen, zeigt wie sinnentleert das Lizenzverfahren ist”, kritisiert Reiter.

Der frühere Geschäftsführer der deutschen Fußballvermittler-Vereinigung DFVV wird noch deutlicher und prangert das System in der Dritten Liga an: “Die 3. Liga ist eigentlich eine wirtschaftliche Katastrophe, die keiner - außer dem DFB - will, weshalb es des Sonderrechts bedarf. Der DFB wiegt aber dadurch die Verantwortlichen in den Klubs in einer falschen Sicherheit. Diese glauben, dass sie ihren Pflichten nachkommen, wenn sie das liefern, was der DFB verlangt. Kommt dann der Insolvenzverwalter, dann kommt das böse Erwachen, weil die DFB-Unterlagen völlig zu unzureichend sind und die Verantwortlichen plötzlich persönlich haften. Hier trifft den DFB eine Verantwortung gegenüber den im Verein Tätigen. Würde man übliche Bewertungsgrundsätze anwenden, dann würden wir deutlich mehr der Drittligapleiten erleben. Die Anzahl der Insolvenzen ist bereits unter Anwendung des Sonderrechts hoch. Denken Sie an Aachen, Krefeld, Erfurt, Kaiserslautern, Türkgücü.”

Reiters Vorschlag: Die Abschaffung der Dritten Liga!

“Es wäre richtiger, die 3. Liga abzuschaffen und auf Ebenen der Regionalligen zu differenzieren, etwa in Nord, Süd, West und Ost, wie man das früher in der dritthöchsten Spielklasse getan hat. Das würde für die einzelnen Vereine weniger Kosten bedeuten bei gleichzeitiger höherer Attraktivität der Spiele”, erklärte Reiter: “Am Ende könnten dann Playoffs um den Aufstieg in die 2. Bundesliga stehen, ähnlich wie es in England bereits der Fall ist. Das Problem ist, dass der DFB in seiner jetzigen Struktur mit der Führung einer Liga unter betriebswirtschaftlichen Grundsätzen schlicht überfordert ist. Es mangelt an Profis in der Zentrale, denen es um die Sache geht, und nicht um die persönliche Eitelkeit einer eigenen DFB-Liga.”