VON OLIVER GRISS

Die Aussage von Günther Gorenzel ist verbrieft. Nach der Schließung des Transferfensters vor zwei Wochen, als er trotz diverser Langzeitausfälle und dem Abschied von Torjäger Sascha Mölders die Nichtaufrüstung der Mannschaft verteidigte, sagte der Österreicher voller Überzeugung: “Wir haben einen absolut wettbewerbsfähigen Kader.”

Was der Sport-Geschäftsführer bei seiner Analyse allerdings vergaß - und das ist von entscheidender Bedeutung: Natürlich, die erste Elf gehört zu den Top-Teams der Liga. Das ist unbestritten. Das beweisen auch die 14 Punkte aus den letzten sechs Spielen. Doch zur ganzen Wahrheit gehört leider auch: Wenn den Löwen in schöner Regelmässigkeit ab der 60. Minute der Dampf ausgeht, dann können sie kaum mehr dagegenhalten. Die Löwen torkeln dann wie ein angeschlagener Boxer im Ring.

Cheftrainer Michael Köllner versucht dann, mit Einwechslungen den Trend zu stoppen - doch das Gegenteil ist der Fall: Die Löwen werden mit jedem Wechsel schwächer. In der Schlußphase wurden am vergangenen Wochenende bei der ärgerlichen Punkteteilung u.a. Kevin Goden, Merv Biankadi und Tim Linsbichler eingewechselt.

Zur Erinnerung: Biankadi hatte zwar kurz vor dem 1:1 das 2:0 auf dem Fuß, doch seine pomadige Körpersprache war der Situation erneut nicht angepasst - wie auch schon eine Woche zuvor beim 2:2 gegen Braunschweig. Und der Ex-Nürnberger Goden träumte bei seinem Comeback beim folgenschweren Ausgleichstreffer, als er nach seinem tollen Flankenlauf nicht schnell genug zurück gekommen war und Meppen so das 1:1 ermöglicht hat. Auch Linsbichler konnte sich bei seinem 14-Minuten-Einsatz gegen den körperbetonten Meppener Männerfußball nicht wehren. Fast jeder Ball war weg. Das sind die Fakten.

Keine Bank, kein Aufstieg?

Karlsruhe, Braunschweig und Meppen - es ist immer das selbe Muster in den letzten Wochen: 1860 fängt stark an und lässt dann aber auch stark nach. Der nicht mehr wegdiskutiertbare Substanzverlust kostet nicht nur Geld, sondern auch entscheidende Punkte im Aufstiegskampf. Das ist kein Zufall mehr. Natürlich, noch ist alles möglich, doch der Trend ist alarmierend. Wirft 1860 (wie auch in den Vorjahren) wieder den möglichen Aufstieg weg - und nur deshalb, weil man die Kaderbreite überschätzte?

Köllner hat jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder bringt er seine Mannschaft so weit, dass sie geschlossen 90 Minuten durchspielen kann und das Ergebnis bei Führung verwalten kann (Kondition!), oder er erinnert die Reservisten mal an ihre Job Description.