VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (MIS)

Oliver Kreuzer war dem TSV 1860 nach dem erfolgreichen Klassenerhalt in der Zweiten Liga 2016 nicht mehr gut genug. Er wurde ausgetauscht, für ihn kam als Sportdirektor Thomas Eichin. Ein schlechter Tausch! Jetzt klopft der ehemalige Bundesliga-Profi mit dem KSC ans Tor zur Zweiten Liga. Das db24-Interview mit dem 53-Jährigen:

db24: Herr Kreuzer, heute kommt es im Grünwalder Stadion zum Aufeinandertreffen zwischen 1860 gegen Karlsruhe, die ARD überträgt dieses Traditionsduell sogar live ab 13.15 Uhr: Wie groß ist die Vorfreude, dass Sie als ehmaliger Löwen-Sportchef nach Giesing zurückkehren?

OLIVER KREUZER: Ich freue mich sehr. Meine Zeit bei 1860 war zwar nur eine kurze Zeit, aber intensiv und erfolgreich: Wir haben das Klassenziel erreicht. Ich habe viele gute und interessante Menschen kennengelernt. Leider kam dann aber das abrupte Ende für mich. Trotzdem bleibt Sechzig für mich ein richtig geiler Klub.

Haben Sie Ihr Aus bei den Löwen mittlerweile verdaut?

Natürlich, im Fußball gehts immer weiter. Aber die Trennung habe ich bis heute nicht verstanden, denn sie war sinnlos und überflüssig. Wir waren doch auf einem guten Weg. Wenn man mir Zeit gegeben hätte, wäre 1860 heute noch in der Zweiten Liga. Aber Abu Dhabi war viel zu ungeduldig.

Was meinen Sie genau?

Hasan Ismaik wollte den zweiten Schritt vor dem ersten gehen. Das funktioniert im Fußball nicht. Der Glaube, dass man mit viel Geld sofort aufsteigen kann, funktioniert meist nicht und ist auch nicht mit meiner Philosophie kompatibel. Ich sage: Wenn du knapp dem Abstieg entronnen bist, kannst du nicht in der nächsten Saison groß auf den Putz hauen. Die Spieler, die ich präsentiert hatte, das war für die Zweite Liga richtig gut. Mein Budget wäre die Hälfte von Hasans gewesen. Aber das wollte er nicht. Er wollte gleich mit den Großen mitspielen.

Sie hätten Franco Foda, heute Österreichs Nationaltrainer, verpflichtet.

Richtig. Ich hatte die Zusage von Franco. Ich hatte drei Jahre mit ihm bei Sturm Graz gearbeitet. Wir wurden zusammen österreichischer Meister und Pokalsieger. Er wäre der ideale Trainer für 1860 gewesen. Aber dann hieß es, wir brauchen was besseres. Ich dachte, jetzt holen wir Mourinho (lacht) - nein, es wurde, ohne Kosta zu nahe zu treten, Runjaic.

Den aber allein der Verein ausgewählt hat. Ismaik hatte im Vorfeld drei Trainer zur Auswahl präsentiert: Roberto Martinez (Nationaltrainer Belgien), Clarence Seedorf (Milan-Legende) und Kosta Runjaic.

Das stimmt. Trotzdem glaube ich, Hasan würde heute Vieles anders machen.

Hatten Sie inzwischen wieder Kontakt zu Ex-Präsident Peter Cassalette?

Wir haben uns zufällig bei einem Münchner Italiener gesehen und ein bisschen geplaudert. Wie heißt’s so schön: Die Zeit heilt Wunden (lacht). Ich sage aber nachwievor, dass Peter übers Ziel hinausgeschossen ist. Ich hätte mir von ihm erwartet, dass er sich auf meine Seite stellt und sagt: “Stopp, Hasan! Wir müssen das anders machen!” Wir hatten uns immer super verstanden, auch privat. Am Ende fand sich 1860 leider in der Regionalliga wieder.

Während der KSC um den Aufstieg in die Zweite Liga spielt, kämpft der Tabellenzehnte 1860 immer noch um den Klassenerhalt: Haben Sie das so erwartet?

Vom Ranking hätte ich 1860 eigentlich etwas besser erwartet - mit dem Grünwalder Stadion und den Fans im Rücken. Auf der anderen Seite haben die Löwen schon 44 Punkte. Das ist für einen Aufsteiger in Ordnung. Trotzdem finde ich, dass die Mannschaft den ein oder anderen Punkt im Laufe der Saison verschenkt hat. Insgesamt macht 1860 das aber gut. Und jetzt zu uns: Letzte Saison sind wir knapp in der Relegation gescheitert. Jetzt haben wir wieder die Möglichkeit, aufzusteigen. Und ich sage das klipp und klar: Ich will als Zweiter hoch und nicht über die Relegation. Es gibt schönere Dinge, als Relegation zu spielen. Im Grünwalder Stadion müssen wir alles raushauen, um drei Punkte mitzunehmen. Sechzig wird aber auch alles unternehmen, um in die Erfolgsspur zurückzukehren. Das wird ein ganz heißes Spiel.

Hand aufs Herz: Welches Budget hat der KSC zur Verfügung?

Um die fünf Millionen Euro. Vereine wie Braunschweig, Kaiserslautern, 1860 oder Karlsruhe haben aufgrund ihrer Geschichte eigentlich immer den Anspruch aufzusteigen. Deswegen nehmen genau diese Vereine üblicherweise mehr Geld als die ‘normalen’ Drittligisten in die Hand. Aber hohes Budget heißt nicht gleich, dass du automatisch aufsteigst. Frag nach beim KFC Uerdingen. Die zahlen fürstliche Gehälter. Die Mannschaft muss auch ein Gesicht und eine Struktur haben. Wenn ich Uerdingen und Ponomarev sehe, dann denke ich immer an 1860 vor zwei Jahren.

1860 plant in der neuen Saison mit einem Etat von drei Millionen Euro, weil Präsident Robert Reisinger den Konsolidierungskurs ausgerufen hat.

Mit diesem Budget bekommst du keine Unterschiedspieler. 1860 hat mit Sascha Mölders noch einen Spieler dieser Kategorie. Er ist zwar schon 34, aber in der Box extrem schlau. Doch die viel wichtigere Frage: Wer wird der neue Sturmführer? Wenn du mit diesem Budget planst, landest du in der Regel immer zwischen Platz 6 und 10 - und ich kenne die Gehälterstruktur in der Dritten Liga sehr gut. Man kann auch mit drei Millionen Euro Erfolg haben. Die Frage ist nur: Was ist Erfolg?

Osnabrück ist aufgestiegen - mit einem ebenfalls kleinen Etat.

Ok, das ist das Gegenbeispiel. Aber glauben Sie nicht, dass Osnabrück nur 3,2 Millionen Euro zur Verfügung hat. Da kommen schon noch ein paar Euro mehr dazu. Die haben viele gute Spieler, die nicht wegen der guten Luft in Osnabrück spielen (lacht). Und klar ist auch, dass man Vereine wie 1860 und Osnabrück gar nicht vergleichen kann. Sechzig ist immer im Fokus - und das ist nicht immer ein Vorteil.

Haching-Präsident Manni Schwabl fordert, dass die Dritte Liga in der DFL angesiedelt wird. Wie stehen Sie dazu?

Mannis Worte kann ich nur unterstreichen. Die Dritte Liga muss in die DFL. Der DFB steht für Amateurfußball - die DFL für Profifußball. Und alle Drittliga-Vereine betreiben Vollprofitum. Wir haben sogar vier Spiele mehr als die Bundesliga. Unsere Liga hat sich etabliert, es gibt immer wieder neue Zuschauerrekorde. Es muss ein Umdenken her! Wir bekommen 1,1 Millionen Euro aus dem TV-Topf - das ist viel zu wenig. Die DFL kassiert 1,3 Milliarden Euro. Von diesem Kuchen muss auch die Dritte Liga profitieren.

Das Gesicht der Löwen ist Daniel Bierofka. Welchen Weg trauen Sie ihm zu?

Von Biero halte ich sehr viel. Allein die paar Wochen, in denen wir 2016 beide zusammen gearbeitet haben, waren sensationell. Wie er mit der Mannschaft arbeitet, wie er Fußball spielen lässt und wie er seine ganze Persönlichkeit in den Job steckt, das ist überragend. Er hat schon bewiesen, dass er ein guter Trainer ist. Ich bin sicher, dass er über kurz oder lang in der 1. oder 2. Liga auftauchen wird.

Zuletzt hieß es im Umfeld von 1860, dass Sie Nico Karger auf der Wunschliste hätten.

Das habe ich auch gelesen (lacht): Ich halte von Nico nachwievor sehr viel. Ich habe ihn ja auch bei 1860 zum Profi gemacht. Aber: Es ist nicht so, dass es derzeit Kontakt gibt. Aber im Fußball weiß man nie…