VON OLIVER GRISS

Zugegeben, mir fällt es schwer, mich für die fußballerische Qualität in der Dritten Liga zu begeistern. Das ist das Schicksal, wenn man sich in einen Verein unsterblich verliebt hat. Ich habe als Reporter den Weg des TSV 1860 von der Bayernliga bis in die Champions League-Qualifikation bestreiten dürfen. In dieser Zeit spielten viele Topstars für die Löwen: Peter Nowak, Bernhard Winkler, Peter Pacult, Thomas Häßler, Davor Suker, Gerald Vanenburg oder Martin Max für die Blauen. Alles waren Typen. Nicht mit dem Mund, sondern mit ihrer überragenden Qualitäten. Ein Genuß für jeden Löwen-Fan.

Umso mehr hatte ich mich im Sommer gefreut, als der TSV 1860 Timo Gebhart wieder verpflichtet hat. In seinem Statistikbaum stehen 100 Bundesliga-Einsätze für Nürnberg und Stuttgart - mindestens 300 könnten es sein, hätte das einstige Top-Talent in der entscheidenden Karrierephase nicht geschludert und den Disko-König gegeben, sondern sich auf seinen Beruf konzentriert.

Nach der 1:2-Pleite in Duisburg hatte Daniel Bierofka moniert, dass Duisburg Entscheider in seiner Mannschaft hätte. Im Umkehrschluss könnte das heißen: Die Löwen haben keine Entscheider in ihrem Team. Was wir freilich anders sehen: Timo Gebhart ist der Löwe, der trotz seiner inzwischen 30 Jahren den Unterschied ausmachen kann. Auf der Ersatzbank rostet Gebhart ein.

Natürlich hat Gebhart nach seiner Einwechslung in Duisburg alles andere als performt (db24-Note 5), doch der ehemalige U21-Nationalspieler ist auch nicht unbedingt für die Jokerrolle geboren. Das heißt nicht, dass sich Gebhart nicht unterordnen könnte, sondern er braucht Spielpraxis und auch das Gefühl, wichtig zu sein. Und genau dieses Feeling muss ihm Bierofka jetzt geben - mit der Berücksichtigung in der Startelf gegen Lautern. Wetten, dass Gebhart im positiven Sinne den Unterschied ausmacht? Die Zeit ist reif, Gebhart endlich von der Leine zu lassen.