VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (FOTO)

Bernd Patzke gehört zu den wenigen noch lebenden Legenden des TSV 1860. Er feierte mit dem Kult-Klub 1966 die deutsche Meisterschaft. Zu Bayernliga-Zeiten war er auch Trainer der Löwen. Heute wird der ehemalige Verteidiger, der mit 24 Länderspielen bis heute den Vereinsrekord inne hat, 75. Das db24-Geburtstags-Interview mit dem gebürtigen Berliner:

Alles Gute zum Geburtstag, Herr Patzke: Wie feiern Sie heute Ihren Ehrentag?

BERND PATZKE: Ich bin gestern Nachmittag nach Barcelona geflogen. Mit meinem Sohn, meiner Frau und einer Freundin gehen wir heute Abend gemütlich essen. Ich lasse den Tag auf mich zukommen. Mein Sohn hätte mir eine Karte für Barcelona gegen Chelsea besorgt, aber dieses Spiel schaue ich mir dann lieber doch auf dem Hotelzimmer an (lacht).

Was macht die Gesundheit?

Toi, toi, toi. Ich bin sehr zufrieden, dass ich noch so gut beinander bin. Ich fühle mich sehr gut. Ich spiele im Sommer Golf und gehe dreimal wöchentlich ins Fitnessstudio. Ich fahre dort Rad, absolviere ein Zirkeltraining über sieben Stationen. Danach gehe ich in die Sauna und bin hinterher richtig gut drauf.

Wenn der Aufstieg gelingt, dann muss der Verein aufrüsten

Wie verfolgen Sie die Löwen noch?

Ich gehe so oft es geht zu den Heimspielen ins Grünwalder Stadion. Wenn du einmal mit Sechzig in Berührung warst, lässt dieser Mythos einen nicht mehr los. Ich freue mich über Siege, aber in den letzten Jahren musste man leider mehr leiden. Ich würde mich sehr freuen, wenn 1860 wieder aufsteigen würde. Aber die Mannschaft ist nicht so stark, wie sie gemacht wird. Mit Timo Gebhart haben sie nur einen einzigen überdurchschnittlichen Spieler - und der ist leider seit Monaten verletzt. Diesen Qualitätsverlust sieht man jetzt auf dem Spielfeld.

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Ihr Tipp für die Zukunft?

Wenn der Aufstieg gelingen sollte, was ich Daniel Bierofka sehr wünsche, dann muss der Verein richtig aufrüsten.

Genau das wird das Problem sein. Der Verein plant mit einem Budget von drei Millionen Euro - ohne Fremdgelder…

Wenn 1860 nicht einkauft, sehe ich im Aufstiegsfall schwarz. Ich kann nur empfehlen, dass der Verein auf Hasan Ismaik wieder zu geht. Ob 1860 bei Hasan Ismaik jetzt 50, 60 oder 70 Millionen Euro Schulden hat, spielt keine Rolle. Er ist der Eigentümer. Was viele nicht wissen: Ismaik verschuldet nicht 1860, sondern sich selbst. Wenn du Erfolg haben willst, musst du Geld in die Hand nehmen. Es geht darum, dass der Verein vorwärts kommt. Ohne Geld wirst du immer tiefer fallen.

Haben Sie das schon mal der aktuellen Führung gesagt?

Ich bin seit über 40 Jahren Mitglied: Ich war sechs Jahre Spieler, anderthalb Jahre Trainer - ich kenne keinen einzigen der Funktionäre. Und es hat sich auch noch keiner vorgestellt. Das ist kein Vorwurf, schließlich ist die Fluktuation riesig bei 1860. Aber wenn ich mal die Gelegenheit hätte, mit dem Präsidium zu reden, würde ich ihnen sagen, dass das Grünwalder Stadion ein großer Rückschritt ist.

Wenn ich im Stadion bin, weiß ich nicht, ob die Fans sich selbst feiern oder die Mannschaft anfeuern. Das muss mir nochmal einer erklären.

Die Fans feiern die Rückkehr nach Giesing aber…

Wieviele sind das? Das ist eine Minderheit. Wenn ich im Stadion bin, weiß ich nicht, ob die Fans sich selbst feiern oder die Mannschaft anfeuern. Das muss mir nochmal einer erklären, ich habe das noch nicht herausgefunden. Es gibt immer die Ewiggestrigen. Die Zukunft - wenn du was im Sport erreichen willst, sieht anders aus.

Bei Ismaik steckt kein böser Wille dahinter

Wie bewerten Sie Hasan Ismaik?

Das letzte Jahr war eine Katastrophe. Der Trainer, die Spieler - er war sehr schlecht beraten. Trotzdem stört es mich, wenn die Leute so abfällig über Ismaik reden und singen. Was geht in diesen Menschen vor? Bei Ismaik steckt kein böser Wille dahinter. Ich glaube, er hat bislang nur mit Amateuren zusammengearbeitet. Ich kann mich an einen Spruch von ihm erinnern. Einmal hat er gesagt: “Wo sind meine acht Millionen?” Da sagt schon viel aus. Ich wünsche ihm, dass er Leute seines Vertrauens findet, die es gut mit ihm meinen und nicht das Geld, sondern 1860 im Kopf haben. Wenn er so einen Menschen findet, dann geht es schnell wieder nach oben. Deswegen: Ich bin ganz klar für ein Miteinander mit Ismaik.

Werden Sie 1860 nochmal in der Bundesliga sehen?

Ich hoffe es, aber viel Zeit bleibt mir nicht mehr. 1860 sollte sich ein Beispiel an Leipzig nehmen. Mit großer Sorge verfolge ich auch den Absturz der Löwen-Jugend. Ich frage mich: Warum lässt man das zu?

Wer ist für Sie der größte Löwe aller Zeiten?

Vom Mentalen und Herz her, gibt es nur einen: Manni Wagner. Er war das Nonplusultra des TSV 1860. Er ist leider viel zu früh gestorben. Aber auch Fredi Heiß, Petar Radenkovic und Zeljko Perusic stehen ihm in nichts nach. Leider wird unser Meistertisch immer kleiner. Im vergangenen Jahr sind wieder zwei Meister-Löwen gestorben. Das trifft einen hart - aber jeder ist einmal der Hauptdarsteller…

Sie standen bei einem 1860-Spiel als Trainer an der Seitenlinie, das bis heute unvergessen ist: Gründonnerstag im Jahr 1984, Grünwalder Stadion, 6:1 gegen die SpVgg Fürth…

Wir hatten eine wunderbare Mannschaft: Mit Jürgen Korus, Ludwig Kögl, Erich Beer und Gerry Hillringhaus. Wir waren Zweiter, Fürth Erster. Zur Pause führten wir vor über 30.000 Fans im Grünwalder Stadion mit 5:0. Das war ein Fußballfest. Unvergessen.

Entlassen wurden Sie auf dem Oktoberfest - von 1860-Präsident Karl Heckl mit dem Spruch: “Prost Bernd, du bist entlassen!”

Nach über 30 Jahren kann ich mit dieser Legende jetzt einmal aufräumen. Es stimmt nicht, dass dieser Satz so gefallen ist. Ich wollte dem Boulevard aber diese Geschichte nicht kaputt machen, deswegen habe ich das bislang immer so stehen gelassen.