VON OLIVER GRISS, BERND FEIL (MIS) UND ULI WAGNER (FOTO)

Christian Köppel (24) sagt Servus beim TSV 1860. Nach 12 Jahren im Klub muss er die Löwen verlassen. Sein Vertrag wird nicht mehr verlängert. Das exklusive db24-Abschiedsinterview mit dem sympathischen Publikumsliebling.

db24: Herr Köppel, am vergangenen Samstag nach dem feststehenden Klassenerhalt haben Sie sich von den Löwen-Fans im Grünwalder Stadion verabschiedet. Dabei sind Tränen geflossen. Wie nahe ist Ihnen dieser Abschied gegangen?

CHRISTIAN KÖPPEL: Unmittelbar nach dem Spiel ging’s eigentlich noch. Ich wollte alles noch mal aufsaugen. Aber als wir dann mit der Mannschaft auf die Ehrenrunde gegangen sind und später auf dem Zaun waren, hat’s mich erwischt. Da sind dann auch ein paar Tränen geflossen. Es war richtig gut von der Mannschaft, dass sie mich ein bisschen aufgefangen haben. Beim Tor vor der Westkurve haben mich alle Mitspieler umarmt, nette Worte sind gefallen. Das war cool. Ich fand es auch stark, dass mich die Fans verabschiedet haben. Das war saustark und ging mir sehr nahe. Das war ein wirklich schöner Abschied.

Welche Bilder gingen Ihnen in diesen Momenten durch den Kopf?

Ich habe 12 Jahre für Sechzig gespielt, aber das Aufstiegsjahr bleibt sportlich natürlich am meisten hängen. Das erste Regionalliga-Tor, die Meisterschaft und als Krönung der Aufstieg in die Dritte Liga, das war für mich eine Bilderbuchsaison. Und menschlich habe ich über diese lange Strecke Freunde fürs Leben gewonnen. Das gibt mir sehr viel.

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Wie schwer war es für Sie, als es geheißen hat: “Sorry, Köppi - es geht bei 1860 nicht mehr weiter!”?

Es war schon hart. Biero hat mir es zum ersten Mal im März angedeutet, dass es bei 1860 möglicherweise nicht mehr weitergeht. Und als es dann in der Zeitung stand, wusste ich es auch schon. Irgendwie habe ich damit gerechnet. Bis dahin hatte ich auch kein Spiel von Anfang an gemacht - und es wäre ungewöhnlich gewesen, wenn sie gesagt hätten: “Köppi, wir verlängern jetzt mit dir!” Es hätte auch keinen Sinn gemacht. Ich will nicht nochmal so eine sportliche Saison haben. Als Fußballer willst du immer spielen. Deswegen bricht für mich sportlich jetzt keine Welt zusammen. Natürlich muss ich jetzt aus der Komfortzone raus, aber ich freue mich jetzt auf das, was kommt.

Was kommt?

Ich habe einige Angebote, aber das, was ich mir wünsche, ist noch nicht dabei. Mein klares Ziel ist die Dritte Liga. Klar, das Jahr ist nicht so gut gelaufen, aber ich will nicht gleich wieder aufgaben. Ich bin aus einem anderen Holz geschnitzt. Ich will unbedingt bei einem Verein angreifen, bei dem ich die Herausforderung annehmen kann. Entweder ich schaff’s dann oder eben nicht. Ich will nochmal in der Dritten Liga angreifen. Ich würde mir wünschen, dass ich in Jena spielen kann, wo sich möglicherweise die Gelegenheit ergibt, dass der ein oder andere Verein draufschauen kann.

Und wenn’s am Ende nicht zu einer Profikarriere reicht?

Ich will auf jeden Fall mit dem Fußball weitermachen. Das macht mir Spass. Und mein Studium läuft ja auch noch.

Haben Sie eigentlich eine Erklärung dafür, dass Sie bei den Fans so beliebt waren, obwohl sie in der Dritten Liga nur 151 Minuten gespielt haben?

Ich weiß es nicht, was ich weiß: Ich bin schon so ein Typ, der auf die Menschen zu geht. Kein Einzelgänger! Ich brauche Leute um mich rum. Da fühle ich mich wohl. Ich habe mir immer Zeit für die Fans genommen. Es war meine größte Motivation ins Grünwalder Stadion einzulaufen, die Westkurve im Blick zu haben - bei 1860 ist das eine Dimenssion, die an den großen Fußball erinnert. Für die Fans ist das Familie, und das habe ich dann immer mehr verstanden, was es bedeutet, seinen Verein jede Woche zu unterstützen. Deswegen habe ich auf dem Platz immer als reingehauen, auch wenn nicht immer alles aufging. Sechzig steht für Leidenschaft, Kampf und Laufen. Ich verstehe mich mit vielen Fans gut, mit manchen auch nicht so (lacht). Aber es ist normal, dass es Meinungsverschiedenheiten gibt. Ich habe mich bei diesen Fans wohl gefühlt.

Bierofka? Das hat uns beide ein paar Haare gekostet

Wie war die Bindung zu Daniel Bierofka?

Ich hatte Biero jetzt 4,5 Jahre - oder er mich. Das hat uns beide ein paar Haare gekostet (lacht). Er hat mir das desöfteren erzählt, dass er wegen mir sein Käppi immer mal wieder weggeworfen hat, weil ich bei einer 2:0-Führung ins Dribbling gegangen bin. Aber ich denke, diese Zusammenarbeit hat uns beide weitergebracht. Ich habe mich mit ihm privat super verstanden. Und natürlich hat es mich sportlich geärgert, dass ich leider nicht zum Zug gekommen bin. Das muss man aber trennen. Ich wollte ihm immer beweisen, dass ich auch Dritte Liga spielen kann. Hätten wir Meppen gewonnen (1860 hat im Oktober 0:1 verloren, d. Red.), als ich für Jan Mauersberger nach zwei Minuten in die Partie kam, wär’s für mich vielleicht anders gelaufen. Ich denke, wir können uns freundschaftlich verabschieden. Ich hoffe, dass ich irgendwann wieder ins Grünwalder Stadion zurückkehren darf und dann bei einer anderen Mannschaft zeigen darf, dass ich Dritte Liga spielen kann.

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Wenn’s für ein Spiel gegen die Löwen nicht reichen sollte: Wird man Sie im Stehplatzbereich sehen?

(lacht): Eher nicht! Ich bin der Typ für die Stehhalle. Ich mag’s etwas gemütlicher. Das ist ein guter Kompromiss zwischen Westkurve und Haupttribüne. Nicht zu spiesig, aber auch nicht zu wild. Ich werde wieder zurückkehren - das ist sicher. Ich werde 1860 als Fan treu bleiben und weiter mitleiden.