VON OLIVER GRISS

Aus der ganzen Republik werden heute in Völklingen mehr als 1200 Löwen-Fans beim ersten Play-off-Spiel gegen den 1. FC Saarbrücken (17.30 Uhr, dieblaue24-Liveticker) erwartet - für Marc Everling ist die Fahrt nach Völklingen ein Katzensprung. Der 27-Jährige lebt in Saarbrücken und arbeitet in Völklingen. Eine kuriose Konstellation für einen 1860-Anhänger. “Ich bin ein ganz seltenes Exemplar hier”, bestätigt er. Das db24-Interview:

dieblaue24: Herr Everling, Sie wohnen in Saarbrücken und lieben 1860. Wie kommt’s?

In meiner Kindheit waren meine Eltern und ich regelmäßig in Bayern im Urlaub. Im August 2000 - ich war 9 Jahre alt - machte mein Vater den Vorschlag, ein Training von 1860 anzuschauen. Nach dem Training wollte ich ein Autogramm von Werner Lorant. Er war allerdings im Löwenstüberl beim Haxnessen und bat mich, später zu kommen. Nach einem langen Gespräch mit ihm, war ich begeistert von Lorant und 1860. Mein Lieblingsspieler ist aber bis heute Benny Lauth. Er bleibt mein großes Idol. Ich würde mir wünschen, dass der Verein ihn in naher Zukunft integriert.

Warum sind Sie kein Saarbrücken-Fan geworden?

Ich hatte nie einen besonderen Bezug zum 1. FC Saarbrücken, obwohl ich nur drei Kilometer vom Ludwigsparkstadion entfernt aufgewachsen bin. Ich habe zwar zu den besseren Zeiten des FCS einige Spiele in der 2. Liga gesehen, u.a. die bittere 1:4-Niederlage der Löwen im Jahr 2004, allerdings hat mich der Verein nie wirklich begeistert und interessiert.

Haben Sie eine der wenigen Karten bekommen für das Hinspiel?

Leider war es uns nicht möglich, eine der begehrten Karten im Gäseblock des Völklinger Hermann-Neuberger-Stadions über das Ticketportal der Löwen zu ergattern. Es gab also nur noch zwei Möglichkeiten:
Entweder das Spiel im TV anschauen oder sich in den Heimblock des FCS einschleusen. Meine Freundin, meine Familie und meine Bekannte wurden damit also damit beauftragt, Karten für das Hinspiel in Völklingen zu organisieren. Erfreulicher Weise haben wir kurzfristig erfahren, dass ein Verwandter zwei Karten über ganz spezielle Kontakte organisieren konnte. Ohne Connections wäre dies nicht möglich gewesen.

Wie oft waren Sie in dieser Saison im Grünwalder - und warum nicht öfter?

Leider nur zweimal, da München nicht gerade um die Ecke liegt und ich zeitlich sehr eingespannt bin. Ich versuche allerdings in der Regel pro Saison mindestens drei bis vier Spiele zu besuchen. Zur Relegation bin ich natürlich - auch ohne Ticket - in München vertreten. Ich hoffe, dass es ein vom Verein organisiertes Public-Viewing geben wird, damit alle Fans das wichtigste Spiel der Saison gemeinsam verfolgen können und den Aufstieg zusammen feiern können.

Gibt es viele Löwen-Fans im Saarland - oder sind Sie ein eher seltenes Exemplar?

Ich bin defintiv ein seltenes Exemplar. Ich kenne nur zwei weitere Saar-Löwen, wobei einer davon vor kurzem beruflich nach München gezogen ist. Die gemeinsame Leidenschaft für 1860 mit dem besagten Saar-Löwen ist nur zufällig aufgefallen. Wir hatten beide auf dem Bolzplatz ein Löwentrikot an. Wir waren beide überrascht, eine andere Person im Sechzig-Trikot im Saarland zu sehen. In den letzten Jahren haben wir zusammen einige unvergessene Spiele besucht, u.a. das Highlight gegen Holstein Kiel.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Löwen aus der Ferne?

Nach dem skandalösen Abschied aus dem Profifußball im vergangenen Jahr - ich war selbst bei der Relegation im Stadion - war ich sehr sauer und enttäuscht von meinen Löwen. Zum einen von den Leistungen der Spieler, zum anderen von den getroffenen Entscheidungen der Verantwortlichen vor und im Laufe der Saison. Leider wurde zu stark auf die falschen Personen gesetzt! Dank Daniel Bierofka haben die Löwen wieder ihren alten Charme zurück. Es macht einfach Spaß zu sehen, was Biero bei den Löwen bewirkt und wie er die schwierige Situation zu Beginn der Saison angenommen und bravourös gemeistert hat. Biero ist und bleibt ein echter Löwe und wird hoffentlich noch eine große Zukunft bei den Löwen haben.

Spürt man in Saarbrücken auf das Relegationsspiele gegen 1860 schon die Vorfreude?

Definitiv! Ich habe sehr viele Freunde und Bekannte, die große FCS-Fans sind und den beiden Relegationsspielen entgegen fiebern. Im Fußballverein und auf der Arbeit wird natürlich aus beiden Fanlagern enorm gestichelt. Es werden Wetten abgeschlossen und vorab Taschentücher verteilt. Das macht den Fußball aus. In den letzten Wochen ist stark aufgefallen, dass vermehrt FCS-Trikots und Shirts getragen werden. Das war vorher eher seltener der Fall.

Zu den Heimspielen der Saarbrücker sind in der abgelaufenen Saison im Schnitt nur etwas mehr als 3000 Fans gekommen - woran liegt dieses Desinteresse?

In den letzten Jahren in der Regionalliga hält sich das Interesse der FCS-Fans stark in Grenzen. Seit dem Umzug vom berühmt-berüchtigten Ludwigsparkstadion in das kleine Hermann-Neuberger-Stadion in Völklingen haben zwar einige Fans die Spiele boykottiert, allerdings lag der Zuschauerschnitt vor dem Umzug auch lediglich bei 3.000 bis 4.000 Zuschauern.Die Glanzzeiten des FCS sind lange vorbei.

Auf welche Saarbrücker Spieler muss 1860 besonders aufpassen?

Saarbrücken hat mit Behrens und Schmidt einen sehr starken Angriff, welcher für einen Großteil der Saarbrücker Tore verantwortlich war. Da beide Spieler allerdings nach den Aufstiegsspielen den Verein in Richtung Zweite Liga verlassen, gehe ich davon aus, dass diese gedanklich bereits bei ihren neuen Vereinen sind und somit nicht mehr 100 Prozent für den FCS geben. Ein weiterer gefährlicher Spieler ist Markus Mendler, welcher der Top-Vorbereiter des FCS ist. Mendler ist vor allem für seine Dribblings und genaue Flanken bekannt. Hier müssen wir vorsichtig sein! Kapitän Manuel Zeitz, welcher sich bereits in höheren Ligen versucht hatte, aber nicht durchsetzen konnte, ist das Herzstück im zentralen Mittelfeld. Die Löwen dürfen ihn nicht ins Spiel kommen lassen. Sollte der FCS nicht aufsteigen, was ich natürlich sehr begrüße, wird ein großer Umbruch befürchtet.

Was würden Sie Löwen-Fans empfehlen, die keine Karte für Völklingen bekommen haben: In welcher Kneipe kann man am besten feiern?

Zum Feiern in Saarbrücken bietet sich defintiv der St. Johanner Markt an, wo viele Kneipen und Bars nebeneinander zu finden sind.Ich fordere allerdings alle Löwenfans auf, nach Völklingen zu kommen und dort die Mannschaft zu unterstützen und den Auswärtssieg gemeinsam zu feiern! Die Löwen brauchen uns.