VON OLIVER GRISS, PASCAL LAWITSCH UND BERND FEIL (FOTOS)

Marius Willsch war der Senkrechtstarter der Vorrunde beim TSV 1860 - und das eigentlich aus Zufall. Der 28-Jährige ist mittlerweile unverzichtbarer Bestandteil der Viererkette. Wir haben den Ex-Schweinfurter vor dem Liga-Start gegen Braunschweig (heute, 13 Uhr) zum db24-Interview getroffen.

Herr Willsch, Sie wurden nach Ihrem Wechsel von Schweinfurt zu 1860 schon als Fehleinkauf abgestempelt. Ex-Trainer Daniel Bierofka hatte dann eine Idee und Sie vom offensiven Flügelspieler zum Rechtsverteidiger umfunktioniert - seitdem sind Sie eine feste Größe bei den Löwen. Macht’s Spaß?

MARIUS WILLSCH: “Mir gefällt die Rolle als Rechtsverteidiger sehr gut. Jedes gute Spiel stärkt das Selbstvertrauen. Ich denke, auf dieser Position kann ich meine physischen Stärken noch besser ausspielen. Natürlich habe ich noch Verbesserungspotential - das steht außer Frage. Ich muss noch im Zweikampfverhalten zulegen. Ich will mich aber auch nicht auf eine Position festlegen, denn es ist immer gut, wenn ein Spieler für mehrere Positionen infrage kommt. Aber klar, ich bin aus persönlicher Sicht mit der Hinrunde sehr zufrieden. Ich weiß, dass ich mich jeden Tag beweisen muss, besonders bei 1860.

Dass Sie umfunktioniert wurden, war eigentlich ein Zufall…

Ja, in der Tat. Herbert Paul ist vor dem Spiel gegen Chemnitz kurzfristig krank geworden, also musste ich als Rechtsverteidiger einspringen. Und das hat ordentlich funktioniert. Ich war auch am 1:0-Siegtor beteiligt. Das letzte Mal hatte ich diese Position in der A-Jugend bei Alexander Schmidt gespielt. Jetzt habe ich dann fast alle Positionen durch (lacht).

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Gibt’s Gründe, warum Neuzugänge bei 1860 oft so einen schweren Stand haben?

Vielleicht ist es die Erwartungshaltung. Man kommt zu 1860 und will gleich Bäume ausreißen - Dritte Liga ist aber eine ganz andere Hausnummer als Regionalliga. Die Wucht der Fans ist gewaltig und auch die Medienlandschaft ist natürlich etwas ganz Anderes als in Schweinfurt. Keiner kann verleugnen, dass man das nicht mitbekommt. Wenn einer sagt, er liest nichts, er sieht nichts - stimmt das nicht.  

Wie war’s bei Ihnen speziell?

Ich spreche aus Erfahrung. Auch ich hatte keine einfache Anfangszeit - dazu hat mir als Außenbahnspieler einfach auch die Statistik gefehlt. Und dann hatte ich im vergangenen Jahr auch noch Schambeinprobleme mit einer kleinen OP. Aber ich habe immer daran geglaubt, dass ich meine Chance bekomme und Leistungsträger werden kann, sonst wäre ich nicht zurückgekehrt zu Sechzig. Was für mich auch sehr positiv ist: Mit meiner Frau Nina, die ich vor drei Jahren in einem Schweinfurter Eiscafé kennengelernt und vor Weihnachten standesamtlich in Neuburg am Inn geheiratet habe, den Hafen gefunden. Das tut mir gut. Ich merke, dass das mir Kraft gibt, wenn’s familiär und privat passt.

Dann kann ja jetzt der dritte Platz in Angriff genommen werden…

Natürlich wäre das ein Traum, aber erstmal wollen wir unsere Serie weiter ausbauen. Der erste Step ist, dass wir die 45 Punkte vollmachen, die für den Klassenerhalt nötig sind. Ich habe inzwischen das Gefühl, dass die Gegner vor uns einen Riesenrespekt haben. 

Der gute Charakter der Mannschaft wird immer wieder herausgestellt - ist die Chemie wirklich so toll?

Sinnbildlich für den Charakter steht das Derby in Unterhaching.  Das war für mich ein Spiel, in dem wir klar überlegen waren, die Hachinger fast an die Wand gespielt haben. Und trotzdem bekommst Du mit dem 2:2 einen Nackenschlag, doch wir schlagen in der 93. Minute wieder zurück und gewinnen 3:2. Das hat neue Kräfte freigesetzt. Unsere Stärken sind Herz und Leidenschaft, aber wir können auch Fußball spielen. Wir stehen immer wieder auf, das beherzigt die Mannschaft ungemein. Ich hoffe, dass es so weitergeht.

Köllners positive Art kommt gut an

Wie schwer ist der Abschied von Daniel Bierofka, der Sie zu 1860 geholt hat, gefallen?

Zunächst war es für mich eine Riesenehre, dass Biero mich unbedingt haben wollte. Es war dann schon turbulent, was im November passiert ist. Der Abschied in der Kabine war heftig. Aber im Fußball ist es so krass, weil das Geschäft so schnelllebig ist und schnell vergessen wird. Es blieb keine Zeit, zu trauern. Man muss nach vorne schauen und das haben wir geschafft. Jetzt ist mit Michael Köllner ein neuer Trainer da. Seine positive Art kommt in der Mannschaft richtig gut an.

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Sie werden demnächst 29 Jahre alt. Sie haben ein abgeschlossenes Sportmanagement-Studium. Macht man sich schon Gedanken über die Zeit nach der aktiven Karriere?

Ich habe schon einen Plan B, aber der nichts mit Fußball zu tun hat. Ich habe keine Lust darauf, dass man alle drei Jahre in eine andere Stadt ziehen muss. Und das bringt der Fußball leider mit sich. Dadurch, dass meine Frau aus einem Schweinfurter Eiscafé kommt, würde ich das gerne mit ihr nach meiner Fußballerzeit übernehmen. Ich will nach der Karriere einfach sesshaft werden. Ich kann mir das sehr gut vorstellen, das Eiscafé weiterzuführen. 

Neuer Vertrag? Wir sind in guten Gesprächen!

Ihr Vertrag bei 1860 läuft im Sommer aus. Ihre Ausgangsposition ist nicht die schlechteste. Was gibt’s zu berichten?

Wir sind in guten Gesprächen. Fakt ist: Ich will bei 1860 bleiben und nicht alle zwei Jahre den Verein wechseln. Ich bin nicht der Typ Wandervogel. Wir fühlen uns wohl in München und 1860 ist ja nicht die schlechteste Adresse. Mein mittelfristiges Ziel ist, wenn es für mich hier weitergeht, mit 1860 in die Zweite Liga aufzusteigen. Diesen Traum will ich mir erfüllen.