VON OLIVER GRISS

Die Löwen nach dem Jahreswechsel in Belek - gefühlt ist es mein 106. Trainingslager mit dem TSV 1860. Als Drittligist war der Löwe aber noch nie in der Türkei. Es ist auch ein Deja-vu. Im Januar 2004 stieg der Traditionsklub aus München-Giesing ein paar Kilometer weiter südlich in Alanya ab - unvergessene Tage, weil es zum einen im 1860-Mannschaftshotel richtig zapfig war, die Spieler in den ersten zwei Nächten in Wärmejacken schlafen mussten und zum anderen es das letzte Trainingslager als Erstligist war. Monate später stieg der Löwe nach zehn Jahren aus der Beletage des deutschen Fußballs ab.

Aber jetzt zum eigentlichen Thema: Waren Sie schon mal in einem All-inklusiv-plus-Hotel? Das ist an der türkischen Riviera groß in Mode, aber absolut nicht mein Ding! Rund-um-die-Uhr-Verköstigung für Betrag X im 1860-Quartier Sueno Deluxe - Hungern und Dursten? Gibt’s nicht! Vor allem für die süßen Leckereien ist die Türkei bekannt - und das zeigt sich auch am farbenreichen und reichhaltigen Büffet: Pudding in den verschiedensten Sorten, kandierte Äpfel, geschnittenes Obst. Und eh klar, Eis. Alles, was das Herz begehrt…

Ein Spezl sagte unlängst zu mir: “Nachdem Sascha Mölders ja jetzt weg ist, bist du wieder die einzige Wampe von Giesing.” Eh klar. Die imaginären Alarmzeichen gehen beim Vorbeischlendern im Nachspeisen-Bereich sofort wieder an. Finger weg! Mit der Selbstdisziplin ist es im Alter sowieso nicht mehr so einfach. Selbst beim Anschauen nimmt man hier gefühlt ein Kilo zu. Abhilfe könnte der Fitnessraum schaffen. Ich habe meine Sportklamotten zwar dabei, aber ob ich sie benutzen werde? Eher fraglich. Zumindest war ich nach dem zweiten Tag schon einmal in der Sauna. Für das gute Gewissen, damit die Silvester-Vorsätze nicht gleich wieder verfliegen. Aber ehrlich? Der Bademantel hat aber irgendwie schön gespannt. Ich bin mir kurzzeitig vorgekommen wie King-Kong. War das vielleicht doch die Frauen-Kollektion, die in meinem Zimmer hängt? Ich frag an der Rezeption lieber nicht nach. Ich will mir diese Peinlichkeit ersparen.

Leicht wird es in den nächsten Tagen nicht, den Verlockungen in Belek zu widerstehen. Der Vollservice im Sueno Deluxe, der eher an eine Massenabfertigung in einer großen Fabrikhalle als an Erholung erinnert, geht sogar so weit, dass die überaus freundlichen Kellner am Ende unaufgefordert dem Journalisten-Tisch auf einem Tablett eine Runde Jägermeister servieren. Ja, da ist der Moment, um mal “Nein, danke!” zu sagen. Und abzulehnen ist bei diesem Fullservice in Belek gar nicht so einfach, aber für mich als Anti-Alkoholiker selbstverständlich.

Auf kalorienreiche Tage.