VON OLIVER GRISS

Eigentlich ist das Anforderungsprofil in der 1860-Satzung klar definiert: “Die Mitglieder des Verwaltungsrats sollen angesehene Personen sein, die aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen in der Lage sind, dem Verein beratend in rechtlichen, wirtschaftlichen, sportlichen, sport- und fanpolitischen Belangen sowie aufsichtsführend zur Verfügung zu stehen.” Deswegen wäre es für den TSV 1860, der noch immer einer der populärsten Fußballvereine in Deutschland gehört, wünchenswert, wenn sich für den Verwaltungsrat kluge Köpfe und Löwen mit Vernunft finden würden - und keine Nadelstecher gewählt werden, die nichts anderes als Konfrontation mit dem Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik suchen. Der Wahlkampf in den letzten Wochen war teilweise dreckig: Volksschauspielerin Senta Auth (“Dahoam is dahoam”) wurde im Internet verunglimpft und als bekennende CSU-Sympatisantin in die rechte Ecke geschoben, so dass sogar die Polizei ermittelt. Das ist nicht das Sechzig, wie wir es uns wünschen.

30 Kandidaten stehen für neun Plätze heute bei der Mitgliederversammlung zur Auswahl - und es sind einige interessante Kandidaten im Topf: Das Team Profifußball stellt zum einen Sport-Kompetenz (Bernhard Winkler), und zum anderen auch unternehmerisches Geschick (Thomas Hirschberger, Klaus Ruhdorfer). Aber auch auf der Liste von PRO1860 taucht mit SPD-Politiker Gerhard Mayer ein fähiger Mann auf, der für seinen heißen Draht zu OB Dieter Reiter bekannt ist. Aber auch unabhängige Kandidaten wie Karl-Christian Bay, der es in den letzten Wochen mit Investoren-Vertreter Saki Stimonaris geschafft hat, eine gemeinsame Basis zu finden, muss in dieses Gremium unbedingt wieder gewählt werden. Was kontraproduktiv ist: Keiner der 30 Kandidaten darf sich heute auf der Mitgliederversammlung vorstellen.

Der Löwe braucht endlich wieder Löwen mit Vernunft, ansonsten wird sich die nächsten Jahre weiter gestritten. Daniel Bierofka hat es mit seinem Team vorgemacht, wie Geschlossenheit und erfolgreiche Arbeit funktioniert - jetzt sollten die Funktionäre nachziehen. Das gilt auch für Präsident Robert Reisinger. Seine Ankündigungen in einem internen Schriftverkehr, im Streit mit Hasan Ismaik notfalls “politischen Beistand” einzuschalten, sind eine absolute Farce. Sechzig braucht keine Politiker, sondern ein faires Miteinander.