Seit mehr als einer Woche ist der Klassenerhalt des TSV 1860 fix. Den Zeitvorsprung, den der Klub aus Giesing durch die Rettung mit dem 1:0-Triumph über Absteiger Paderborn am 33. Spieltag hatte, schmilzt allerdings langsam. Ob Sportchef Oliver Kreuzer in dieser Woche noch einen Trainer präsentieren kann, ist inzwischen fraglich. “Ich will an meinem Zeitplan festhalten, dass wir bis Ende der Woche unseren neuen Trainer präsentieren können”, sagte Kreuzer am Dienstag gegenüber dieblaue24. Klar ist aber: Franco Foda (Sturm Graz) und Mirko Sloma (vereinslos) sind die Topfavoriten auf die Nachfolge von Löwen-Retter Daniel Bierofka. Die Entscheidung will wohl überlegt sein, um nicht die selben Fehler wie in der Vergangenheit zu machen. Deswegen hat Investor Hasan Ismaik, der sich derzeit in Los Angeles aufhält, seine Zusage noch nicht gegeben.
Doch die Trainer-Frage ist nicht die einzige Personalie beim einst so ruhmreichen TSV 1860, die noch unsicher ist. Eine Bestandsaufnahme in dieblaue24:
Das Präsidium: Peter Cassalette ist seit November im Amt. Der 62-Jährige macht anders als seine Vorgänger einen unaufgeregten und seriösen Job, Cassalette hat das Klima in der Zusammenarbeit mit Investor Ismaik deutlich verbessert. Seine Kritiker werfen ihm allerdings vor, dass der Präsident zu sehr auf der Seite des Jordaniers sei. Tatsächlich hat Cassalette sein Schicksal mit Hasan Ismaik verknüpft: “Wenn Hasan das einhält, was er versprochen hat, dann mache ich weiter.” Genau diese Aussagen scheinen den Verwaltungsrat wenig zu beeindrucken. Noch immer nicht hat der Verwaltungsrat Cassalette für die nächste Präsidenten-Periode vorgeschlagen. Vertrauen ist etwas anderes – oder stecken diese unsäglichen Machtspielchen wieder dahinter? Auf der Mitgliederversammlung (19. Juni) soll der Präsident gewählt werden, 14 Tage vorher geht über das Vereinsheft die Einladung raus. Theoretisch könnte der Verwaltungsrat am 19. Juni noch einen anderen Präsidenten vorschlagen.
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Der Investor: Ismaik hat die Zahlung von rund vier Millionen Euro bis zum Stichtag am 24. Mai zugesichert, damit 1860 die Lizenz für den Spielbetrieb in der DFL erhält. Doch der erfolgreiche Geschäftsmann aus Abu Dhabi hat seine Zahlungen auch verständlicherweise an Bedingungen gekoppelt. Er will den TSV professionalisieren, wogegen sich einige im Verein offenbar weiter sträuben, um selbst möglicherweise nicht durchs Sieb zu fallen. Ismaik selbst hat zuletzt deutlich Imagepflege betrieben und das nicht nur über sein Facebookprofil. Der 39-Jährige zeigt sich erstmals seit seinem Einstieg 2011 1860-like. Bei seinen inzwischen regelmäßigen München-Besuchen nimmt sich Ismaik immer wieder Zeit für die Fans, aber auch für seine Kritiker. Für die ARGE-Hauptversammlung am 11. Juni in Dietfurt hat Ismaik – wie sein Bruder Abdelrahman, Übersetzer Mutaz Sabbagh, das Präsidium um Peter Cassalette sowie Sportchef Oliver Kreuzer – vor Wochen bereits zugesagt. Ismaik will dieses Treffen auch nutzen, um vor möglichst vielen Fans zu sprechen. Die Halle in Dietfurt bietet Platz für 1500 Besucher.
“Der größte Hemmschuh in diesem Verein ist der Verwaltungsrat. Es geht nur um Macht und Eitelkeiten.”
Der Verwaltungsrat: Das Gremium ist nach dieblaue24-Informationen keine Einheit. Inbesondere Robert von Bennigsen soll pikiert darüber sein, dass Präsident Cassalette seinen eigenen Weg geht und nicht auf dessen Rat hört. Kurios: Einer der Räte soll Ismaik vor einiger Zeit ein gemeinsames Geschäft in Hamburg angeboten haben, das der Investor mit einem müden Lächeln ablehnte. Seitdem soll sich genau dieser 1860-Verwaltungsrat gegen Ismaik stellen. Andere wiederum, die sich als Fußball-Romantiker geben, machen in diversen Foren Politik; Karl-Christian Bay und Christian Waggershauser kämpfen für den Verbleib von Geschäftsführer Markus Rejek, “vom besten Geschäftsführer aller Zeiten” ist die Rede. Ein 1860-Funktionär, der nicht genannt werden will, sagte gegenüber dieblaue24: “Der größte Hemmschuh in diesem Verein ist der Verwaltungsrat. Es geht nur um Macht und Eitelkeiten.” Bei den Fans wird längst über ein Mißtrauensvotum nachgedacht.
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Die Geschäftsführung: Seit fast zweieinhalb Jahren arbeitet Markus Rejek für die Fußballfirma – die großen Erfolge sind ausgeblieben. Was man dem Dortmunder im Verein vor allem vorwirft, ist “fehlendes Fingerspitzengefühl”. Wir erinnern uns: Rejek hatte beispielsweise das Präsidium nicht zur Weihnachtsfeier eingeladen oder auch mit einer sinnlosen und 50.000 Euro teuren Powerpoint-Präsentation (Was ist 1860?) für Kopfschütteln gesorgt. Nach dieblaue24-Informationen hatte Rejek vor einiger Zeit bei den Gesellschaftern die Vertrauensfrage gestellt – die sowohl bei Investor Ismaik als auch bei Präsident Cassalette negativ ausgefallen ist. Ein Nachfolger soll bereits parat stehen, möglicherweise kommt es bereits in dieser Woche zur Trennung von Rejek. Sein Vertrag wäre noch bis Ende des Jahres gelaufen. Unklar ist auch, wie es mit Noor Basha weitergeht. Auch wenn er mit der Installierung von Sportchef Oliver Kreuzer und dem Festhalten an Daniel Bierofka in der Winterpause gute Entscheidungen getroffen hat, könnte der 30-jährige Jordanier auch zu den Opfern der Umstrukturierung der Geschäftsstelle gehören.
Die Mannschaft: Sportchef Kreuzer will den Zweitliga-Kader von derzeit 31 auf 25 Profis verkleinern. Rund 8,5 Millionen Euro Budget hat 1860 für die neue Spielzeit zur Verfügung. “Ich will 18 gute Spieler, drei Torhüter und vier Talente”, sagte der ehemalige Bayern-Profi gegenüber dieblaue24: “Das Budget ist gut. Ich brauche nicht mehr Geld, um eine Mannschaft aufzustellen, die eine Saison frei von Sorgen spielt.” Während die Abgänge von Rubin Okotie, Gui Vallori, Richard Neudecker und Maxi Beister klar sind, würde Kreuzer auch gerne den Brasilianer Rodnei abgeben. Als möglicher Neuzugang wird seit Wochen Moritz Stoppelkamp von Zweitliga-Absteiger gehandelt. Der 29-jährige Angreifer ist ablösefrei.
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