Bayerische-Vorstand Gräfer regt Mitgliederbefragung an: "Wohin wollt ihr mit dem Profifußball?"
- VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
- 28.11.2025 06:44
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VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
Martin Gräfer hat es schon mehrmals betont: Die Bayerische ist nicht bei 1860 München als Hauptsponsor eingestiegen, um sich in der Dritten Liga festzubeißen. Vermutlich auch deshalb hat der Vorstand des Hauptsponsors jetzt auf seinem Facebook-Profil deutliche Worte formuliert. Sie wirken wie ein Hilferuf.
Er spürt offenbar: Es geht seit Jahren nichts voran - und selbst die ersten Monate unter Gernot Mang haben rein gar nichts von Aufbruchstimmung, sondern eher: Wir machen einfach so weiter! Deswegen regt Gräfer auch eine Mitgliederbefragung an, was eigentlich der Wunsch der Mehrheit ist, wie der Profifußball des TSV 1860 ausgerichtet werden soll. Erst dann solle man sich ums Stadion kümmern. Jahr für Jahr wird der Löwe unattraktiver - und manche scheinen die Augen zuzumachen. Nicht gut wegkommt bei Gräfer auch die ARD-Doku “Rise & Fall”. Gräfers bemerkenswerte Botschaft im Wortlaut:
Man kann sich herrlich daran abarbeiten, wer gerade was über den TSV 1860 München und die Roten sagt. Ein bisschen Spott hier, ein bisschen Traditionspathos dort. Das bringt Klicks, provoziert Reaktionen und macht uns für ein paar Stunden wichtig. Aber ehrlich gefragt: Bringt das den Verein tatsächlich voran? Was uns wirklich beschäftigen sollte, ist eine ganz andere Frage: Wie schaffen wir es, den Profifußball bei Sechzig wieder so aufzustellen, dass Entwicklung möglich wird? Nachhaltig. Realistisch. Zukunftsfähig. Was ist unser konkretes Ziel für den Profifußball und wie kommen wir dorthin?
Wünsche und Emotionen gehören dazu. Aber Verantwortung zu tragen heißt, Pläne zu machen. Chancen und Risiken abzuwägen. Gesellschafter, Fans, aber auch Sponsoren so einzubinden, dass alle spüren: Da bewegt sich etwas! Und es heißt auch, diesen Gruppen ehrlich zu erklären, wenn der eigene Wunsch nicht realisierbar ist.
Alle reden über das Stadion. Aber das Stadion ist nicht die erste Frage. Zuerst braucht es eine Strategie. Ein Ziel. Denn nur wenn klar ist, wohin wir wollen, können wir entscheiden, welches Stadion dafür der richtige Ort ist. Erst die Idee, dann die Adresse. Eine Abstimmung darüber, wer sich welches Stadion wünscht, kann man machen – sie ist zum jetzigen Zeitpunkt aber eigentlich irrelevant. Denn es kommt auf das Ziel an! Warum fragen wir nicht die Mitglieder (und zwar alle!): Wohin wollt ihr mit dem Profifußball? Soll es wirklich in Richtung Oberhaus des deutschen Fußballs gehen, oder ist es ausreichend, in der 3. Liga oder gar Regionalliga zu bleiben und sich dort dauerhaft einzurichten? Erst danach können die Fragen nach dem Stadion sinnvoll gestellt werden.
Ich bin Fan des GWS. Ich bin begeistert zu sehen, wie die Anhänger rund um das Stadion mitten in Giesing den Fußball zelebrieren und als das erleben, was er sein kann: Eine Gelegenheit, Menschen zusammenzubringen! Ein Rudel braucht einen Ort, um seine Leidenschaft zu leben.
2024 lag mit dem „Matchplan“ der Löwen ein Vorschlag auf dem Tisch. Bis heute ist dies das einzige für jedermann zugängliche Papier mit einem durchgehenden Ansatz. Danach kam viel Lautstärke, aber es gibt noch immer keinen offenen Prozess zur Zukunft der Löwen. Die BR-Dokumentation zum TSV, und hier insbesondere Folge 5, ist eher enttäuschend. Sie stellt die Ereignisse 2024 unzureichend und damit falsch dar.
Was willst du bei 1860 München sehen?
Ich finde, es wird Zeit, die Grundlage für eine Fortsetzung zu legen: Verein, KGaA und alle, die es mit den Löwen ernst meinen, müssen eingebunden werden, um einen starken Zukunftsplan zu erarbeiten. Und das beginnt mit der Frage: Wo soll die Reise wirklich hingehen?
„Sechzig gegen Rassismus“ ist ein starkes Symbol. Aber es darf nicht beim Symbol bleiben. Hass gibt es auch im eigenen Verein. Zwischen Anhängern. Oft leiser, manchmal laut. Von den Rängen zu hören, in den Foren zu lesen. Warum akzeptieren wir das? Oft nutzen wir den Blick auf realen oder symbolischen Gegnern nur als Ablenkung, um uns nicht den eigenen Hausaufgaben stellen zu müssen. Das macht uns kleiner, als wir sind. Neid ist keine Strategie. Echter Löwenmut bedeutet, auf uns selbst zu schauen, statt nach Ausreden zu suchen.
Ich wäre begeistert, wenn wir unsere Energie wieder in den eigenen Erfolg stecken würden: Damit sportliche Duelle irgendwann wieder auf dem Rasen stattfinden, und nicht nur in den Kommentarspalten. In der Mitgliederversammlung 2024 führt ein Kandidat aus: Die Gräben im Verein sollen zugeschüttet werden. Genau das braucht es. Streit in der Sache: Ja. Hass: Nein. Wer hat diesen Ball aufgenommen?
Wer blau ist, darf gerne gegen rot sein. Wer aber Verantwortung trägt, darf dort nicht stehen bleiben. Wir brauchen einen Plan, keine Parolen. Einen offenen Prozess und Diskurs. Wir als Hauptsponsor stehen unterstützend zur Verfügung. Alles für die Löwen.






