VON OLIVER GRISS

Die jüngsten Aussagen von 1860-Boss Robert Reisinger im “Münchner Merkur” in der Stadion-Debatte ums Grünwalder irritieren ein wenig…

Nachdem sich OB Dieter Reiter zuletzt deutlich genervt zeigte und die Uneinigkeit an der Grünwalder Straße 114 anprangerte (“Uns den schwarzen Peter zuzuschieben, ist einigermaßen dreist”), wurde Reisinger so zitiert: “Marc Pfeifer ist jetzt seit 18 Monaten im Amt und wartet auf einen konstruktiven Dialog mit den verantwortlichen Behörden. Alles, was die Geschäftsführung der KGaA benötigt, ist eine Auskunft über die zu erwartende Miete nach einem Umbau.”

Dabei wäre Pfeifer als KGaA-Geschäftsführer der eigentliche Ansprechpartner der Stadt. Laut “Merkur” soll 1860 viermal schriftlich um ein Gespräch gebeten haben, jedoch ohne Erfolg.

Und genau das überrascht, denn das Präsidium Reisinger lobte im Vereinsmagazin “Die Sechzger” in der Ausgabe 1/2020 noch das neue tolle Verhältnis mit dem Münchner Rathaus: “War in der Vergangenheit das Verhältnis zwischen dem TSV 1860 München und der Stadtverwaltung und Stadtspitze ein bestenfalls von gegenseitiger Nichtbeachtung geprägtes, hat sich das seit Sommer 2017 verändert. Das Präsidium und das Management pflegen gute Kontakte zur Stadt München. Der Verein wird als Gesprächspartner wieder ernst genommen.”

Die Frage ist: Bei wem? Wer ist der Gesprächspartner für 1860, wenn es nicht OB Dieter Reiter direkt ist? Zu früheren Zeiten hatte die Vereinsführung der Löwen übrigens einen direkten Draht zu Alt-OB Christian Ude - und sogar die wichtigsten Reporter der Stadt hatten beste Verbindungen zu Ude. Egal zu welcher Uhrzeit, Ude war eigentlich immer zu erreichen. Auch für mich. Ich hatte auch Udes Geheimnummern in Mykonos. Und wenn Ude nicht ans Telefon zu bekommen war, dann schaltete sich sogar sein Fahrer Manfred Haugg ein, um zu vermitteln. Auch er ist ein glühender Sechzger. Das Miteinander ist entscheidend. Übrigens: Auch Reisingers Vorgänger Peter Cassalette hatte einen erstklassigen Kontakt zu Reiter. Er saß allein viermal beim OB im Rathaus.

Die öffentliche Kritik von Reisinger in Richtung Reiter war nicht besonders klug, denn letztlich braucht der drittklassige TSV 1860 die Stadt mehr als andersrum. Es ist auch absolut legitim, dass sich OB Reiter über die unterschiedlichen Interessen in der 1860-Fanszene informiert, was ihm Reisinger jüngst vorgeworfen hatte. Merke: Sechzig ist nicht nur Giesing, sondern in erster Linie Sechzig München.

Und es ist ja auch so, dass tatsächlich nicht alle mit dem Grünwalder Stadion glücklich sind - auch hinsichtlich der künftigen Finanzierung der Profi-Truppe. Klar ist, wer ein schöneres Stadion haben will, muss auch mehr Miete abdrücken. Und wer es nicht mehr weiß: Reiter war es, der nach einem Besuch eines Löwen-Heimspiels kurzfristig die auf 12.500 Fans begrenzte Zuschauerzahl ohne großes Tamtam auf 15.000 angehoben hat. Heißt: Deutliche Mehreinnahmen für 1860. Schon vergessen, Löwen?

Deswegen sollte sich Reisinger seiner Verantwortung für die Löwen bewusst sein - und über sein Netzwerk versuchen, notfalls mit einem Mediator aus dem Reiter-Zirkel einen runden Tisch beim OB anzustreben. Mit öffentlichen Schuldzuweisungen kommt 1860 jedenfalls nicht weiter…