Noch immer sind viele Löwen-Fans benebelt vom vergangenen Dienstag, als der TSV 1860  - getragen von 57.000 Fans in der Allianz Arena - das Umögliche möglich machte und Holstein Kiel nach einem 0:1-Rückstand noch mit 2:1 in die Knie zwang. Es war die Rettung. Nun hat sich der Fanrat des TSV 1860 gemeldet - und fordert in einem offenen Brief von den Verantwortlichen Konsequenzen für die desaströse Saison.Hier der Brief im Wortlaut:

Ein Wahnsinn dieses Spiel. Besser hätte es kein Autor schreiben können. Noch im Freudentaumel feiern fast 60.000 Löwen sich und ihr Team. Doch nach diesem Spiel gilt es die Saison nüchtern zu betrachten. Man hört die Vereinsverantwortlichen jetzt schon sagen: “Es war eine scheiß Saison, Mund abwischen und weiter geht’s!”
Für uns bleibt dazu zu sagen: NEIN! SO GEHT ES NICHT WEITER. Der Fanrat hat sich nie zuvor so vereinspolitisch geäußert, aber nach dieser Saison muss sich endlich etwas grundlegend ändern. Es wurden in nahezu allen Belangen erneut haarsträubende Fehler begangen und wir fordern aus dieser verkorksten Saison endlich die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Sechzig ist und bleibt weit hinter der Konkurrenz und wird so auf kurz oder lang in der Bedeutungs- und Interessenslosigkeit verschwinden. Es geht hier nicht um den nächsten Neuanfang, es geht darum, endlich berechtigte Forderungen in die Tat umzusetzen.
Teammanagement: Selten hat man so ein planloses Konzept gesehen. Misserfolg mit Aussagen à la “Ihr wolltet den Umbruch” zu rechtfertigen zeugt einzig und allein von Hilflosigkeit. Der Verschleiß von Spielern und Trainern sowie die Charakterlosigkeit einiger Neuzugänge in dieser Spielzeit sind wohl sogar in der Historie dieses „Chaosvereins“ beispiellos. Es ist dem Sportdirektor nicht im Ansatz gelungen eine zweitligataugliche, schlagkräftige Mannschaft zusammen zu stellen. Ohne Frage, die Niederlage am ersten Spieltag auf dem Betzenberg mag wohl ein Grund für den Verlauf der Saison sein, doch Hand aufs Herz, das ewige „Hätte-hätte-Fahrradkette“-Denken muss ab sofort der Vergangenheit angehören! Am Ende mussten - trotz des großen Umbruchs - Alt-Löwen und Spieler aus der eigenen Jugend in die Bresche springen. Die letzten 20 Minuten der Relegation mit Herzblut waren wohl einer der wenigen Lichtblicke dieser Saison. Viele Leute mussten diese Saison gehen, einzig der Verantwortliche für diese Misere bleibt weiterhin im Amt. Diesen Umstand verdanken wir wohl unserem Investor, diese Blockade geht weit über die Grenzen der 50+1 Regel hinaus. Es sollte genau geklärt werden, wie sich Gerhard Poschner so lange im Amt halten konnte und allem Anschein nach auch weiterhin kann. An Taten und Erfolgen muss man sich messen lassen und unter diesen Gesichtspunkten ist er auf ganzer Linie gescheitert und somit nicht mehr tragbar.
Außendarstellung/Fanarbeit: Was zu Beginn der Saison gut klappte, nämlich die Presse gut in Zaum zu halten und Internes intern zu lassen, klappte gegen Ende gar nicht mehr. Trainergerüchte aus dem Mund des Präsidenten, kryptische Facebook-Status des Beirats und die obligatorisch ausgetragene Schlammschlacht über die Presse boten wieder mal das altbekannte Bild vom „Chaosverein“ aus Giesing. Dazu kam dieses Jahr eine Sky-Dokumentation, die berechtigter- und bezeichnenderweise jeder andere Profiverein ablehnte. Was passiert, wenn man Menschen und eine Mannschaft in intimen Momenten - wie in der Kabine - vor eine Kamera stellt, sah man am übertrieben spielenden Markus von Ahlen deutlich. Professionelles Arbeiten sieht erneut anders aus.
Zur Identifikation mit den Werten von 1860 München gehört auch die Stärkung der Fanbasis. Seit ca. 2 Jahren ist es schlichtweg nur noch ein fast aussichtsloser Kampf Spieler, Verantwortliche oder sogar die ganze Mannschaft für Veranstaltungen, Aktionen oder Testspiele zu gewinnen. Nie werden klare Aussagen getroffen oder man wird für Testspiele auf dem Land jahrelang vertröstet. Sponsorentermine oder sonstige Gegebenheiten werden aus unserer Sicht hierzu vorgeschoben. Dabei halten wir es in der Zeit einer stärkeren Konkurrenz (Augsburg, Ingolstadt, Salzburg) für zwingend notwendig die Fanbasis zu suchen und zu stärken. Man muss auch raus aufs Land und hier die bestehende Fanlandschaft stärken und durch Volkes Nähe neue Fans hinzu zu gewinnen. Hier muss schnellstens ein anderer Weg als in der Vergangenheit eingeschlagen werden.
Hinzu kommt der Umgang mit den vorhandenen Fans, in dem uns Vereine wie Darmstadt erneut Meilen voraus sind. Dort feiern die Spieler mit den Fans, nicht 20 Meter hinter eine Polizeikette. Zumindest in Sachen Duckmäusertum gegenüber Polizei, Feuerwehr und sonstigen Drittparteien spielt Sechzig München in der Champions League. Es stellt sich die Frage, wie ein Verein stolz und mit erhobenem Haupt für sich selbst kämpfen soll, wenn manche Verantwortliche bereits am Anfang den Kopf in den Sand stecken?
Wie ein Freuden-Platzsturm oder eine Pyroaktion kein Weltuntergang ist, sollte ein Megafon Fanstandard sein und eine Choreographie kein Zugeständnis an die Fans darstellen. Fanrechte sind nicht verhandelbar!
Es wird sich auch weiterhin nicht entschlossen - höchstens oberflächlich - hinter die Fans gestellt, obwohl sie das wahrlich EINZIGE Kapital dieses Vereins noch sind. Wo anders mag dies nur eine Floskel sein, bei uns ist es leider bittere Realität. Das weiterhin ausbleibende Freundschaftsspiel gegen West Ham United in London oder die ersatzlose Entlassung des Fanbeauftragten tragen ihr Übriges zur ebenfalls verkorksten Fanpolitik bei. So kann und darf es auch hier nicht weiter gehen!
Stadionfrage: Zum zweiten Mal fast 60.000 in der Arena - was für eine verzerrtes Bild unseres Zuschauerschnittes. Es bleibt zu konstatieren, selbst wenn es für den Verein um Alles geht, ist dieses Stadion über 10.000 Plätze zu groß und selbst bei Abstiegsendspielen waren trotz den üblichen Billig- und Freikarten-Aktionen nur 20.000 Zuschauer im Stadion. Dass die Allianz Arena der Grund vielen Übels dieses Vereins ist steht außer Frage und soll an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden. Dass diese Sichtweise allem Anschein nach auch endlich in den Köpfen der meisten Verantwortlichen angekommen ist freut uns. Doch was wird getan um dies zu ändern?! Während Oberbürgermeister Dieter Reiter den Löwen quasi schon den blauen Teppich nach Giesing ausgebreitet hat und sogar Ministerpräsident Horst Seehofer die Unterstützung der Regierung zugesagt hat, hüllt sich der TSV 1860 in Schweigen und augenscheinlicher Untätigkeit. Phantastereien von einem etwaigen Stadionneubau auf grüner Wiese oder einer Rückkehr ins Olympiastadion sind derzeit nicht umsetzbar und somit schlichtweg sinnlos! Für Sechzig München kann es kurzfristig nur einen Weg geben und der führt heim ins Sechzgerstadion! Die momentan überaus positive Stimmung im Stadtrat bezüglich einer Rückkehr nach Giesing muss ein Signal für die Vereinsverantwortlichen sein. Wenn der Verein wie oben bereits beschrieben endlich stolz und mit erhobenem Haupt gegenüber Politik, Polizei und Feuerwehr auftritt, ist zumindest Zweitligafußball im Städtischen Stadion an der Grünwalder Straße machbar und die Rückkehr der Profimannschaft kein Ding der Unmöglichkeit. Wenn sogar Stadien wie das Böllenfalltor in Darmstadt, das Millerntor in Hamburg oder die Alte Försterei in Berlin die Auflagen erfüllen, ist dies auch in München-Giesing möglich! Außerdem sind gerade diese Stadien die besten Beispiele dafür, wie andere Vereine ihre Rolle erkannt, angenommen und umgesetzt haben und die zu sich passenden Stadien (aus-) gebaut haben. Es braucht JETZT ein handfestes Konzept für eine zeitnahe Rückkehr, ehe dieser Zug für immer abgefahren ist! Hierzu sollte der Auszug aus der Allianz Arena SPÄTESTENS zur Saison 2016/17 fixiert werden und alle Vorbereitungen für eine Rückkehr ins Grünwalder Stadion mit der Stadt, DFL, etc. vereinbart werden.
Wir fordern hiermit öffentlich die kommenden Wochen und Monate zu nutzen um die oben erwähnten Punkte aufzuarbeiten und Lösungen zu erarbeiten.

GEMEINSAM für ein stolzes und starkes Sechzig München!
Fanrat des TSV München von 1860 im Juni 2015