VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)

Der TSV 1860 am Scheideweg: Kein Geld. Kein Zusammenhalt. Keine Perspektive. In unserer Rubrik “Sechzig - wie lange noch?” wollen wir von den db24-Lesern wissen, wie sie mit dem Leid der Löwen umgehen. Seit unserem Aufruf am Donnerstagnachmittag haben uns unzählige Emails erreicht. Auch 1860-Mitglied Markus F. aus Rosenheim hat uns geschrieben - sein Statement:

Ich will gar nix über Vereinspolitik schreiben, sondern nur einen Einblick in meine persönliche Gefühlslage geben, vielleicht geht es dem ein oder anderen Löwenfan ja genauso: Ich bin mit den Löwen als Bundesligaverein aufgewachsen, obwohl mein erstes Heimspiel noch im GWS in der Zweiten Liga im Jahr 1993 war. Aus mir ist ein begeisterter Löwenfan geworden, dementsprechend hart war für mich der Abstieg 2004 zu verkraften. Dennoch rechnete ich mit einem schnellen Wiederaufstieg. Bei dem Horrorgedanken an zehn Jahre Zweitligafußball schauderte es mich kurz, aber das blendete ich erst einmal aus. Dass am Ende 13 Jahre daraus wurden, war keine Überraschung mehr, denn der Trend zeichnete sich über die Jahre ab.

Was mich aber über all diese Zeit begleitete, war die Hoffnung, dass es irgendwann Klick macht, und wieder nach oben geht. Denn wir hatten immer wieder gute Mannschaften. Wenn die besten Spieler gehen mussten, kamen wieder neue hoffnungsvolle Talente nach. Oder es kehrten welche zurück, wie Benny Lauth oder Daniel Bierofka. Selbst bei der Beinahe-Insolvenz 2011 kam dann auf einmal Hasan Ismaik daher und man hatte auf einmal wieder Hoffnung, dass es nach oben gehen könnte.

Nach dem Schockabstieg 2017 spürte ich dann das erste mal die Angst, dass wir für immer weg vom Fenster sein könnten. Gerade vor dem ganzen Spott, den man aushalten musste, dachte ich mir aber ‘scheiß drauf, einmal Löwe immer Löwe!’ und ich glaube, so ging es wahnsinnig vielen Fans. Denn nur so konnte eine solche Stimmung entstehen, wie wir sie in dem Regionalligajahr erlebt haben. Biero hatte die Hoffnung zurückgegeben, dass er eine Mannschaft aufbauen und entwickeln kann. Bei Abpfiff des Relegationsrückspiels gegen Saarbrücken, saß ich im Flieger im Löwentrikot, kurz vor Abflug, und hatte Tränen in den Augen vor Freude und Erleichterung.

Doch jetzt, ein Jahr später und 15 Jahre nach dem Bundesligaabstieg, macht sich bei mir ein Gefühl breit, das ich noch nie hatte, seit ich Löwenfan bin. Resignation. Hoffnungslosigkeit. Geld hatten wir ja noch nie, das ist quasi nix Neues, aber jetzt haben wir das erste mal auch wirklich keine Talente mehr. Der Nachwuchs zweitklassig, die Profis maximal drittklassig und weit und breit nichts in Sicht, was uns diesmal den Arsch retten könnte. Kein Plan, kein gar nix.

Mit dieser Perspektivlosigkeit wird sich bei mir zwangsweise irgendwann Gleichgültigkeit einstellen. Einmal Löwe, immer Löwe - na klar. Aber ohne Aussicht sportlich irgendwann wieder eine Rolle zu spielen, wird aus mir irgendwann ein Löwe werden, der sich an Wochenenden die Ergebnisse kurz im Ticker anschaut, und nicht einer, der im Trikot ins Stadion geht und die Mannschaft anfeuert, so wie jetzt. Ohne dass ich mich bewusst dafür entscheiden würde. Aber es wird passieren. Und damit es nicht passiert, werde ich am 30. Juni zur Mitgliederversammlung gehen und gegen den aktuellen Kurs stimmen. Gegen die Resignation.