VON OLIVER GRISS

Es war Montagbend, kurz nach 23 Uhr, als Kosta Runjaic (45) von Peter Cassalette seine Beurlaubung, die laut des Präsidenten schon vor dem 1:1 gegen Lautern festgestanden hatte, im VIP-Bereich der Allianz Arena mitgeteilt bekam (siehe Exklusiv-Foto, das uns ein Fan zur Verfügung gestellt hat). “Die Entscheidung war eine längere Entwicklung. Wir sind mit anderen Erwartungen in die Saison gegangen, haben keinen Plan des Trainers gesehen”, erklärte dann der Ober-Löwe einen Tag später in einer legendären Pressekonferenz an der Grünwalder Straße.

Gekommen war Runjaic mit dem Ruf, jeden Löwen-Profi besser machen zu können - abgetreten ist er nach 13 Spielen mit einem desaströsen Punkteschnitt von 0,92. Damit lag der 45-Jährige sogar noch unter der Bilanz von Benno Möhlmann (0,95). Runjaic war nur etwas besser als Ricardo Moniz und Markus von Ahlen (beide 0,86). Gemessen an den Ausgaben (17 Millionen Euro!) ein sportlicher Offenbarungseid. Hasan Ismaik: “Wir haben am meisten in der 2. Liga investiert, der sportliche Erfolg ist aber nicht vorhanden. Bei diesen Investitionen müssten wir auf den vorderen Plätzen stehen.” Genau das wurde dem Investor auch von Runjaic und Sportchef Thomas Eichin versprochen, dass sich genau mit ihren Neuzugängen (Aigner, Olic, Stojkovic, Perdedaj, Boenisch, Matmour, Zimmermann) der Erfolg einstellen werde. Victor Andrade und Ribamar kamen über Ismaiks Schiene zum TSV. Dass ausgerechnet die beiden Brasilianer teilweise stiefmütterlich im Verein behandelt wurden, kam nicht nur Ismaik kurios vor.

Sein Training diente eher zur Selbstinszenierung als zur Verbesserung der Spieler.

Rumort soll es nach dieblaue24-Informationen in der Mannschaft schon länger haben: Das Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft soll seit Wochen schwer belastet gewesen sein. Der größte Vorwurf: Runjaic soll seine “Lieblinge” in der Mannschaft gehabt und seine Aufstellungen teilweise auch danach ausgerichtet haben. Eine Mannschaftsstruktur konnte sich auch aufgrund der vielen Wechselspiele, auch verursacht durch das Verletzungspech, nicht aufbauen. Dass die Mannschaft einen nicht austrainierten Eindruck macht, wundert die Beobachter der 1860-Trainingseinheiten nicht. Während Seile und Gummibänder Konjunktur hatten, stand der Ball eher selten im Mittelpunkt: Spiele über den ganzen Platz? Waren die Ausnahme. Dafür konnte Fitnesstrainer Zvonko Komes, der frühere Hitzfeld-Assistent, fast nach Belieben an der Grünwalder Straße schalten und walten. Der Tenor der kritischen Stimmen im Verein: “Sein Training diente eher zur Selbstinszenierung als zur Verbesserung der Spieler.”

Was vielen Spielern ebenfalls sauer aufgestoßen ist und irritiert hat: Die überhebliche Art von Co-Trainer Tuncay Nadaroglu - und, dass Runjaic und Komes immer wieder mit ihren Landsleuten serbokratisch auf dem Platz gesprochen haben. Aspekte, die neben der sportlichen Talfahrt nur einen Entschluss zuließen, bis auf Torwarttrainer Andreas Menger das kostspieligste Trainerteam in der Löwen-Geschichte zu beurlauben.

Der alte und neue Hoffnungsträger beim TSV 1860 heißt vorübergehend Daniel Bierofka. Ismaik: “Er genießt mein volles Vertrauen. Er weiß, was die Mannschaft und der Verein jetzt braucht.”