Zimmermann im Interview: „Zwischen den Trainer und uns passt kein Blatt Papier“

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Die Stimmung ist angespannt beim TSV 1860. Nach drei Pleiten aus vier Spielen ist der Giesinger Traditionsklub auf Rang 14 abgestürzt. Wir baten Jan Zimmermann, die derzeit einzig positive Konstante im Löwen-Team, zum dieblaue24-Interview:

dieblaue24: Herr Zimmermann, Sie waren nach dem 0:2 in Würzburg richtig aufgebracht, als Sie vor Wut schäumten und sagten: “Ich könnte alles kurz und klein schlagen.” Haben Sie schon wieder beruhigt?

JAN ZIMMERMANN (30): Ja! Der Frust verwandelt sich bei mir relativ schnell in Motivation und Ehrgeiz. Ich war nicht zufrieden mit der Punkteausbeute und dem Wie, wie wir zuletzt aufgetreten sind. Nichtsdestotrotz dürfen jetzt nicht den Fehler machen und alles negativ sehen. Wir haben in der Länderspielpause sehr hart und konzentriert gearbeitet – und auch versucht, Defizite aufzuarbeiten. Das ist der einzige Weg, den wir gehen müssen. Wir dürfen uns von nichts ablenken lassen.

Dennoch: Der knappe 1:0-Testsieg gegen eine sogenannte “Bayern-Auswahl” mit etlichen A-Klassen- und Kreisklassenkickern in Burghausen war alles andere als aufbauend…

Wir hatten schon einige Torchancen, aber so ein Spiel muss man natürlich viel höher gewinnen. Den Anspruch haben wir auch an uns selbst. Hinterher sind wir mit uns hart ins Gericht gegangen, andererseits hat sich kein weiterer Spieler verletzt. Das ist in unserer Situation auch positiv.

Täuscht der Eindruck, dass die Stimmung in der Mannschaft seit einigen Wochen ein wenig unterkühlt ist?

Vielleicht wirkt das von außen so. Das ist aber auch mit Sicherheit der Tatsache geschuldet, dass wir in der letzten Zeit viel miteinander gesprochen haben und uns alle sehr viel vornehmen. Wir sind sehr ehrgeizig und selbstkritisch – dann wirkt das vielleicht so, dass wir introvertiert sind. Wir müssen jetzt die richtige Balance zwischen Ehrgeiz und Lockerheit, die wir zum Anfang der Saison noch hatten, finden.

Trainer Kosta Runjaic hat zuletzt angemahnt, dass die Mannschaft deutlich lauter werden muss…

Grundsätzlich ist das eine Typfrage: Der eine Spieler ist introvertiert, der andere extrovertiert. Wir müssen an diesem Mangel arbeiten – und es ist richtig, dass der Trainer das anspricht. Aber das geht nicht von heute auf morgen. Wenn wir uns in drei, vier Wochen nochmal unterhalten, sollten wir schon lauter geworden sein – weil wir uns damit selbst helfen. Es geht nicht darum, seinen Kollegen anzuschnauzen, sondern mit Kommandos zu helfen.

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In der Öffentlichkeit wird teilweise eine Trainer-Diskussion geführt – hat sie Kosta Runjaic geschadet?

(überlegt): Viel kann ich als Spieler nicht dazu sagen, aber was ich sagen kann: Der Trainer arbeitet sehr konzentriert und konsequent mit uns. Man merkt ihm nicht an, dass ihn irgendwelche Diskussionen nervös machen würden – aber das ist auch nicht seine Art. Nicht nur ich, sondern auch die Mannschaft ist davon überzeugt, was wir tun. Es herrscht alles andere als eine frostige Kälte in der Kabine. Zwischen uns und den Trainer passt kein Blatt Papier. Wir sind eine Einheit – auch in schlechteren Phasen wie aktuell. Natürlich bin auch ich unzufrieden damit, dass wir erst acht Punkte haben. Das schüttelt man nicht so einfach ab. Aber wir haben im Sommer alle davon gesprochen, dass wir gemeinsam etwas entwickeln wollen. Ich denke, dass es noch keiner geschafft hat, etwas in zwei oder drei Monaten zu formen. Wer uns im Training sieht, mit welcher Intensität trainieren, sollte dem Projekt Zeit geben.

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Gestatten Sie uns trotzdem eine Frage: Wie schafft es ein kleiner Verein, wie Ihr Ex-Klub FC Heidenheim, vor den Löwen in der Tabelle zu stehen?

Das ist ganz einfach zu beantworten: Der große Vorteil des FC Heidenheim ist die Eingespieltheit. Die Mannschaft ist seit dem Aufstieg quasi im Kern die gleiche. Das kann man gegen nichts aufwiegen. Da sind Mechanismen und Abläufe drin, die können bei uns noch nicht funktionieren. Wir sprechen da von einem Vergleich zwischen drei Jahren und drei Monaten.

Die letzte Frage: Warum haben Sie den Wechsel zu 1860 trotz des schwierigen Starts trotzdem nicht bereut?

Ehrlich? Ich habe keine einzige Sekunde bereut, hier zu sein. Ich habe mich nicht nur als Sportler, sondern auch als Mensch bei 1860 weiterentwickelt. Ich habe schon viel gelernt und durfte schon ein paar Monate den Verein kennenlernen. Ich fühle mich geehrt, dass ich miterleben darf, wie der Verein einen neuen Weg eingeschlagen hat. Es wird gerade viel Geld in die Infrastruktur gesteckt, wir bekommen neue Plätze. Das ist super – genauso die Tatsache, wieviele Menschen sich für den Verein und mich als Sportler interessieren. Das macht mich sehr stolz. Auf der anderen Seite ist das für mich aber auch eine Verpflichtung.

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