VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)

Auch wenn Saki Stimoniaris aufgrund der Satzung eigentlich keine Chance hat, vom Ismaik-kritischen Verwaltungsrat für das Präsidenten-Amt vorgeschlagen zu werden, kämpft der MAN-Betriebsratschef für ein neues, respektvolles und gemeinsames 1860. Was Stimoniaris noch ganz wichtig ist: Er will keine Verzwergung innerhalb des Klubs. “Wir sind kein Stadtteilverein, sondern ein Klub für ganz Deutschland.” Beim db24-Stammtisch im Grünwalder Stadion sprach der 47-Jährige außerdem über:

seine Bewerbung: “Ich habe mir das lange überlegt. Es ist der letzte Hilferuf. Ich bin mit dem aktuellen Kurs nicht einverstanden - und ich hoffe, dass man mir eine Chance gibt und mich nicht zum zweiten Mal ablehnt. Ich stehe zu meiner Aussage, als ich damals aus dem Verwaltungsrat zurückgetreten bin - aber spätestens jetzt weiß jeder, warum ich diesen Schritt damals gemacht habe. Ich habe von Anfang an für ein Miteinander geworben - und das bleibt so.”

seine Chancen, als Präsident vorgeschlagen zu werden: “Jeder kennt die Satzung: Der Verwaltungsrat schlägt den Präsidenten vor. Aber ich sage auch gleichzeitig: Für mich ist die Satzung kein Gesetz. Ich würde mir wünschen, wenn der Verwaltungsrat zwei oder drei Kandidaten vorschlagen würde - die Mitglieder sollen dann entscheiden, was das Beste für Sechzig ist. Die Mitglieder können die Satzung ändern. Ich sage: Zur Demokratie gehört auch, wenn man zwei verschiedene Kurse hat, dass man auch zwei Kandidaten vorschlagen sollte. Wenn die Mitglieder sagen: ‘Nein, das wollen wir nicht!’ - dann ist das in Ordnung. Dass wir uns richtig verstehen: Ich stehe zur Satzung.”

die Satzung des TSV 1860 - ohne Brief- und Onlinewahl: “Man muss sich überlegen, ob die Satzung noch zeitgemäß ist. Ich denke schon, dass es zeitgemäß ist, dass man eine Brief- oder Online-Wahl in sein System aufnimmt. Es geht jetzt nicht um die Präsidenten-Wahl, sondern um viele andere Themen. Das gibt’s in Deutschland in vielen Bereichen. Vielleicht sollte bei der Mitgliederversammlung noch einmal ein Antrag gestellt werden. Ich glaube, der Verwaltungsrat könnte sich ein Herz fassen und das auch von sich aus vorschlagen. Es sollen doch alle Mitglieder entscheiden können, wer ihr Präsident ist - und nicht ein kleiner Kreis. Da geht’s nicht um mich, sondern auch um die Nächsten. Das gehört zu einer Demokratie dazu. Wenn der Saki nur zehn Prozent bekommt, dann war’s das. Aber ihm zum zweiten Mal keine Chance zu geben, das geht natürlich auch nicht.”

das Verhältnis zwischen Verein und Investor Hasan Ismaik: “Erstmal muss ich eines sagen, um das auch aus der Welt zu schaffen: Wer 70 Millionen Euro für meinen Verein ausgegeben hat - und das ganz egal, ob er Fehler oder keine gemacht hat, ich habe in erster Linie Respekt. Ich hätte mir gewünscht, als unser Verein 2011 vor der Insolvenz stand, andere Menschen gekommen wären und gesagt hätten: ‘Hier habt ihr mein Geld, ich rette euch!’ Das haben sie nicht getan. Ich bin auch nicht mit allem einverstanden, was Hasan die letzten Jahre gemacht hat. Das habe ich ihm auch so gesagt. Ich bin mit ihm im engen Kontakt seit ich übernommen habe - und ich weiß, dass er Emotionen hat und auch ein Mensch ist. Ich habe ihn überzeugt, dass er 1,5 Millionen Euro überwiesen hat und ein paar Tage später dieses Geld in Genussscheine umwandelte, also geschenkt - und drei Tage später kam die Aussage, man wolle ab sofort alles geschenkt haben! Und das muss ich Hasan erklären und nicht die anderen, die 50+1 oder 50+5 gezogen haben. Man kann das alles machen. Das Problem ist: Du musst nicht nur warten, dass die anderen was machen, sondern selbst aktiv werden und Klinken putzen für 1860. So wie bisher kommen wir nicht weiter. Was viele immer gerne vergessen: Mit dem Geld von Hasan haben wir fast alle Wunschspieler von Daniel Bierofka geholt.

den Kurs der Vereinsseite: “Ohne Geld wird Profifußball nicht funktionieren - die Zeiten haben sich leider verändert. Und ich muss auch ganz klar sagen: Wir haben so tolle Fans - und deswegen gehört unser Verein in die Bundesliga. Nicht irgendwann, sondern so schnell wie möglich. Nicht um jeden Preis, aber bitte mit einem klaren Plan!”

seine Wunschkonstellation bei 1860: “Ich war immer ein Befürworter eines starken Duos - darum war ich von Anfang an auch für Daniel Bierofka. Mir ist egal, ob Bierofka fünfmal in Folge verliert. Die Mannschaft verliert, nicht der Trainer. Es geht nur gemeinsam. Das Zweite: Du brauchst vorne jemand, der marschiert - ob richtig oder falsch. Ein Präsident muss eine Meinung sowie Ecken und Kanten haben - und er muss Bitte sagen und Türen öffnen können. Und wenn am Ende des Tages nicht’s dabei rauskommt, dann geht’s zur nächsten Tür. Ich behaupte: Wenn sie Leute kennen, dann bekommt man das auch hin. Deswegen bin ich auch ein klarer Befürworter der Zeit Wildmoser & Lorant.”

die sportliche Situation: “Wir haben klar und deutlich signalisiert, wir werden alles umsetzen, was die sportliche Leitung - im Rahmen des Möglichen - will. Sie wissen aber auch: Nicht jeder Spieler will in die Dritte Liga, auf der anderen Seite, wenn du das Geld zur Verfügung stellst, muss es auch angenommen werden - und genau das ist unser Problem. Bierofka ist neben den Fans und der Mannschaft unser größtes Kapital. Aber es freut mich auch, dass Günther Gorenzel in einer neuen Funktion diesen Weg mitbegleitet. Das hat lange gedauert, aber ich gehe davon aus, dass der Klub das demnächst verkünden wird. Mit diesem Duo werden wir diesen Kurs fahren. Ich bin mir sicher, dass wir mit dieser Mannschaft nicht absteigen werden. Und ich kann Ihnen auch sagen: Hasan Ismaik steht zu dieser Mannschaft. Er will nur das Beste für 1860. Im Sommer werden wir dann schauen, ob wir die Mannschaft verstärken müssen. Schauen Sie: Ich bin 47 Jahre alt. Ich will noch einmal ein Derby erleben: Nicht gegen Bayern 2 oder 3, sondern gegen die Erste! Wir müssen schnell raus aus der Dritten Liga - weil diese Liga ist kein Spielfeld, in dem man sich als Verein konsolidiert. Deswegen müssen wir es hinbekommen, dass wir mehr Einnahmen generieren, dann muss man nicht über einen Rückzug der U21 oder U19 nachdenken.”

die schwächelnde Jugendarbeit bei 1860: “Man darf eines nicht vergessen: Die anderen Vereine haben alle aufgeholt, neu aufgestellt. Es gibt inzwischen leider andere Alternativen in Bayern außer Sechzig. Wenn wir da wieder mithalten wollen, dann braucht’s Geldgeber, Leute, die in unseren Verein investieren wollen, um wieder auf das alte Level zu kommen. Wir waren in der Nachwuchsarbeit immer gut, aber vielleicht haben wir in den letzten Jahren das ein odere verpasst. Um wieder da hin zu kommen, dafür ist es nicht zu spät. Darum brauchen wir bei 1860 Geschlossenheit - und wenn nicht, dann werden die Geldgeber sagen: ‘Zu den Chaoten gehen wir nicht, die streiten ja die ganze Zeit.’ Ich will wieder, dass mein Verein im Jugendbereich die erste Adresse in Bayern ist. Hasan Ismaik hat immer auf die Jugend gesetzt: Erinnern Sie sich bitte daran, als man Daniel Bierofka hier nicht mehr haben wollte, hat Ismaik auf ihn gesetzt. Deswegen haben wir dem e.V. vor Monaten eine Stiftung vorgeschlagen. Es muss die ganze Jugendarbeit von den Kleinen bis zu den Großen gezielt gefördert werden. Wir werden uns nie Spieler für 40 oder 50 Millionen Euro leisten können, deswegen brauchen wir eine Top-Jugendarbeit. Wir müssen auf die Jugend setzen. Deswegen brauchen wir auch weiterhin eine U21.”

die 50+1-Regel: “Diese Regel hat man zu respektieren. Wir bräuchten bei 1860 kein 50+1, wenn wir ein Miteinander hätten. Wenn du Geld gibst, willst du auch, dass deine Meinung gehört wird. Das ist ganz einfach im Leben.”