VON OLIVER GRISS UND STEFAN MATZKE (FOTO)

Kevin Volland (33) ist der Auslöser, warum der TSV 1860 im Sommer überhaupt in einen Euphorie-Modus gesetzt wurde: Seine Rückkehr an die Grünwalder Straße 114 brachte Aufbruchstimmung wie zu Bundesliga-Zeiten. Der Fanshop verzeichnete Rekordverkaufszahlen, die Hoffnung auf das Ende der Dürrezeit war groß.

Monate später ist von diesem Zustand nur noch wenig übrig. Was zum einen an den Turbulenzen im Klub liegt, aber auch an den ausbleibenden Ergebnissen - und Volland hat auf dem Platz seine Rolle noch nicht so richtig gefunden. Das db24-Interview mit dem früheren Nationalspieler direkt nach dem Spiel in Passau:

db24: Herr Volland, 1860 siegt mit 14:2 in Passau - das hat nicht nur den Fans, sondern auch der Mannschaft Spaß gemacht, oder?

KEVIN VOLLAND: Absolut, in solche Spiele musst Du erstmal gut reinkommen. Du fährst ein paar Stunden hierher, steigst aus dem Bus aus und dann geht es direkt los. Ich finde, es war Werbung für uns, aber auch für Passau. Wir haben mit acht Toren in der ersten Hälfte vorgelegt, das war schon oft anders. Vielleicht haben wir ein Tor zu viel kassiert.

db24: Am Sonntag kommt Angstgegner Saarbrücken ins Grünwalder Stadion (13.30 Uhr, db24-Ticker)…

Wir konnten nach dem 0:4 in Regensburg mit den Spielen in Aubstadt und in Passau ein wenig Selbstvertrauen tanken, wobei wir diese Spiele natürlich auch richtig einordnen können. In der dritten Liga wissen wir, dass uns jedes Spiel, auswärts oder daheim, alles abverlangt. Wir müssen konstanter werden. Wir können nicht daheim gute Spiele abliefern und auswärts so viele Punkte lassen. Ich erwarte, dass wir gegen Saarbrücken unser ordentliches Heim-Gesicht zeigen und kämpferisch überzeugen. Wir müssen in die Zweikämpfe kommen - und dürfen dem Gegner nicht wie in Regensburg zu viel Raum lassen. Kompaktheit ist das Zauberwort.

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db24: Warum können Sie noch nicht so performen wie man es sich gewünscht hat?

Man darf eines nicht vergessen: Ich bin keine 25 mehr, sondern 33, habe ein Jahr nicht gespielt bei Union Berlin. Ich liege jeden Tag auf der Physiobank, pushe mich, um meine Leistung zeigen zu können. Mein Ziel ist es, der Mannschaft so gut wie möglich zu helfen. Jeder Einzelne ist nur so gut wie die Mannschaft. Wenn du als Mannschaft nicht performst, wirst du in der Dritten Liga keinen Erfolg haben. Da ist es egal, ob du 18 oder 33 Jahre alt bist. Wenn wir es als Mannschaft hinbekommen, konstant zu spielen, unsere Aufgaben erledigen und das Spiel so lange wie möglich offen zu halten, werden wir erfolgreich sein.

db24: Was können Sie in diesem Moment einbringen, um 1860 Stabilität zu verleihen?

Ich denke, Struktur kann ich immer bringen. Es ist nicht mein Spiel, immer nur umzuschalten. Ich hätte auch gern mehr Aktionen nach vorne oder in der Box - das ist doch klar. Als Zehner ist es meine Aufgabe, dass du manchmal tiefer kommst. Wir haben aktuell eine Phase, in der das Spiel zu oft in unserer eigenen Hälfte ist. Und wenn wir mal Akzente setzen, dann mit einem schnellen Umschalter.

db24: In der Sommer-Vorbereitung, die sehr anspruchsvoll wirkte, war 1860 schon deutlich weiter…

Das hat vielleicht auch viel Energie gezogen - das war schon anstrengend für jeden einzelnen. Trotzdem müssen wir jetzt versuchen, dass wir den Gegner mehr in die eigene Hälfte drücken, damit wir dominanter werden und nicht immer nur aufs Umschalten gehen. Das Spiel in Passau war ein Anfang: Wir haben so viele Bälle in den Strafraum geschlagen, so viel Präsenz gehabt - da fällt viel mehr runter. Bei uns ist es so: Wenn wir gut beginnen oder das 1:0 schießen, dann switchen wir sofort in einen Modus, in dem es richtig geil ist. Wie in Aubstadt: Wenn wir in Führung gehen, dann können wir zocken und machen es richtig gut.

db24: Fehlt eventuell das Selbstbewusstsein, die Überzeugung an die eigene Qualität?

Vielleicht. Wir müssen auch in schwierigen Phasen, in denen viel Gegenwind kommt und man vielleicht wie in Mannheim den Ausgleich kassiert, stabil bleiben. Wir müssen uns sagen: Wir sind gut, wir spielen einfach weiter - und verstecken uns nicht. Bislang war das dann oft Alibi. Das ganze Konstrukt muss gefestigter werden.

db24: Der verletzte Kapitän Jesper Verlaat hatte zuletzt zugegeben, dass die Jahre bei 1860 schon “auf die Birne” gehen: Können Sie dem zustimmen?

Du hast immer Druck bei 1860. Die Erwartungshaltung ist hoch und unsere Schwankungen leider zu extrem. Insgesamt schwankt Sechzig zwischen Euphorie und Trauer, dazwischen gibt es nichts. Diese Entwicklung ist nicht nur bei 1860 so, aber bei Traditionsvereinen eben extremer. Die Frage nach der Birne: Ich habe immer meine Mannschaft gebraucht, um zu performen. Ich verkopfe mich nicht. Ich wusste schon im Vorfeld, dass das bei 1860 eine Riesenaufgabe wird. Ich habe in der ganzen Anfangseuphorie immer auf die Bremse getreten und gesagt, wir müssen erstmal Konstanz reinbringen. Das ist das Wichtigste.

db24: Es gibt unterschiedliche Bewertungen zum Löwen-Kader: Ist er gut genug?

Ich kann sagen: Die Mannschaft ist intakt - und der Trainer Markus Kauczinski macht einen guten und sehr klaren Eindruck. Er hat ganz klare Vorgaben - und er ordnet die Probleme ein. Für ihn ist es auch nicht leicht. Er kommt unter der Saison. Es wird alles umstrukturiert - das ist auch für die Mannschaft nicht leicht.