VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Nach dem letzten Heimspiel der Saison gegen Arminia Bielefeld (Samstag, 13.30 Uhr, db24-Ticker) geht der Vorhang runter, eine äußerst bescheidende Drittliga-Saison findet ihren Abschluss für den TSV 1860. Es ist eine Partie, die eigentlich keiner mehr braucht: Beide Teams haben am vergangenen Wochenende den Klassenerhalt gesichert. Sowohl 1860 als auch Bielefeld können eigentlich mit offenem Visier spielen und bei ihrem eigenen Anhang mit einer positiven Abschiedsvorstellung punkten.

Und trotzdem wird es mit Spannung zu beobachten sein, womöglich schon weit vor dem Anpfiff: Wie viele Profis verabschiedet der TSV 1860?

Im letzten Jahr hatten sich die Löwen bei diesem Akt nicht gerade mit Ruhm bekleckert, als in einem leeren Grünwalder zwischen Stadioneröffnung und Anschwitzen Quirin Moll, Daniel Wein & Co. verabschiedet wurden. Ob man heuer zumindest in der Stilfrage dazu gelernt hat?

Was bisher klar ist: Sturm-Talent Fynn Lakenmacher, der das 1:0-Siegtor in Essen erzielt hat, wird den Verein verlassen und sich zur neuen Saison Bundesliga-Absteiger Darmstadt 98 anschließen. Weitere 14 Verträge laufen an der Grünwalder Straße 114 aus. Mit dem ein oder anderen Profi hätte 1860 gerne verlängert, doch das reduzierte Budget von 4,5 Millionen Euro zwingt die Blauen zu einer großen Kaderkorrektur. Den Löwen droht der größte Umbruch seit der Drittliga-Zugehörigkeit 2018. Die db24-Übersicht zu den Abschiedskandidaten:

Fabian Greilinger (23): Localplayer mit niederbayerischen Wurzeln mit ungewisser Zukunft. Bis vor einigen Wochen gab es noch keine Gespräche mit dem Allrounder, der seit 2015 an der Grünwalder Straße spielt. Inkonstant in seinen Leistungen. Kam trotzdem bislang in dieser Saison auf 29 Einsätze. Ist Geld übrig, sollte man ihn für den Kader behalten.

Phillipp Steinhart (31): Aufstiegsheld von 2018. Hatte in dieser Saison immer wieder mit Verletungspech zu kämpfen, dann rotgesperrt. Die Wege werden sich trennen. Dass er mit dem Fußball aufhört, ist eigentlich nicht zu erwarten. Möglicherweise schlägt er bei einem ambitionierten Amateurklub auf.

Kilian Ludewig (24): Der Salzburger Leihspieler geht zurück in den Bullen-Stall. Hatte sich in den letzten Monaten als Stammkraft etabliert, beim 1:0-Sieg in Essen musste er der Zukunft (Lukas Reich) den Vortritt lassen. Kam auf 23 Einsätze. Vor allem sein Ehrgeiz war wichtig fürs Team.

Kaan Kurt (22): Wurde unter Neu-Trainer Agis Giannikis kaum noch berücksichtigt: Nur gegen Ulm (0:1) und Freiburg (0:1) kam er zu Kurz-Einsätzen. In den letzten vier Partien wurde er gar nicht mehr für den Kader nominiert. Er fehlte vor dem 1:0 in Essen auch beim Abschlußtraining - was viel aussagt. Wird sich eine neue Herausforderung suchen müssen.

Tim Rieder (30): Galt lange Zeit als Kandidat für eine Vertragsverlängerung, die er sich auch verdient gehabt hätte: Rieder war in dieser Saison einer der wenigen Konstanten. Es soll auch intensive Vertragsgespräche gegeben haben, aber zu einer Einigung kam es bis heute noch nicht. Prinzipiell würde der gebürtige Dachauer gerne bei 1860 bleiben - ist es letztlich eine Preisfrage?

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Niklas Tarnat (25): Dem Sohn des früheren Bayern-Stars Michael Tarnat wurde bereits frühzeitig signalisiert, dass man nicht mehr auf ihn baut. Er hat sich nichts zu schulden kommen lassen, war immer bemüht - und muss sich jetzt einen neuen Verein suchen.

Manfred Starke (33): Muss nach nur einem Jahr in München-Giesing weiterziehen. Guter Typ, als Persönlichkeit wichtig - aber 1860 plant nicht mehr mit ihm.

Albion Vrenezi (30): Von den Anlagen her einer der besseren Fußballer bei 1860. Doch der Wechsel zur Nummer 10 im vergangenen Sommer erwies sich als zu große Bürde für den sensiblen Techniker. Sein Abschiedsgeschenk war die wichtige Torvorlage zum 1:1 gegen Saarbrücken. Ansonsten blieb Vrenezi weit unter seinen Möglichkeiten in dieser Saison. Er wird bei einem anderen Drittliga-Verein unterkommen - wetten, dass es dann wieder aufwärts geht für Vrenezi?

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Eroll Zejnullahu (29): Technisch sehr beschlagen - sein Problem: Die fehlende Geschwindigkeit. Spielte in der Rückrunde eigentlich keine Rolle mehr. Muss sich nach nur einer Saison bei 1860 eine neue Spielwiese suchen.

Milos Cocic (20): Seit 2016 bei den Löwen - war auch in dieser Saison nur in einer Nebenrolle aktiv: Kam auf insgesamt 57 Drittliga-Spielminuten. Wurde zuletzt nicht mehr berücksichtigt. Technisch kein Schlechter, aber der letzte Biss fehlt.

Abdenego Nankishi (21): Die Leihgabe von Werder Bremen entwickelte sich in den letzten Wochen immer mehr zum Flop. Kam nie wirklich an in Giesing. Wurde beim 1:0 in Essen ein- und ausgewechselt. Prinzipiell ist Nankishi aber hochtalentiert, aber die Dritte Liga ist nicht die richtige Bühne für den pfeilschnellen und technisch begabten Offensivmann. Er geht zurück zu seinem Stammverein Bremen - und wird wohl dann vermutlich wieder ausgeliehen werden.

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Mansour Ouro-Tagba (19): Ex-Trainer Maurizio Jacobacci verhalf dem Stürmer in der vergangenen Saison zum Drittliga-Debüt. Nicht alle glaubten bei 1860 an ihn - und trotzdem wurde das in New York geborene Talent von Günther Gorenzel mit einem Profivertrag ausgestattet. In der Hinrunde fand sich Ouro-Tagba plötzlich bei der U21 auf der Ersatzbank wieder. Als Frank Schmöller dann als Interimstrainer bei den Profis übernahm, trainierte Ouro-Tagba wieder oben mit. Agis Giannikis setzte das fort. Von da an ging es steil nach oben - bis in die Nationalmannschaft von Togo. Und in einige Notizbücher von interessierten Vereinen (Darmstadt, Rapid Wien, MLS). In dieser Zeit verpasste es 1860 mit Hilfe einer Klausel an den Verein weiter zu binden. Sport-Geschäftsführer Christian Werner würde Ouro-Tagba gerne behalten. Es riecht aber stark nach Trennung - und die Löwen müssen sich einmal mehr hinterfragen, warum sie es nicht geregelt bekommen, ihre besten Rohdiamanten zu halten. Ouro-Tagba wird seinen Weg gehen - ohne Sechzig.

Devin Sür (19): Der kleine Rechtsaußen ist talentiert, aber ihm fehlt zumindest mometan noch das große Durchsetzungsvermögen für die Dritte Liga. Vielleicht muss er einen Schritt zurückgehen, um dann wieder anzugreifen. Die Wege werden sich trennen.

Julius Schmid (22): Der dritte Torwart wird den Verein verlassen. Er muss vermutlich für U19-Torwart Erion Avdija Platz machen. Schmid war für die Mannschaft ein positiver Faktor in kameradschaftlicher Hinsicht - mehr aber auch nicht. Sportlich wird ihn der Weg Richtung Regionalliga oder tiefer führen.

Neben den hier aufgelisteten Löwen-Profis ist es möglich, dass der ein oder andere zusätzliche Spieler trotz gültigen Vertrags den Verein verlassen wird. Abwehrtalent Michi Glück wird nach db24-Informationen bei österreichischen Erstligisten gehandelt - und bei Wintertransfer Serhat-Semih Güler muss sich Werner hinterfragen, ob der 1860 überhaupt helfen kann. Und ob der Holländer Joel Zwarts noch mal zu alter Stärke findet, ist auch fraglich. Er wirkt noch immer nicht austrainiert.