VON OLIVER GRISS

Daniel Bierofka ist ein Einzelkämpfer beim TSV 1860. Er macht viele Jobs in Personalunion: Trainer, Sportchef, Scout, Pressesprecher und oberster Repräsentant - das kostet unheimlich viel Kraft, vor allem, weil die Löwen kein normaler Verein sind, sondern immer noch ein Klub, der quasi rund um die Uhr eine Aufmerksamkeit wie ein ambitionierter Erstligist genießt. Die Statistiken von dieblaue24 beweisen dies - die Löwen werden in der Regionalliga stärker geklickt als in der Zweiten Liga.

Jedoch hat kein anderer Verein in Deutschland einen höheren Verschleiß an Funktionären und Trainern als 1860 - das schreckte in der Vergangenheit viele ab. Mit Bierofka hat der Regionalliga-Tabellenführer aber nun ein Kind des Vereins in der Schaltzentrale, das es gilt, zu hegen und zu pflegen. Dazu gehört auch, dass man sein Engagement entsprechend vergütet und den U21-Vertrag umwandelt - und auch seine Vorschläge ernst nimmt.

Löwen, verscherzt es Euch nicht mit Bierofka!

Am Montag hat Bierofka nun das angestoßen, was selbst in der viertklassigen Regionalliga zum Standardprogramm gehört: Vernünftige Strukturen. Doch mit Strukturen und Visionen ist das bei 1860 so eine Sache: Seit der unvergessenen Wildmoser-Ära (zehn Jahre Bundesliga inklusive Europapokal) ist an der Grünwalder Straße vieles auf Zufall und Stückwerk aufgebaut - die Konsequenz ist der Verfall einer der größten deutschen Fußball-Marken mit dem Höhepunkt Zwangsabstieg in die Regionalliga Bayern. Beim TSV 1860 ist Bierofka derzeit der einzige Mitarbeiter mit hoher Sport-Kompetenz. Doch zum Fußball gehören auch sportpolitische Entscheidungen, die Bierofka ungern erledigt. Sein Spielplatz ist der Rasen.

Damit Bierofka sich wieder auf sein Kerngeschäft konzentrieren kann, wünscht er sich einen Sportdirektor sowie einen Chefscout - nur so ist gesichert, dass die Arbeit des Trainers auch von langfristigem Erfolg gekrönt ist. In einem professionell geführten Verein beginnen jetzt bereits die Planungen für die neue Saison - und bei 1860? Lebt man wieder von der Hand in den Mund?

Sollte wieder alles dem Zufall überlassen werden, hätten die Löwen wieder die einmalige Chance verpasst, einen ordentlichen Neubeginn mit ihrem allerletzten Hoffnungsträger Bierofka zu starten.