Eine Liebe, die 1860-Ehrenrätin Dilba Schmerzen verursacht
- VON OLIVER GRISS UND IMAGO (WAGNER)
- 26.12.2025 18:47
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Dieses Stadion spaltet den Klub - ganz weit hinten ist die rote Allianz Arena zu sehen...
VON OLIVER GRISS UND IMAGO (WAGNER)
Im Zentrum stehen verschiedene Figuren, die sinnbildich für den Zustand des Vereins stehen. Auf der einen Seite Svend Fridirici, einst das Auge und Vertrauensperson von Ex-Präsident Karl-Heinz Wildmoser. Der Versicherungskaufmann, der in den vergangenen Jahren mehrmals im Koma lag, hat alle überlebt. Der Versicherungskaufmann, der gesundheitlich Schlimmes überstanden hat, wirkt wie ein Relikt aus einer besseren Zeit. Während andere Löwen-Gesichter – etwa Kult-Stadionsprecher Stefan Schneider – nach drei Jahrzehnten freiwillig gegangen sind, ist Friderici immer noch da. Egal wie der Präsident seit dem Wildmoser-Aus 2004 hieß, Friderici ist immer noch da. Manchmal steht er bei Auswärtsspielen vor den jeweligen VIP-Räumen und wartet darauf, dass ihn irgendeiner reinholt. Manchmal auch vergeblich.
Wer ist das Löwen-Gesicht 2025?
Zum anderen schmückt auch 1860-Ehrenrätin Stephanie Dilba die Story - doch wenn man das liest, was die Lehrerin von sich gibt bzw. was über sie geschrieben wird, dann wirft das ein dunkles Licht auf den Klub - egal ob man ein Fan von der 49-Jährigen ist oder nicht. Die “SZ” schreibt: “Sie hat ihre Dauerkarte hergegeben. Wegen der Ticketpreise, der Sprüche in der Westkurve, der Gewalt.” Sie sagt: “Da habe ich keinen Bock drauf.” Ergo: Wenn du nicht blind mitziehst, bist du automatisch Gegner.
Sechzig hat Dilba einiges zugefügt, und nicht nur Glücksgefühle. Im Stadion, sagt sie, war sie die „Fotze“, weil sie protestiert hat, wenn die Kerle im Frauenklo gepinkelt haben. Einmal habe ein Fan „seinen Schwanz ausgepackt“ und ihr 50 Euro geboten. Ein Jahr später habe sie ihn wieder getroffen, ihn zur Rede gestellt. Er habe zugeschlagen. Sie hat ihn angezeigt, erfolglos. Danach hatte sie es schwer bei einigen in der Westkurve. „Non grata“, sagt Dilba. „Man redet nicht mit den Bullen, man zeigt niemanden an, man regelt das intern.“ Das sind keine Randnotizen, das ist harter Stoff. Und espasst zum Bild, das Glas zeichnet: Die Gesetze im Giesinger Staat machen sie in Giesing selbst, in der Westkurve sowieso. Jahrelang war Dilba bei den „Löwenfans gegen Rechts“, „dann haben sie uns verboten, unsere Fahne in die Kurve zu hängen“, sagt sie zur “SZ”.
Die Fahne hängt längst wieder, aber zu Jahresbeginn haben noch mal welche ein Spruchband abgerissen, „Nie wieder Faschismus“ stand drauf. In der Westkurve habe Politik keinen Platz mehr, sagt Dilba. Dort zähle “nur noch Stärke, nur noch Kraft, nur noch Macht.” Ein Satz, der auch zeigt, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen sind. Typisch Sechzig halt - auch zum modernen Fußball. Eine Aufstiegsfeier am Marienplatz “wäre der Hammer” - aber jemals wieder Bundesliga? Sechzig habe Schulden, sagt sie, bräuchte einen Geldgeber, der viel mehr Kohle investiert als der aktuelle Hauptgesellschafter Hasan Ismaik. “Dann gehören wir uns nicht mehr, dann ist das nicht mehr mein Sechzig.” Stillstand als Identität. Widerspruch als DNA.
Diese SZ-Reportage ist brutal – vor allem für den TSV 1860 selbst. Sie zeigt einen Klub, der zwischen Vergangenheit, Milieu und Selbstverklärung festhängt. Und sie macht klar: Wer so wahrgenommen wird, darf sich nicht wundern, wenn Fortschritt weiter ein Fremdwort bleibt.






