OLIVER GRISS UND BERND FEIL (MIS)

Es war im 1860-Trainingslager im oberösterreichischen Windischgarsten sehr gut zu beobachten: Einigkeit gibt’s selten. Die Fanszene bleibt auch nach der Wiederwahl von Präsident Robert Reisinger gespalten. Es gab viele hitzige Gespräche unter den Fans. Der Frust ist bei vielen Anhängern spürbar.

Vor einigen Tagen wollten wir von Euch wissen: Wie reagiert ihr auf diese Entscheidung, die für eine ungewisse Zukunft des Profifußballs beim TSV 1860 sorgt? Seit unserem Aufruf nach der Mitgliederversammlung sind rund 80 Mails in unserer Redaktion eingegangen. Der Tenor ist meist identisch: Das war’s mit meiner Mitgliedschaft! Auch Lothar Hommel aus Wiesbaden hat uns geschrieben - sein Leserbrief:

In den „Sechziger“ Jahren wurde ich dank Petar Radenkovic Löwenfan und bin es, trotz vieler Höhen und leider mehr Tiefen, mit Leib und Seele immer noch. Einmal Löwe immer Löwe trifft, wie für viele Löwenfans, auch bei mir zu. Im Meisterschaftsjahr 1966 sah ich im März mein erstes Spiel der Löwen im Frankfurter Waldstadion. Leider ging die Partie mit 2:5 verloren und vor lauter Aufregung wurde ich ohnmächtig… Ich kann mich noch sehr gut an das Spiel erinnern. Trotz der fünf Tore, ein überragender Petar Radenkovic.

Seit dieser Zeit ist so unfassbar viel passiert. Ich möchte dabei die vielen schönen Erlebnisse in Erinnerung behalten wie z.B., wieder im Waldstadion, das gewonnene Relegationsspiel gegen Bielefeld (mit Papa Bierofka) und somit der Aufstieg in die Bundesliga. Unvergessen die Ära von Karl-Heinz Wildmoser und Werner Lorant – mit das Beste, was 1860 je vorzuweisen hatte. Der eigentliche Tiefpunkt dachte ich, wäre das verlorene Rückspiel gegen Regensburg in der Relegation und der danach folgende, gruselige Auftritt von Heinz Schmidt gewesen. Dass Daniel Bierofka dann aus einem Scherbenhaufen eine tolle Mannschaft formte, diese in einem wahren Krimi die Relegation und somit den Aufstieg in die 3. Liga schaffte, brachte mein Gefühlsbarometer wieder ein Stück nach oben.

Mit Wehmut beobachtete ich aber, wenn auch aus der Ferne, die geschäftspolitische Entwicklung. Die Gräben innerhalb des Vereins und der skandalöse Umgang mit Herrn Ismaik, sind desaströs. Ich möchte auch nicht, wie in der Vergangenheit leider geschehen, dass in der Geschäftsstelle und auf dem Trainigsplatz nur noch englisch gesprochen wird (ich bin mir sicher, dass zum Beispiel ein Stefan Aigner eine wesentlich bessere Saison gespielt hätte, wenn die Situation eine andere gewesen wäre…). Aber so kann man nicht mit einem Partner umgehen, der den Verein bereits mehrmals vor der Insolvenz gerettet hat. So kann man nicht in der Öffentlichkeit, wenn man sich überhaupt zeigt oder äußert, auftreten. So geht man nicht mit der Meisterelf um – es ist einfach grausam!

*Ich habe es live vor Ort erlebt, als meine Frau und ich im Spiel gegen Wehen-Wiesbaden, VIP-Karten hatten. Nicht nur, dass sich kein Mensch um einen mit uns am Tisch sitzenden, potentiellen Sponsor kümmerte (er ist/war bereit, ca. 30.000 bis 40.000 Euro p.a. zu sponsern), nein auch Peter Grosser und Fredi Heiß saßen da alleine an einem nicht gesondert gekennzeichneten Tisch (die Herren waren wohl in der Vergangenheit zu kritisch…). Erst kurz vor Ende kamen Robert Reisinger und Michael Scharold in die VIP-Hütte - und ich hatte das Gefühl, dass Reisinger und Scharold erst einmal erklären musste oder auffordern musste, sich an den Tisch der Beiden zu setzen – was er dann auch tat, unfassbar!

Im Spiel der Löwen in Wiesbaden war ich natürlich im Stadion. Ich hatte ein paar Freunde mobilisiert und wir saßen mit Sechzger-Schal in der gleichen Reihe wie das komplett anwesende Präsidium. Zu Beginn der zweiten Hälfte kam Reisinger in unsere Nähe und begrüßte einen Herrn, der ein Reihe direkt über uns saß. Kein „Hallo“ oder sonst irgendetwas kam uns gegenüber ihm über die Lippen. Versteht mich bitte nicht falsch, ich will nicht hofiert oder sonst irgendetwas erfahren. Aber ein kurzes Servus, Augenzwinkern oder sonst irgendetwas gehört sich einfach. Das habe ich bei vielen, vielen kurzen Treffs mit Präsidenten, Sportmanagern (und die wechselten oft …) in den vergangenen Jahren bei Heim- oder Auswärtsspielen der Löwen erlebt.

Höhepunkt der ganzen politischen Misere ist die strukturelle Situation im Hinblick der Wahl eines Präsidenten. Das geht überhaupt nicht. Ich habe den ganzen Tag den Liveticker verfolgt. Was mit Dr. Schummer passiert ist, bringt das Fass nun endgültig zum Überlaufen. Es tut mir unsagbar leid um Bierofka und Gorenzel und all denen, die weiterhin tapfer versuchen das Beste aus der Situation zu machen. Ich werde nach wie vor mit Herzblut bei der Mannschaft sein und die Spiele verfolgen, viele wenn es geht vor Ort. Aber das einzige was ich meines Erachtens tun kann, um ein Zeichen zu setzen ist, aus dem Verein auszutreten. Ich bin der Erste, der wieder eintritt, wenn sich die Personalien im Präsidium ändern. Das entgangene Beitragsgeld werde ich sammeln und, wenn sich die Situation gravierend geändert und ich wieder eingetreten bin, spenden.

Schade das es so gekommen ist – ich fühle mich nicht wohl dabei, aber es muss sein!

Anmerkung der Redaktion: Die veröffentlichten Leserbriefe spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider. Wir raten jedem Löwen-Mitglied, dem Verein treu zu bleiben. Es geht nicht nur um die Unterstützung für den Jugendfußball. Wollen Sie uns auch schreiben? Email an: redaktion@dieblaue24.de