VON OLIVER GRISS

Karl Sochurek (66) ist schon zweimal im Präsidenten-Casting angetreten - und zweimal zog er den kürzeren: erst gegen Gerhard Mayrhofer, dann gegen Peter Cassalette. Jetzt will der Münchner Zahnarzt in den 1860-Verwaltungsrat. Das db24-Interview mit dem Lebensmitglied:

dieblaue24: Herr Sochurek, Sie stehen weder auf der “Pro1860”-, noch auf der “Team Profifußball”-Liste - warum muss man Sie trotzdem wählen?

KARL SOCHUREK: Ich stehe im Prinzip für die Mediation bei 1860. Ich würde gerne Einigkeit einkehren lassen, nicht im Einzelnen, sondern im Gesamten. Und da ist es egal, ob man Profifußball oder ins Grünwalder Stadion will. Wenn wir uns einig sind, dann kriegen wir alles geregelt.

Den 30 Kandidaten wird bei der Mitgliederversammlung am Sonntag kein Rederecht gewährt. Ein Nachteil?

Auf jeden Fall ist das ein Nachteil, vor allem für mich, weil ich zu keiner Gruppierung gehöre. 2015, bei der letzten Verwaltungsratswahl, war das noch anders. Aber ich denke, das hat auch was mit Organisation zu tun.

Wie können Sie 1860 helfen?

Ich kann dem Verein meine persönliche Manpower anbieten und Connection. Ich bin in München niedergelassener Zahnarzt und habe in meinem Klientel durchaus Leute, die sich finanziell einbringen würden. Aber dazu brauche ich eine offizielle Funktion, um diese Leute zu akquirieren und zu motivieren. Und ich wäre auch selbst bereit, Klingel zu putzen, damit 1860 vorwärts kommt. Die Leute kommen nicht von selber, nur weil wir die schönere Farbe haben. Ich will mich auch im Behindertensport einbringen, weil ich auch viele Behinderte behandle und auch die Kooperation mit der Pfennigparade großartig finde.

Unzufrieden sind sie vor allem mit der fehlenden Transparenz…

Ich als Otto-Normal-Mitglied erfahre gar nicht, was im Verein passiert und wo es lang geht. Mir würde als Transparenz schon genügen, wenn aus der KGaA und dem Verein ein bisschen mehr routinemässig veröffentlicht werden würde. Es wird alles in einem inneren Zirkel abgearbeitet, ohne die Mitglieder und Fans zu informieren. Bis heute was keiner, wie der Ausstieg aus der Allianz Arena abgelaufen ist. Haben wir Altlasten? War es ein Geschenk des FC Bayern? Klärt uns endlich auf! Das wüsste ich gerne als Mitglied und nicht als Kandidat für den VR. Außerdem würde mich die Kommunikation vor dem schwarzen Freitag interessieren, die Franz Hell bei der letzten Mitgliederversammlung vorgelesen hat. Ich behaupte: Alle haben Dreck am Stecken!

Sie haben in diversen Interviews angedeutet, dass Sie mit der Arbeit von Robert Reisinger unzufrieden sind?

Ich habe ihn vor der letzten Mitgliederversammlung ein paar Mal erlebt. Ich finde, dass er als Präsident einer der größten deutschen Vereine, zu wenig präsent ist. Und da meine ich durchaus auch einmal, Pressekonferenz zu machen, Wasserstandsbericht abzugeben und sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Seine Sacharbeit kann ich nicht beurteilen, weil ich nicht in den Gremium drin bin.

Ihrer großer Traum war immer, Löwen-Boss zu werden…

Das ist mein großes Ziel - eigentlich. Ich weiß: Jetzt bin ich ein böser Bube, weil ich das sage. Ich werde eh nicht gewählt, aber ich hätte das Standing, ich hätte auch das Auftreten und auch durchaus die geistigen und zeitlichen Kapazitäten dafür. Und nicht zu unterschätzen: Ich bin wirtschaftlich völlig unabhängig.

Wie würden Sie die Zusammenarbeit mit Ismaik angehen?

Da ist das Kind schon lange in den Brunnen gefallen. Ich hatte viele Gespräche mit dem leider viel zu früh verstorbenen Dieter Schneider geführt, nachdem er nicht mehr im Amt war. Er hat mir das bestätigt, dass viele Fehler auf beiden Seiten gemacht wurden. Es ist nunmal so: Wir haben einen Investor, mit dem man jetzt die Friedenspfeife rauchen muss. 1860 braucht einen Re-Start. Ich bin kein Feind der 50+1-Gegner, das letzte Wort muss immer der Verein haben.

Wie sehen Sie die Diskussionen ums Grünwalder Stadion?

Mei, ich bin im Grünwalder Stadion groß geworden. 1860 definiert sich über den Fußball - und wenn wir mehr Fußball wollen, dann brauchen wir auch mehr Stadion. Ich würde gerne im Grünwalder bleiben, aber es müsste deutlich aufgemotzt werden. Aber: Im Bezirksausschuss formiert sich doch schon jetzt eine Opposition. Wenn eine einstweilige Verfügung eines Anwohners kommt, dann ist alles vorbei. Deswegen: Ein großer Aus- oder Umbau ist nichts mehr als Träumerei.

Gehen Sie zur Versammlung am Sonntag - und: Was wünschen Sie sich?

Natürlich bin ich da, ich werde in der zweiten Reihe sitzen. Meine Erwartung? Ich möchte, dass die Mitgliederversammlung dieses Mal so abläuft, wie eine Mitgliederversammlung ablaufen muss: Demokratisch und gesittet, denn das, was letztes Jahr passiert ist, hat nichts mit einem Klub wie 1860 zu tun.