VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Zuletzt wollte Verwaltungsrat Sebastian Seeböck eine Meinung zu Ex-Präsident Karl-Heinz Wildmoser, der den Verein von der Bayernliga in den Europapokal führte, loswerden. Angesprochen auf die fehlende Turnhalle sagte Seeböck gegenüber der “SZ”: “Karl-Heinz Wildmoser hat sicher sehr stark polarisiert und schwere Fehler begangen, aber man darf auch nicht vergessen: Er hat damals nicht alleine entschieden, das ist ein gemeinschaftlicher riesengroßer Fehler des Vereins gewesen. Jetzt geht es darum, diesen Riesenfehler der Vergangenheit wiedergutzumachen.”

Was die neue Löwen-Generation nicht wissen kann: 1860 musste wegen der Kirch-Krise die Turnhallen-Grube am Trainingsgelände wieder zuschütten - und nicht, weil Wildmoser kein Interesse an dem Projekt hatte. Es fehlte einfach das Geld.

Heute vor 18 Jahren, am 15. März 2004, trat Wildmoser übrigens in Folge des Arena-Skandals zurück - auch auf Druck des damaligen OB Christian Ude und des FC Bayern. An diesem historischen Datum begann der qualvolle Absturz des TSV. Uli Hoeneß, damals Manager beim FC Bayern, sagte: “Solange die Vorwürfe gegen Herrn Wildmoser bestehen, werden wir uns mit ihm nicht mehr an einen Tisch setzen, dafür ist zu viel vorgefallen.” Einer seiner Mitstreiter von damals sagt heute: “Das war alles so geplant, um 1860 zu schaden. Denn 1860 ohne Wildmoser ist schwach. Er hat mit seinen Leuten eine der besten Adressen im Jugendfußball in Deutschland aufgebaut und den Verein wieder populär gemacht.”

Wildmosers Rückzug war ein Tag der Schande: Der Großgastronom wurde an der Grünwalder Straße 114 unter dem Jubel einer pöbelnden (organisierten) Minderheit beleidigt und beschimpft. Einer dieser sogenannten Löwen-“Fans” urinierte am Trainingsgelände sogar an Wildmosers Auto. Die Polizei schaute teilnahmslos zu.

Nachdem Wildmoser unter dem Schutz der Security zum letzten Mal in seinem Leben von der Geschäftsstelle davonbrauste, sagte er: „1860 ist mir ans Herz gewachsen, aber wenn man zwölf Jahre lang permanent beschimpft und dumm angemacht wird, dann geht einem das irgendwann auf den Geist. In sechs Wochen kriege ich die Rente, die will ich genießen.” Sechs Jahre später starb Wildmoser im Alter von 71. Viel zu früh. Er zerbrach an 1860. Auch die von einer Minderheit geführte Stadion-Politik rieb ihn auf.

Für die einen war das Wildmoser-Aus eine Befreiung, die anderen wussten: Das erfolgreiche 1860 wird es nicht mehr geben. Der Tiefpunkt: Weil der TSV 1860 im Jahr 2011 vor der Insolvenz stand, musste ein ausländischer Investor den klammen Verein vor dem Gang zum Amtsgericht retten. Sein Name: Hasan Ismaik.

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Wildmoser fährt von der Grünwalder Straße - links hinter dem Audi: Der damalige AZ-Reporter Griss

Mit seinen Millionen half der Jordanier den Löwen. Doch die wussten mit seiner finanziellen Unterstützung nichts anzufangen. Als Ismaik in der Saison 2016/2017 kurzzeitig das Zepter übernahm und Millionen investierte, stieg der Verein mit Vitor Pereira und Ian Ayre sportlich aus der Zweiten Liga ab. Bereits in den Jahren zuvor war der Verein mehrmals knapp dem Abstieg in die Dritte Liga entgangen.

Was viele nicht wahrhaben wollen: Kein Präsident nach Wildmoser schaffte es, den TSV nur ansatzweise so zu führen, wie es der Klub eigentlich verdient hat. Seit 2017 versucht sich Robert Reisinger. Eine richtige Perspektive hat der Traditionsverein nicht.