Reife Lösung für Sechzig
- VON OLIVER GRISS
- 13.10.2025 11:02
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VON OLIVER GRISS
Gefühlt hat der neue Löwen-Trainer seit seinem Aus beim SV Wehen Wiesbaden vor anderthalb Jahren zwei Kleidergrößen verloren. Eine Riesenleistung – vor allem im fortgeschrittenen Alter. Als wollte er sagen: Mit eiserner Disziplin und starkem Willen ist alles möglich. Vielleicht auch ein Wink an seine künftigen Spieler? „Wer liefert, spielt“, sagt er. Hoffentlich bleibt es nicht bei Worthülsen – sondern wird gelebte Wahrheit.
Denn zuletzt hatte man rund um Giesing das Gefühl, dass Trainer und Spieler zu wenig für den maximalen Erfolg taten: viele freie Tage, überschaubares Pensum auf dem Platz. Vielleicht ist es kein Zufall, dass ausgerechnet jetzt – nach dem Ende der Wiesn – die Ruhe einkehrt, die es braucht, um wieder zu arbeiten statt zu feiern. Die Vergangenheit zeigt: Mit Siegen können sie an der Grünwalder Straße nicht immer umgehen.
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Fakt ist: Dieser Kader ist überdurchschnittlich gut für die Dritte Liga – egal ob ein Box-to-Box-Spieler fehlt oder nicht. Es ist der stärkste Kader seit dem Aufstieg 2018. Und Kauczinski liegt richtig, wenn er sagt: Exzellente Einzelspieler machen noch lange keine gute Mannschaft. Genau das aber wäre in den letzten Monaten die Aufgabe des Trainers gewesen – und auch deshalb wurde Patrick Glöckner frühzeitig ausgetauscht. 1860 trat auf der Stelle.
Kauczinski, gebürtiger Gelsenkirchner, steht für Malochertum statt Glanz & Gloria. Der 55-Jährige ist bereits der zehnte Trainer in den letzten acht Jahren – Kontinuität können die Löwen einfach nicht. Doch auch wenn die Trainersuche diesmal viel zu lange gedauert hat: Es hätte schlechtere Varianten geben können. Kauczinski weiß, wie Aufstieg funktioniert – und wie man eine Mannschaft erreicht.
Alles in allem ist Markus Kauczinski eine reife Lösung für Sechzig. Es gab schon einmal einen aus dem Pott, der 1860 verstanden hat: Der im Frühjahr verstorbene Kult-Trainer Werner Lorant.
Die spannende Frage ist: Wie viel Lorant steckt in Markus Kauczinski?
Oliver Griss (54) schreibt seit 1989 über den TSV 1860. Er arbeitete zu erfolgreichen Bundesliga-Zeiten u.a. 12 Jahre für die Münchner Abendzeitung. Seit dem 11. Juni 2011 ist er mit db24 online.